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Futura FDD2: Moderner reisen

19.07.2016 17:11 Uhr
© Foto: Sascha Böhnke

Welche Anforderungen muss ein moderner Doppelstockbus im Jahr 2016 erfüllen? VDL hatte die Chance, sein Konzept grundlegend zu überarbeiten. Ist das gelungen? Die OMNIBUSREVUE konnte den Bus an zwei Tagen quer durch die Niederlande und Belgien erleben. Auf Langstrecke, in der Stadt und in den Bergen – ein erstes Kennenlernen.

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Hoch sind sie: Zum einen der Bus mit seinen vier Metern und zum anderen die Erwartungen, die an den neuesten Coup von VDL geknüpft werden. Weiter verwunderlich ist das nicht, denn der Doppelstockmarkt wird bekanntlich nicht gerade von einem Neuheiten-Feuerwerk überrollt. Das ist aber auch verständlich, handelt es sich beim Doppeldecker doch fast um ein Nischen-Produkt und da wechseln die Generationen nicht so schnell. Bei den beiden großen Doppelstock-Playern Setra und Van Hool jedenfalls sind die aktuellen Fahrzeuge schon einige Jahre auf dem Markt, natürlich angepasst um aktuelle Motoren und Sicherheitstechnik. Doch optisch und vielleicht auch konstruktiv gibt es da noch keine Veränderungen. Die findet man schon deutlich stärker beim Neoplan Skyliner, den es ja nun auch endlich zu kaufen gibt und dessen Erbauer in die Vollen gegriffen haben. Das Ergebnis ist bekanntlich ein rollendes Ereignis.

Und nun der VDL FDD2. So richtig durchgesetzt hat sich der Vorgänger Synergie hierzulande nie, ganz anders als der Futura, aber der konnte schon immer auf eine andere Vergangenheit zurückblicken. Mit der neuen Reisebus-Generation beweist VDL nun schon seit einiger Zeit, dass ihr modernes Baukasten-Konzept aufgegangen ist. Mehr Einheitlichkeit, mehr Gemeinsamkeit, schlankere Produktionsstrukturen und Fahrzeuge, die genau das machen, was von ihnen erwartet wird, nämlich zuverlässig zu funktionieren und dabei das Thema Wirtschaftlichkeit zu zelebrieren. Alles in allem gute Voraussetzungen, nun endlich auch im Doppeldecker-Markt eine bedeutendere Rolle einzunehmen.

Äußerlich ist der Bus schon mal eine gelungene Erscheinung. Stellt man einen FHD daneben, dann wirkt der FDD2 äußerst schnittig. Nein, ein Widerspruch ist das nicht, auch wenn es sich um einen Doppeldecker handelt. Die
riesige Frontscheibe wirkt fast wie aus einem Guss, auch wenn es sich natürlich um zwei Scheiben handelt. Doch der horizontale Teiler ist extrem gut getarnt, das verleiht dem FDD2 die Aura eines rollenden Glaspalastes. Überhaupt stimmen beim 14-Meter-Bus die Proportionen. Das Fahrzeug wirkt trotz seiner beachtlichen Abmessungen erstaunlich leicht, man möchte fast filigran schreiben. Es bleibt übrigens spannend bis zum Heck, selbst dort hat die Designer der Schwung nicht verlassen, und zwar im Wortsinne. Und dann gibt es da noch eine Sache, die dem aufmerksamen Betrachter auffallen müsste: die Außenspiegel. Die sind nämlich für einen Doppeldecker verdammt weit oben angebracht. Das ist äußerst menschenfreundlich gedacht, denn den Kopf stoßen dürften sich so nur Leute, die deutlich über zwei Meter groß sind. Doch sieht dann auch der Fahrer noch etwas? Dazu gleich mehr.

Bevor es in das Innere geht, an dieser Stelle ein Blick hinter die Kulissen. Denn da bietet der FDD2 ebenfalls jede Menge Spannendes. Und zwar Leichtbau. Richtig gelesen, auch ein Fahrzeug mit einem zulässigen maximalen Gesamtgewicht von über 26 Tonnen muss auf seine Pfunde achten. Der gefahrene Testbus kam zwar nur auf komfortable 71 Fahrgastplätze, doch die Standardbestuhlung dürfte meist darüber liegen, immerhin wirbt VDL mit einer Höchst-Kapazität von unglaublichen 96 Fahrgästen. Das Dach und der Zwischenboden sind in einer Aluminium Sandwich Komposit Bauweise ausgeführt, ein Extrusionsprofil aus Aluminium sorgt hierbei für die nötige Stabilität des Zwischenbodens. Damit schlägt VDL übrigens gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben der Gewichtsreduktion wurde die Stehhöhe unten auf 1.855 mm und oben auf 1.724 mm erweitert. Die selbsttragende Konstruktion des Fahrzeuges besteht aus Rohrprofilen, die im Bereich des Ober- und Unterdecks mit einer unter Vorspannung montierten  Nirosta-Seitenverkleidung versehen ist. Eine KTL-Lackierung gibt es nicht, der Unterboden besteht aus rostfreiem Stahl, dazu kommt unter anderem eine äußere Nasslackierung am Rahmen. Was noch auffällt, ist die konstruktive Vertiefung zwischen Vorder- und Antriebsachse. Hier wurde Platz benötigt, um das Reserverad unterzubringen. Inwiefern die damit verbundene geringere Bodenfreiheit das Handling beeinträchtigt, wird ein Test zeigen. Hier greift die OMNIBUSREVUE schon mal vor: Im Sommer soll der FDD2 zum Supertest nach Berlin kommen, dann lassen sich auch belastbare Aussagen hinsichtlich des Verbrauchs und ­einer Langzeitbedienung treffen.


Reise-Doppeldecker VDL Futura FDD2

Reise-Doppeldecker VDL Futura FDD2 Bildergalerie

© Foto: Sascha Böhnke

Heller und recht moderner Fahrgastraum

So überraschend, wie sich der FDD2 äußerlich zeigt, geht es im Fahrgastraum weiter. Hier fällt vor allem die helle und recht modern wirkende Materialsprache auf. Nicht einen Moment hat man als Fahrgast ein Gefühl von Bedrücktheit oder Enge, wie es früher gelegentlich bei Doppeldeckern der Fall war. Hier spielt die Kombination von mehr Stehhöhe und Materialwahl eine wichtige Rolle. Gesessen wird standardmäßig auf Class-100-Sitzen, der Testbus hatte unten die edlen Class 500 und im Oberdeck Class-300-Sitze verbaut. Die Konstruktion der Sitze spielt heute beim Thema Gewicht eine große Rolle; hier hat VDL nach eigenen Aussagen Hand angelegt. Das Unterdeck lässt sich, wie beim Doppelstockbus häufig üblich, relativ frei konfigurieren. Standardmäßig sind im hinteren Bereich die Küche, das WC und weiter vorn jede Menge Stauräume vorgesehen. Als Beleuchtungsmittel verwendet VDL LED. Leuchtbänder sorgen für eine gleichmäßige Ausleuchtung, wer möchte, bekommt die Möglichkeit der Vornahme von Farbwechseln. So ähnlich kennt man das bereits von Van-Hool-Bussen. Ein echter Höhepunkt ist der Fahrerarbeitsplatz. Was auffällt, ist seine Geräumigkeit. So lässt sich der Fahrersitz sehr weit nach hinten verstellen; das liegt unter anderem daran, weil die vordere Treppe auf der rechten Fahrzeugseite untergebracht wurde. Der Instrumententräger selbst wirkt wie ein guter Bekannter, kein Wunder, er stammt, wie auch die Schalteranordnung, vom FHD. Letzterer offenbart eine kleine Schwäche, besonders der Schalterblock links wirkt für Futura-Neueinsteiger ein wenig überfrachtet, etwas mehr Strukturierung könnte nicht schaden. Gut gelungen ist die Übersichtlichkeit im farbigen Zentral­display. Sämtliche relevanten Informationen lassen sich einfach abrufen und werden sauber dargestellt. Hier hat VDL in den vergangenen Jahren eine Menge dazugelernt. Die nächste Überraschung kommt, wenn man als Fahrer einen Blick in die Außenspiegel riskiert. Die hängen ja bekanntlich sehr hoch, bei ­einem Doppeldecker eigentlich ein No-go, denn konstruktiv bedingt durch die kleine Frontscheibe vorn ist die Sicht im oberen Drittel der Außenspiegel meist eingeschränkt. Nicht so beim FDD2. Die Entwickler zogen nämlich die Zwischendecke vorn deutlich nach oben weg, wodurch sich ein schier unglaubliches Sichtfeld öffnet. Interessanter Nebeneffekt für die Passagiere oben in Reihe eins: Auch dort steigt der Boden etwas an, was jedoch das Sitzen durch eine entspannte Beinposition erleichtert. Doch zurück zu den Spiegeln. Das Rangieren des FDD2 funktioniert sehr gut, zusammen mit Rampen- oder Weitwinkelspiegel gibt es keinen Bereich, der nicht einsehbar ist. Beim Rückwärtsfahren sorgt eine Kamera am Heck für Sicherheit. Der Bereich für den Begleiter ist für einen Doppelstockbus relativ großzügig gehalten. Am Sitz lässt sich die Rückenlehne verstellen, die Beinfreiheit ist akzeptabel und ein vorn an der Kühlbox ausziehbares Tischchen ist ein klitzekleines Luxus-Feature. Links davon wurde das Reiseleitermikrofon verbaut. Fahren lässt sich der Bus sehr unkompliziert. Angetrieben vom starken DAF MX 13 mit 510 PS und einem maximalen Drehmoment von 2.500 Newtonmetern zieht der Bus auch an starken Steigungen völlig unbeeindruckt seine Bahn. Geschaltet wird per ZF AS-Tronic. Die verrichtete, so es auf einer kleinen Runde festgestellt werden konnte, recht ordentlich ihren Dienst. Bei der AS-Tronic kommt ja bekanntlich der individuellen Fahrzeugabstimmung eine wesentliche Rolle zu; hier ist VDL in der Pflicht, seine Erfahrungen auch weiterhin gut zu nutzen. In Sachen Sicherheit fährt der neue FDD2 sehr weit vorn mit. Spurverlassenswarner und das gesetzlich vorgeschriebene AEBS sind selbstverständlich an Bord. Zusätzlich gibt es einen Abstandsregeltempomat. Ist er aktiviert, erkennt der Fahrer sehr übersichtlich im Zentraldisplay, wie weit das vor ihm fahrende Fahrzeug weg ist und mit welcher Geschwindigkeit es unterwegs ist. Die Regelung erfolgt sanft, fast unmerklich, lediglich bei der Annäherung an sehr langsame vorausfahrende Autos könnte die Regelung schon ein wenig früher und damit komfortabler einsetzen. Doch auch diesem Thema wird sich die OMNIBUSREVUE noch ausführlicher widmen. Ein Doppeldecker besitzt bekanntlich einen hohen Schwerpunkt. VDL ist es durch die leichte Deckenkonstruktion gelungen, den Schwerpunkt weiter nach unten zu setzen. Bei bewusst schnell durchfahrenen Kurven spürt man das auch. ESP (bei VDL heißt das ESC) greift nicht wesentlich früher als bei einem Hochdecker ein. Insgesamt vermittelt das Fahrwerk einen stabilen Handling-Eindruck und auch in Sachen Komfort gibt es nichts zu beanstanden. Bleibt am Ende festzustellen: Der Futura FDD2 ist eine beeindruckende Erscheinung. Zahlreiche Ideen, darunter auch völlig neue, sind eingeflossen in einen Bus, bei dem es stets darauf ankommt, die Quadratur des Kreises zu schaffen. Nun, VDL ist nah dran. Unser Urteil: Es ist gelungen. Mit dem Futura FDD2 hat VDL einen Doppeldecker im Programm, der die Futura-Familie bestens erweitert. Wer bisher schon mit einem FHD oder FMD zufrieden ist, der wird sich auch mit dem FDD2 anfreunden können. Ja, man spürt es an vielen Stellen, dass bei der Entwicklung auch echte Busprofis gefragt und mit einbezogen wurden. Viele Details sind ausgezeichnet gelöst worden. Natürlich ist es beim Doppelstockbus-Konzept nicht einfach, auf alle Anforderungen gleich gut einzugehen. Platz, Gewicht, Größe – all das sind Faktoren, die den Entwicklern immer neue Gedankenblitze abverlangen. Mit dem FDD2 kann das Sommergewitter ruhig kommen.
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