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Auf einfacher Tour?

17.12.2018 13:40 Uhr
Auf einfacher Tour?
© Foto: Sascha Böhnke

In seinem Safety Coach hat Mercedes-Benz alles an Fahrerassistenz- und Sicherheitssystemen verbaut, was für den Reisebus derzeit vom Hersteller machbar ist. Wie exotisch fährt sich solch ein Bus durch den Balkan?

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Mercedes-Benz ist stolz. Und zwar so richtig. Denn mit seinem Tourismo hat man einen Reisebus im Programm, der mal wieder Maßstäbe setzt. In Sachen Wirtschaftlichkeit, Praxistauglichkeit, Sicherheit und Image. Ja richtig gelesen. Im Land der verwöhnten Setra- und Neoplan-Fahrer tat sich ein Tourismo eher schwer, als vollwertiger Reisebus akzeptiert zu werden. Wenn schon Mercedes-Bus, dann Travego. Den aber gibt es nicht mehr und tatsächlich: Aus der Not machte der Hersteller eine Tugend und dürfte tatsächlich etwas schaffen, was nicht häufig gelingt: eine Marke höher zu positionieren. Und so etwas gelingt nur, wenn die Zutaten stimmen. Und zwar alle. Deswegen hieß es bei Mercedes-Benz auch „klotzen, nicht kleckern“ und man entwickelte den Tourismo von Grund auf neu. Andere (deutsche) Hersteller machen es sich da einfacher und optimieren lediglich ihre Reisebusse. Mit dem Ergebnis, dass Dinge, die bisher nicht gut waren, auch bei der Neuauflage nicht stimmen. Ja, der Tourismo profitierte bei der Entwicklung vom Geschwisterbus Setra ComfortClass 500. Doch auch der wurde ja mal neu entwickelt. Und so fährt der neue Tourismo mit Technik an Bord vor, die kaum noch Wünsche offenlässt. Speziell das Sicherheitsthema spielt der Bus mit einer Leichtigkeit aus, die verblüfft. ABA4 ist ebenso an Bord wie ein Toter-Winkel-Assistent. Der Front Collision Guard soll im Falle eines Aufpralls die Unfallfolgen vermindern und der Stop-and-go-Assistent ist mehr als nur eine nette Spielerei.

Grundsätzlich fährt der Bus nun in einer Liga, die man als Liga der außergewöhnlichen Reisebusse bezeichnen kann. Bisher galt ein Tourismo eher als schlichtes Arbeitspferd und hatte in ganz Europa seine Fans, die Verkaufszahlen sprechen – nein – schreien eine deutliche Sprache. Kann aber nun auch ein derart aufgemotzter Bus an solche Erfolge anknüpfen? Um das festzustellen, machte der Testredakteur der OMNIBUSREVUE einen ersten Praxis-Check: die Fernfahrt über den Balkan.

Bereits am Abfahrtsort, dem zentralen Busbahnhof in Dubrovnik, erregt der Bus Aufmerksamkeit. Die umstehenden Fahrer der anderen Busse diskutieren angeregt. Klar, die Farbe und die Aufschrift „Safety Coach“ sind ein Hingucker. Dazu kommt, ein Tourismo hatte und hat von je­­her in Südosteuropa einen guten Ruf. Denn hier zählen ganz bodenständige Werte wie Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und ein guter Preis. All das hat der Bus geboten. Klar, der Preis hat sich verändert – nach oben. 300.000 Euro will Mercedes-Benz für den Safety Coach zumindest in Deutschland ­haben, das ist eine Menge. Was der Hersteller in anderen Märkten aufruft, lässt sich nicht in ­Erfahrung bringen. Allzu groß dürfte der Preisunterschied aber wohl nicht sein. Doch wer sich die Ausstattungsliste des Fahrzeugs anschaut, merkt schnell: Es ist das volle Paket. ART und ABA4, Anfahrassistent, Aufmerksamkeitsassistent, Reifendruckkontrolle, Regen-Licht-Sensor, Bi-Xenon Scheinwerfer, Abbiegelicht, Umfeldbeleuchtung für Rückwärtsfahrt, Rückfahrkamera, Predictive Powertrain Control PPC, Eco Driver Feedback, Karosserie-Absenkung bei höheren Geschwindigkeiten, Cockpit Comfort Plus, beheizbare Windschutzscheibe, Brandlöschanlage, Brandmeldeanlage, Coach Media System, Panoramakamera, Mediarouter für Internetzugang und Mediastreaming, Steckdosen, USB-Lade­dosen, Küche, WC/CC umschaltbar, 13 Meter Länge, zwei Achsen. 

Das Längen-Thema ist übrigens extrem interessant, denn durch die europaweite Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts auf 19,5 Tonnen sind nun auch sinnvolle Zweiachser-Konzepte möglich. Eine Achse weniger bedeutet weniger Kosten, aber einen längeren Radstand. Knapp sieben Meter. Ist das praxistauglich. Die erste Herausforderung stellt sich in der Altstadt von Dubrovnik dar. Enge, verwinkelte Gassen – aber kein Problem. Gleiches gilt für superenge Bergstraßen in Montenegro und Albanien. Wer seinen Bus grundsätzlich beherrscht, wird auch mit sieben Metern Radstand nicht an Grenzen stoßen. Auf die trifft man eher mit dem relativ lang untersetzten Achtgang-Getriebe Powershift GO 250-8. Hier wünscht man sich als Fahrer am Berg mehr Spritzigkeit. Ohne Frage: Fahren lässt es sich jedoch. Modernste Sicherheitstechnik an Bord, doch auch sie kann nicht jede Situation entschärfen. So fährt dem Tourismo in Albaniens Hauptstadt Tirana beim Spurwechsel ein übermütiger Pkw-Fahrer in die Seite, hier nützt auch der Side Guard Assist nichts. Alles geht so schnell, dass dieser nicht mal anspricht. Glück im Unglück: Nur ein kleiner Streifschaden. Dafür glänzen die Xenon-Scheinwerfer in Tirana in der Nacht. Denn in der Stadt ist nur das unmittelbare Zentrum beleuchtet, der Rest der Großstadt hüllt sich in gespenstisches Schwarz. Kein leichtes Fahren in einer Stadt, in der Verkehrsregeln oft nichts wert zu sein scheinen. Teilweise ist man als Fahrer heilfroh, ABA 4 an Bord zu haben, denn häufig tauchen sozusagen aus dem Nichts hufgetriebene Gespanne ohne Licht auf. Da kann es nicht schaden, einen zusätzlichen Aufpasser an Bord zu haben.

Der Tourismo passt in die heutige Zeit. Und er passt sowohl nach Westeuropa als auch erst recht auf den Balkan. Denn nicht nur in hochtechnisierten Ländern wie Deutschland sorgen Busse mit modernsten Sicherheitssystemen für ein gutes Gefühl. Das stellt sich erst recht ein, wenn die Straßen eben nicht gut ausgebaut sind und wenn übermäßig viele ältere Fahrzeuge den Verkehr bestimmen. Das Leben kennt keine Grenzen. Und so wird am Ende der Tour in Griechenland klar, der Mercedes-Benz Tourismo zeigt auf nur scheinbar einfache Art und Weise, wie Fortschritt geht. (sab)

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