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Fahrbericht Irizar i8: Gewinnertyp?

08.01.2018 09:39 Uhr
Fahrbericht Irizar i8: Gewinnertyp?
© Foto: Sascha Böhnke

Der Reisebus Irizar i8 will in der oberen Liga mitspielen - ein Fahrbericht klärt, ob das gelingt.

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Dass Irizar gute Busse bauen kann, ist längst kein Geheimnis mehr. In Südeuropa spielen sie eine gewichtige Rolle und auch hierzulande zählen die Basken-Busse zu den hochwertigen Fahrzeugen der jeweiligen Kategorie. Nun aber will Irizar mit dem i8 auch das Hochpreis-Segment erobern. Kann das funktionieren? Wir sind den Bus gefahren.

Was für ein Ereignis! 
Der Irizar i8 ­wurde im September 2017 zum „Coach of the Year 2018“ gewählt, entsprechend euphorisch fiel die Feier im belgischen Kortrijk im Rahmen der Preisübergabe aus. Die Spanier konnten ihr Glück kaum fassen angesichts der hochkarätigen Wettbewerber, die im schwedischen Mantorp Park zum Kampf um die Bus-Krone angetreten waren. Im Grunde waren es allesamt hochwirtschaftliche Fahrzeuge, mit denen der Unternehmer auf moderne und sicherste Art und Weise Verkehre von der Ferienreise über die Fernfahrt bis hin zur Überlandlinie alles abdecken kann. Vernunfts-Fahrzeuge von der Windschutzscheibe vorn bis zum Taumelscheibenkompressor hinten. Aber nein, die internationale Fachjury entschied sich in einem Punkte-System für eine Fahrzeuggattung, die noch vor zwei Jahren beim Coach Euro Test in Bulgarien als nicht mehr in diese Zeit passend mehrheitlich abgelehnt wurde – den gehobenen Fern- bzw. Luxusreisebus. Fiel vor zwei Jahren also eine Setra TopClass gnadenlos durch, holte sich nun ausgerechnet ihr spanischer Bruder im Geiste die begehrte Trophäe. Am Preis kann es nicht gelegen haben, gut 390.000 Euro soll der i8 laut Hersteller kosten, das ist alles andere als ein Schnäppchen, zumal es mit dem i6S einen preiswerten Bus aus eigener Fertigung gibt, der als absolut spannende Alternative zu Tourismo und Lion’s Coach gehandelt werden kann.

Verschiedene Modelle
Den i8 gibt es in vier unterschiedlichen Längen. Und alle Achtung, darunter befindet sich mit einer Länge von 12,4 Metern auch ein Zweiachser. 19,5 Tonnen machen es möglich, viel Spielraum bei der Zuladung dürfte es bei einem Bus dieser Höhe aber nicht mehr geben. Es folgen die Dreiachser mit Längen von 13,22 Metern, 14,07 Metern und 14,98 Metern. Bei allen Bussen handelt es sich um selbst-tragende Aufbauten. Geschaltet wird grundsätzlich automatisiert, wobei es auch die Wandler-Version ZF EcoLife gibt. Der knapp 15 Meter lange i8 ist übrigens ein wahres Raumwunder, in ihn passen ohne verbautes WC 67 Fahrgäste. 

Live vor Ort
Sowohl in Schweden im Rahmen des Coach Euro Test als auch in Deutschland mit einem Vorführ-Bus hatten die Redakteure der OMNIBUSREVUE Gelegenheit, den Bus gründlich kennenzulernen. Optisch ist dieser Bus durchaus eine Erscheinung, und zwar eine gewaltige. Knapp vier Meter misst der i8 in der Höhe, das schafft zwar viel Platz für Gepäck, Aggregate und Fahrgäste, aber auch so manches Kopfzerbrechen, wenn mal wieder eine Brücke als zu niedrig ausgewiesen wird. Aber dafür beträgt die Innenstehhöhe stolze 2.010 mm.

Typisch Irizar ist auch die weit nach unten gezogene Dachpartie an der Front. Es ist so etwas wie das Markenzeichen der Reisebus-Flotte, sorgt aber leider auch für etwas weniger Aussicht nach vorn hinaus. Aber dafür gibt es ja eine Außenkamera, die die Fahrt auf die Fahrgastmonitore spiegeln kann. Mit seinen sehr schmal geschnittenen Scheinwerfern besitzt der i8 ein modernes Gesicht. Überhaupt bestimmen scharfe, klare Linien das Gesamtbild. Interessant ist, dass der i8 im Frontbereich etwas schmaler gehalten ist und sich erst im Bereich der B-Säule leicht auf die üblichen 2,55 Meter verbreitert. Das soll den Bus windschnittiger machen. Im Grunde eine gute Idee, wenn da nicht die ein wenig merkwürdig eingezogene Frontscheibe mit deutlich fühl- und sichtbarem Rand wäre, die einem günstigen cW-Wert entgegenstehen dürfte.

© Foto: Sascha Böhnke

Die Ausstattung

Der Irizar i8 besitzt Platz satt. Das geht schon los beim Kofferraumvolumen, welches beim 13 Meter langen Dreiachser rund 13 Kubikmeter beträgt. Das ist ordentlich und dürfte auch bei voller Auslastung keine Platzprobleme mit sich bringen. Gut gelöst wurde zudem das Stau-Thema für den Fahrer über den Achsen. Zwar ist ein Teil der schmalen Fächer durch Bordtechnik wie beispielsweise die Batterien belegt, doch der große Rest bleibt frei. Die beiden großen Kofferraumklappen öffnen übrigens Irizar-typisch automatisch per Knopfdruck. Dass diese Technik in irgendeiner Form auffällig ist, lässt sich übrigens nicht belegen, es handelt sich um ein in Südeuropa seit Jahrzehnten bewährtes System. Im Innenraum geht es mondän zu. Geschlossene Gepäckablagen, die zwar sehr klein, aber dadurch eben auch sicher sind, langstreckentaugliche, ergonomische Sitze und eine gedämpfte Farbensprache, illuminiert durch indirekte Beleuchtung, entführen die Fahrgäste in die Welt der Reise des Reisens wegen. Auf ein Glasdach, wie es beispielsweise in Neu-Ulm zu bekommen ist, muss verzichtet werden. Überhaupt sollten die Fahrgäste lieber das Ambiente innen genießen, die Sicht nach außen ist eher unterer Durchschnitt. Dafür aber gefällt die Verarbeitungsqualität und auch kleine Details wie die zahlreichen Nähte an den Sitzen oder der Verkleidung verleihen dem Bus eine edle Note. Das gilt interessanterweise auch für die modernen Servicesets, bei denen nichts mehr auch nur im Entferntesten an den schnöden Plastik-Schick der 80er oder 90er erinnert. Überhaupt ist Individualität eine der Stärken von Irizar. Was der Kunde wünscht, will man bauen, erklärt der Hersteller selbstbewusst. Das macht auch Sinn, besonders beim i8, denn in diesem Segment erwartet man als Kunde alles, nur nicht einen Bus von der Stange. Und so ist von In-Seat-Monitoren bis hin zur 1+1 Bestuhlung alles zu bekommen. Der Testbus hatte ein langstreckentaugliches WC verbaut mit einem 120 Liter fassenden Abwassertank – das ist ordentlich. Den Fahrer erwartet ein optisch opulenter Arbeitsplatz, der sich großzügig um das Lenkrad schwingt. Die Anzahl der Schalter hält sich in Grenzen, allerdings ist das Bedienpanel auf der linken Seite gewöhnungsbedürftig. Die Taster für die Türen müssen erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes ertastet werden. Cockpit und Lenkrad sind keine Unbekannten, kein Wunder, der Antriebsstrang stammt von DAF und ZF, da bleiben Überraschungen aus. Schade insgesamt ist nur, dass die generelle Schalter-Anordnung ein wenig willkürlich wirkt, hier zeigen andere Hersteller, wie es ergonomischer bzw. logischer geht. Die beiden gefahrenen i8 waren mit dem großen MX 13 ausgestattet, und zwar in der höchsten Leistungsstufe mit 510 PS und einem Drehmoment von 2.500 Nm. Der Bus lässt sich sehr geschmeidig fahren, die ZF AS Tronic ist optimal auf den Kraftstrang angepasst. Über Verbräuche kann an dieser Stelle nichts geschrieben werden, aber vielleicht schickt Irizar den i8 eines Tages auch auf die Superteststrecke der OMNIBUSREVUE. Die Sicht in die Spiegel geht in Ordnung, allerdings nicht, wenn es regnet. Dann werden nämlich große Teile beider Spiegel nicht durch die Wischer frei gehalten, Rangieren gestaltet sich dann eher schwierig, auch deshalb, da die Rückfahrkamera nur ein äußerst begrenztes Sichtfeld bietet. Auch vibrieren die mächtigen, sehr weit oben angebrachten Spiegelarme bei ungünstigen Fahrbahn- und Windbedingungen nicht unerheblich. Ein wenig zum Schmunzeln animiert das kleine Fahrerfenster, welches eigentlich ein verglastes Guckloch ist. An Mautstationen heißt es deswegen stets: optimal zum Halten kommen. Sicherheitstechnisch fährt der i8 auf aktuellem Niveau, das gesetzlich vorgeschriebene AEBS ist ebenso an Bord wie ein Spurverlassenswarner und ein Abstandsregeltempomat. Im Rahmen des Coach Euro Test in Schweden belegte der i8 bei der Bremswegmessung den zweiten Platz hinter dem Mercedes-Benz Tourismo. Glückwunsch! Glückwunsch auch von uns noch einmal zum gewonnenen Titel, der, und so ehrlich sind wir, auch für uns eine kleine Überraschung gewesen ist. Insgesamt erfüllt dieser Bus die hohen Erwartungen, die an ein Fahrzeug dieser Klasse gestellt werden, in weiten Bereichen. Dass zu einem Gewinnertypen auch ein guter Service gehört, das muss Irizar Deutschland nun unter Beweis stellen. Unser Urteil: Der Irizar i8 ist ein Bus, der sich eindeutig an Premium Kunden richtet und im Luxussegment neue Märkte erschließen will. Der Bus entführt die Fahrgäste in die Welt der Reise des Reisens wegen. Wer die Aufpreisliste studiert, wird feststellen, dass von Bildschirmen in den Rücklehnen bis hin zur 1+1-Bestuhlung alles zu bekommen ist, was gut und teuer ist. Auf ein Glasdach muss verzichtet werden. Sicherheitstechnisch fährt der i8 auf aktuellem Niveau, das gesetzlich vorgeschriebene AEBS ist ebenso an Bord wie ein Spurverlassenswarner und ein Abstands-regeltempomat. Der i8 spiegelt das Können der Spanier wider. Ob das hierzulande reicht, wird die Zukunft zeigen. (sab)
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