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Mobil im Kleinen

13.09.2017 10:36 Uhr
Mobil im Kleinen
© Foto: Sascha Böhnke

Der Mercedes-Benz Sprinter Mobility 45 ist Dortmunds Flaggschiff unter den Kleinbussen, die im Wesentlichen für die Beförderung mobilitätseingeschränkter Menschen vorgesehen sind. Bereits in der Serie ist alles enthalten, was gut und teuer bzw. durchdacht und nützlich ist. Im Supertest der OMNIBUSREVUE bewies der Bus Haltung.

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Die Ausstattung des Mercedes-Benz Sprinter Mobility 45
Dieser Bus reicht schon fast an einen universellen Alleskönner heran. Wenn dann noch dazu kommt, dass ein Fahrzeug das Ende seines Produktzyklus erreicht hat, sind in der Regel die meisten Schwächen ausgemerzt. Hinzu kommen häufig auch Veränderungen einzelner Baugruppen, wie es beispielsweise beim Motor der Fall ist. Mit der Einführung der Euro 6-Abgasnorm besitzt die Minibus-Flotte aus Dortmund ein beachtliches Motoren-Portfolio. Das Ganze beginnt mit dem OM 651, bei dem es sich um einen Vierzylinder mit einem Hubraum von 2,15 Litern handelt. Die Leistungsspanne reicht von 84 kW (114 PS) bis zu 120 kW (163 PS). Dazu kommt ein 6-Zylinder, der OM 642, der es auf eine Leistung von 140 kW (190 PS) bei drei Litern Hubraum bringt. Die Mobility-Baureihe kann sowohl mit diesem großen als auch mit zwei Vierzylindern (105 kW und 120 kW) geordert werden.

Die unterschiedlichen Modelle des Kleinbusses
So unterschiedlich wie die Aggregate selbst sind auch die auf mobilitätseingeschränkte Menschen ausgerichteten Mobility-Modelle, von denen vier zur Auswahl stehen. Los geht’s mit dem Mobility 23, der auf eine Länge von 5,93 m kommt, sowie dem Mobility 33, der mit 6,96 m einen Meter mehr misst. Diese beiden Typen besitzen eine M1-Fahrgastbestuhlung, was Pkw-Vorgaben entspricht. Serienmäßig verfügen beide über eine manuelle Klapprampe, auf der Rollstühle an Bord gehievt werden können. Wirklich komfortabel ist das aber nicht, ein optionaler Hublift sollte bei einer häufigeren Rollstuhl-Beförderung in Betracht gezogen werden. Eine ganze Komfort-Stufe höher angesiedelt sind die beiden Mobility-Modelle 35 und 45. Sie sind beide nach der ECE-R 107 als Omnibus zugelassen. Im Gegensatz zu den Einstiegsmodellen besitzen sie die Omnibusbestuhlung „Inter Star Sprinter“, einen serienmäßigen Heck Unterflurlift, einen bequemeren Fahrersitz, einen Spurhalte-Assistenten sowie eine Warmwasserheizung, die auch als Standheizung dient.

Ausstattung und Extras des Sprinters
Der Mobility 45, den Mercedes-Benz zum Test schickte, besaß zusätzlich noch jede Menge nützliche Extras wie eine elektrisch ausfahrbare Trittstufe an der ebenfalls elektrisch betriebenen Schiebetür. Eine solche Automatik-Tür ist insbesondere dann sehr hilfreich, wenn es nicht nur um reine Kranken- oder Förderschulbeförderungen geht, sondern auch Bereiche wie Bürgerbusverkehre oder Sammeltaxi-Aufgaben erledigt werden müssen. Denn die automatische Türbetätigung durch den Fahrer erleichtert den Fahrgastfluss doch recht erheblich. Bis zu 15 Fahrgäste passen in den Sprinter Mobility 45. Wenn Plätze für Rollstühle benötigt werden, sind es natürlich entsprechend weniger. Die gelangen beim Testbus übrigens per halbautomatischem Lift an Bord. Der kann mit 350 Kilogramm beladen werden, was für einen besetzten Elektrorollstuhl plus Fahrer reicht. Beim Test erwies sich das Handling als sehr unproblematisch, nur wenige, selbsterklärende Handgriffe sind nötig, um den Lift bedienen zu können. Der Lift samt Unterflurkassette wiegt 220 kg, damit kommt der Bus gut zurecht, denn das zulässige Gesamtgewicht beträgt praxistaugliche 5,3 Tonnen. Dieses Gewicht merkt man dem Fahrzeug kaum an, beim Handling-Test zeigte sich der Bus erfreulich gutmütig. Beim Durchfahren der Pylonengasse neigte der Mobility zwar dazu, über die Vorderachse zu schieben, doch das Ganze hielt sich im beherrschbaren Rahmen. Eher fiel negativ auf, dass das ESP, bei dem es sich um die recht robuste Transporter-Version handelt, erst sehr spät eingreift. Bei der Personenbeförderung ist das längst jenseits von Gut und Böse, insbesondere, wenn sich Fahrgäste im Rollstuhl an Bord befinden. Mag sein, dass das Sprinter-ESP in Extremsituationen gut funktioniert, beim Omnibus sollten aber andere Maßstäbe gelten. Dass diese Maßstäbe beim Mobility durchaus vorhanden sind, zeigt sich bei den weiteren verbauten Assistenz- und Sicherheitssystemen. So ist ein Spurverlassens-Warner an Bord, ein Totwinkel-Assistent und der Auffahrwarner Collision Prevention Assist. Gut funktioniert hat der Abstandsregeltempomat. Bei der Zusatzbremse handelt es sich um eine Telma-Wirbelstrombremse, die auch so leidlich ihren Dienst verrichtet. Das Fahrwerk an sich ist robust und komfortabel ausgelegt. Schlechte Straßen werden sauber weggebügelt, dazu tragen ­sicherlich auch die verstärkten Stabis vorne bei.

© Foto: Sascha Böhnke

Ausstattung und Innendesign

Der Testbus wurde mit der 105 kW (143 PS) Version des Vierzylinders angetrieben. Das ist nicht viel, doch während der teils recht anspruchsvollen Testfahrt gab es nie ein Gefühl der Überforderung beziehungsweise Untermotorisierung. Das dürfte auch mit der verbauten Getriebeart zusammenhängen. An Bord war das Wandlergetriebe Mercedes-Benz 7G Tronic Plus. Damit lässt es sich ganz ausgezeichnet rangieren, normal fahren sowieso. Die Gänge werden nicht zu weit ausgedreht, die siebenstufige Unterteilung macht Sinn. Verbrauchstechnisch bewegt sich der Bus in einem akzeptablen Bereich. Im Schnitt 13 Liter auf 100 Kilometer bei einem voll beladenen Fahrzeug gehen in Ordnung. Lediglich im reinen Stadtbetrieb steigt der Verbrauch auf über 16 Liter an, hierbei sind jedoch die zahlreichen Stopps an Ampeln und Haltestellen zu beachten. Mit Einführung von Euro 6 verlangt auch der Sprinter nach dem Zusatzstoff AdBlue. Den Verbrauch haben wir aufgrund der kurzen Teststrecke nicht gemessen, da eine vernünftige Beurteilung nach nur gut 150 Kilometern nicht seriös möglich ist. Was auffiel, war jedoch der ungünstige Platz des AdBlue-Einfüllstutzens: Er befindet sich im Motorraum und schreit geradezu danach, unsauber befüllt zu werden. Aber so ist das manchmal, wenn in ein gut funktionierendes Grundkonzept nachträglich Veränderungen hineinkonstruiert werden müssen. Die Fahrersicht nach außen geht transportertypisch in Ordnung. Die Außenspiegel sind ausreichend groß dimensioniert. Der Fahrerarbeitsplatz ist recht großzügig bemessen. Allerdings befinden sich das Lawo-Panel und der digitale Tachograf recht weit unten, das ist ein typisches Unterbringungsproblem bei beengten, ursprünglich nicht für den Buseinsatz gedachten Arbeitsplatz-Konzepten. Dafür aber kommt beim Fahren Pkw-Feeling auf, was bedeutet, auch nach einem anstrengenden Arbeitstag ist man als Fahrer nicht zu sehr erschöpft. Der Fahrgastraum ist nüchtern und schlicht gehalten. Grau ist die dominierende Farbe. Wirklich störend ist das aber nicht, schließlich ist der Mobility kompromisslos ausgelegt auf seinen Einsatzzweck. Und bei dem kommt es weniger auf Schein als vielmehr auf Praktikabilität an. Die Seitenwände und die Fenstersäulen sind verkleidet, über den Sitzen befinden sich Gepäckablagen, die aufgrund der Bauraumbedingungen zwar recht eng ausfallen, für Jacken oder kleine Taschen aber ausreichend sind. Die Sicht nach außen kann mit dem Wort unspektakulär umschrieben werden. Weder großzügige Seitenscheiben noch eine Panorama-Frontscheibe lassen Reisebus-Feeling aufkommen. Den einzigen Luxus, den Mercedes-Benz dem Testbus gönnte, waren Sitze, die mit Flachgewebe-Stoffen bezogen waren. Diese aus dem Pkw-Bereich bekannten Stoffe sehen natürlich edel aus, leider aber erfordern sie auch mehr Aufwand bei der Pflege. Die 15 Sitze vom Typ „Inter Star Sprinter“ sind in den sechs Airline-Schienen des Aluminium-Bodensystems verankert und lassen sich per Schnellwechselsystem leicht für unterschiedliche Anwendungsszenarien neu anordnen. Auch die an Bord befindlichen Rollstühle nutzen das Airline-System. Auf den Schienen werden sie mittels eines Vierpunkt-Spannbandsystems verankert, welches aus einem Beckengurt, zwei Halteschlaufen und zwei Retraktoren besteht. Grundsätzlich ist die Bedienung gut beherrschbar, stets aber eine ausführliche Einweisung samt Training vorausgesetzt. Wenn keine Rollstühle befördert werden, dann finden die Spannbänder und Gurte Platz in einem kleinen Heckschrank hinten links. Der wirkt zwar ein wenig wie selbst gebastelt, aber schlimm ist das nicht, denn er erfüllt bestens seinen Zweck. Durch den Verzicht auf eine Panoramascheibe vorn findet ein externer Zielschildkasten Platz, das Ganze wirkt im Übrigen sehr stimmig. Die verbaute LED-Matrix lässt sich auch bei hellem Sonnenschein perfekt ablesen.
© Foto: Sascha Böhnke

Das Optimum wurde herausgeholt

Obwohl die Sitze zum Teil auf Podesten stehen, befindet sich dennoch die Bestuhlung auf einem Level. Möglich wurde das, indem die Dortmunder Minibus Spezialisten die Radkästen innen absenkten. Der Sitz rechts direkt hinter der Schiebetür ist mit 440 Millimetern 20 Millimeter breiter als die übrigen Sitze, er ist als Prioritätssitz gedacht. Alle Sitzen sind in der Ausführung „hochfest“ gehalten. Im Sommer sorgt eine Aufdach-Klimaanlage, die 8 kW leistet, für ausreichend Kühlung, im Winter bringt eine klassische Konvektorenheizung in Verbindung mit einer 5 kW leistenden Warmwasserheizung mit Standheizungsfunktion nicht nur für warme Füße. Beleuchtet wird der Mobility 45 im Inneren durch zwei LED-Leuchtbänder. Diese sind, wie auch das Übrige des Fahrzeugs, zweckmäßig gehalten. Blendungen in der Frontscheibe – auch bei voller Innenraumbeleuchtung – gibt es nicht, kein Wunder, die Frontscheibe ist schließlich deutlich stärker geneigt als beim klassischen Omnibus. Xenon Scheinwerfer sorgen für eine gute Ausleuchtung der Straße, Abbiegelichter erleichtern das Rangieren. Reine LED-Hauptscheinwerfer gibt es nicht, mal sehen, was sich in dieser Hinsicht beim Nachfolgemodell ändert. Meine Meinung: Der Sprinter Mobility macht seine Sache wirklich gut. Für den Einsatzzweck, für den er gedacht ist, wurde fast schon das Optimum herausgeholt. Gerade bei der Beförderung von mobilitätseingeschränkten Personen kommt es auf ein Reibungsloses Zusammenspiel aller Komponenten an. Ich selbst habe vor vielen Jahren auch solche Fahrten gemacht und weiß, unter welchem Druck man bei dieser Tätigkeit steht. Der Sprinter unterstützt einen als Fahrer dabei, so gut es geht. Dass der Minibus auch einige kleine Schwächen mitbringt, sei ihm verziehen, denn letztlich zählt das Gesamtpaket und das stimmt. Bleibt abzuwarten, ob ein Nachfolger das Ganze noch toppen kann. (sab)
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