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Sparen beim Fahren

27.11.2018 14:42 Uhr
Sparen beim Fahren
© Foto: Sascha Böhnke

Obwohl der 10,8-Liter-Motor stolze 2.100 Newtonmeter Drehmoment erreicht und mit seinen 450 PS über ordentliche Leistungsreserven verfügt, ist der VDL Futura FHD 2-129 sehr sparsam unterwegs. Zahlreiche Maßnahmen rund ums Fahrzeug sorgen dafür, dass dieser unscheinbare Bus zu den spannendsten Neuheiten 2018 gehört.

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Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr schickte ein Hersteller einen zweiachsigen 13-Meter-Bus zum Supertest der OMNIBUSREVUE. Zeigt sich hier bereits ein Trend? Schließlich ergeben sich mit der Aufhebung der längst überfälligen 18-Tonnen-Grenze für Zweiachser komplett neue Möglichkeiten. Der 13-Meter-Zweiachser ist der neue Zwölf-Meter-Bus. Genauso kann man das sehen, und ja, es funktioniert. Die Gründe für die wachsende Beliebtheit – allein bei VDL wurden von den letzten 1.000 verkauften Bussen etwa zwei Drittel, nämlich 62 Prozent, FHD2-129 geordert – sind vielfältig, am Ende steht aber immer das Thema Wirtschaftlichkeit. So lassen sich auf 13 Metern mehr Sitzplätze unterbringen oder die typische Zwölf-Meter-Bestuhlung von 48/49 Sitzplätzen großzügiger und damit mit mehr Fahrgastkomfort platzieren. Ohne dritte Achse spart man Anschaffungs- und Verschleißkosten, spart Mautgebühren und gewinnt Kofferraumvolumen. Ja, man verliert ein wenig an Wendigkeit, der Radstand bei solchen Bussen bewegt sich immer um die sieben Meter, das ist durchaus eine Hausnummer.

In der Praxis jedoch steht man damit allerdings kaum vor unüberwindbaren Hürden, wie es mittlerweile zahlreiche Tests der OMNIBUSREVUE eindrucksvoll beweisen. Wer sein Fahrzeug grundsätzlich beherrscht, kommt auch mit sieben Metern Radstand klar. Erst recht, wenn er einen VDL Futura fährt, denn der nutzt als einziger Hersteller beim Reisebus den an der Vorderachse maximal möglichen Radeinschlag von 60 Grad aus und erzielt damit einen Wendekreis von 22 Metern. Zum Vergleich: Der aktuelle MAN Lion’s Coach benötigt knapp 24,5 Meter, beim aktuellen Tourismo sieht es mit 23,3 Metern zwar besser, aber eben nicht perfekt aus. Das Ganze hat mit der optimalen Ausnutzung des Bauraums zu tun, was VDL gut beherrscht. Und tatsächlich, während des Supertests kam es wiederholt zu teils haarigen Situationen, bei denen maximale Wendigkeit gefragt war. In Berlin waren wegen des Staatsbesuchs des türkischen Präsidenten zahlreiche Straßen gesperrt, eine Umleitung folgte der anderen in im Grunde bus­untauglichen Straßen, zugeparkte Kreuzungsbereiche erforderten Abbiegemanöver auf engstem Raum. Zu keinem Zeitpunkt jedoch bekam der Testfahrer dabei ein mulmiges Gefühl, von einem besonders langen Radstand war so gut wie nichts zu spüren. Das galt auch für enge Abbiegemanöver im Osterzgebirge. Aufgrund eines kurz vorher durchziehenden Sturmtiefs waren einige Straßen gesperrt, die teilweise umständlich umfahren werden mussten. Lange Rede, kurzer Sinn: Zwei Achsen auf 13 Metern funktionieren.

Klar, ein Futura war schon immer sehr wendig, die eigentlichen Neuerungen verstecken sich an anderen Stellen. Das beginnt beim Motor. Dieser wurde komplett erneuert, wobei besonders das Thema Kraftstoffeinsparung im Fokus stand. Um es kurz zu machen: Motorblock, Kühlung, Lufteinlass, Lager und Kolben wurden überarbeitet, das Verdichtungsverhältnis erhöht. Mehr Drehmoment liefert ein neuer Turbolader, Öl-, Kühlflüssigkeits- und Servolenkpumpe werden nur dann zugeschaltet, wenn es die Situation erfordert. In der Gesamtheit sorgt das für weniger Verbrauch, längere Wartungs­intervalle auf nun 100.000 Kilometer und Ölwechselintervalle von bis zu 200.000 Kilometern. Auch ist das maximale Drehmoment nun schon ab 900 U/min verfügbar. Im Zuge dieser Erneuerungen wanderte der Kühler von der rechten auf die linke Seite, die Filtereinheit wurde kompakter und damit auch leichter. Wer einen Blick in das aktuelle Motorraum Layout wirft, dürfte erstaunt sein, wie viel Platz dort nun herrscht.

© Foto: Sascha Böhnke

Der Antrieb

Nun kann der Antrieb sein gesamtes Potenzial nur ausspielen, wenn auch die übrigen Kraftstrang-Komponenten stimmen. Und hier kommt die nächste Neuerung ins Spiel, das automatisierte Zwölf-Gang-Schaltgetriebe ZF Traxon. Es ist der Nachfolger der ZF AS-Tronic und wird beim Futura serienmäßig verbaut. Gegen Aufpreis gibt es auch die ZF-Wandlerautomatik EcoLife, aber das ist eine andere Geschichte. Mit dem Traxon wurde die Schaltautomatik sozusagen schlau. Denn erstmals fließen auch Faktoren wie GPS und topografische Informationen in die Schaltvorgänge mit ein. PPC sind die magischen drei Buchstaben, mit denen Busse anderer Hersteller schon länger punkten können. PPC steht für Predictive Powertrain Control und stellt eine Art höhenbasierten Tempomaten dar. Anhand der Topografie der im Bordrechner hinterlegten Fahrstrecke wird das automatisierte Schaltverhalten angepasst, was beispielsweise dazu führt, dass bei leichten Gefällestrecken ausgekuppelt wird, der Bus also kraftstoff­sparend rollt oder vor einer Steigung heruntergeschaltet beziehungsweise vor Erreichen der Bergkuppe der nächsthöhere Gang eingelegt wird, um den Schwung nutzen zu können. Dabei lässt sich ein Geschwindigkeitsbereich einrichten, den der Bus unter- oder überschreiten darf, um das ­maximale Sparpotenzial nutzen zu können. In der Praxis funktionierte das ausgezeichnet, meist merkte man als Fahrer gar nicht, dass sich der Bus in einer PPC-Regelung befand. VDL spricht in diesem Zusammenhang von Kraftstoffeinsparungen von bis zu 2,5 Prozent. Das kann durchaus stimmen, wenn man sich die Verbräuche der drei Autobahnetappen anschaut, die teilweise auf bis zu 16,5 Liter/100 km sanken. Und noch etwas sehr Interessantes fiel während der Testfahrt auf: Immer, wenn der Fahrer vom Gas ging, egal, ob auf der Autobahn oder auf Landstraßen, und der Bus in den Schubbetrieb ging, kuppelte das Getriebe nach etwa ein bis zwei Sekunden aus und ließ den Bus „segeln“. Wie geschrieben: im manuellen Betrieb. Das ist bemerkenswert und konnte so noch bei keinem anderen Hersteller beobachtet werden. Für einen höheren Verschleiß der Bremsen sorgt das übrigens nicht, denn in dem Augenblick, in dem der Retarder betätigt oder das Bremspedal leicht getreten wird, wird sofort wieder eingekuppelt. Insgesamt ein tolles Feature. Nicht ganz so toll in diesem Zusammenhang ist übrigens die Intarder-Leistung. Laut Datenblatt hat diese zugenommen. In der Praxis, und das besonders bei etwas niedrigeren Geschwindigkeiten, wie sie in den Bergen vorkommen, spürt man davon aber nur wenig bis nichts. Im Gegenteil, beim He­runterschalten, und das erledigt Traxon durchaus für alle Insassen spürbar, verliert der Motor an Drehzahl und damit an Intarder-Leistung, was sich in einem zwar kurzen, aber dennoch vorhandenen Beschleunigungsmoment (bergab) äußert. Ohne zusätzliches Zubremsen mit der Betriebsbremse konnte beim Supertest in den Bergen so gut wie nie verzögert werden. Hier ist noch ein wenig Abstimmungsarbeit von ZF und VDL gefragt – es sollte sich aber um ein lösbares Problem handeln. Immerhin wurde ja auch die Motorbremsleistung des MX11 verbessert – die DAF Engine Brake (DEB). Diese sorgt übrigens auch dafür, dass die Drehzahlen zwischen den Gängen schneller angepasst werden können und sich damit die Schaltzeiten spürbar verringert haben. Äußerlich hat sich der Bus nicht verändert. Dass sich der Kühler nun auf der linken Seite befindet und mit ihm auch das unübersehbare Lüftungsgitter, fand man so auch schon bei den Euro-5-Modellen, daran lässt sich die neueste Generation also nicht wirklich erkennen. Nach wie vor jedenfalls steht das Futura-Design für eine schnörkellose Formensprache, die auch hierzulande ihre Anhänger findet. Nun ist Design stets mit subjektiven Vorlieben behaftet, beim VDL Futura steht es aber für wirtschaftliche Funktionalität. Im Innenraum geht es genauso nüchtern weiter, ein schnörkelloser Fahrgastraum empfängt die Reisenden mit einem ebenen Boden, was das Kofferraumvolumen vergrößert. Allerdings beträgt es mit verbautem WC auch „nur“ zirka 10,5 Kubikmeter, da unterscheidet sich der Bus vom Wettbewerb nicht. Der Testbus war mit Steckdosen und USB-Anschlüssen an den Sitzen versehen und verfügte über ein WC/CC am Einstieg zwei. Der übrigens lässt sich auch nach hinten verlegen, und dann gibt es auch ein großzügiges Heck WC, was im Grunde aus Fahrgastsicht definitiv die bessere Lösung ist. Beleuchtet wird der Innenraum komplett mit LED-Technik. Dabei handelt es sich um eine teilweise indirekte Beleuchtung, die sich zudem stimmungsvoll in eine blaue Nachtbeleuchtung umschalten lässt. Auch außen hat VDL komplett auf LED-Lichter umgestellt. Die Hauptscheinwerfer kommen serienmäßig in LED Technik wie auch die Nebelscheinwerfer. Die Scheinwerfer-Ecken lassen sich nicht mehr abklappen, das kann nur noch in der Werkstatt erledigt werden, doch laut Hersteller gehen die Scheinwerfer nicht mehr kaputt. Schön, wenn es so ist, wenn nicht, wird die OMNIBUSREVUE auch darüber berichten. Die Ausleuchtung der Fahrbahn jedenfalls ist ausgezeichnet, schade nur, dass auf die recht einfache Umsetzung eines Abbiegelichts durch Nutzung der vorhandenen Nebelscheinwerfer verzichtet wurde.
© Foto: Sascha Böhnke

Unser Urteil / Meine Meinung

Ist der Futura ein Fahrerauto? Diese Frage lässt sich durchaus mit einem Ja beantworten, auch wenn es an einigen Stellen noch Verbesserungspotenzial gibt. Für die Unterbringung von Getränken gilt das nicht, alleine vier Möglichkeiten, seinen Kaffeebecher und seine Getränke­flaschen unterzubringen, sorgen dafür, dass der Fahrer nicht verdursten muss. Nach wie vor nur mit Gewürge lässt sich der Hebel des Federspeichers erreichen, dafür überzeugt die Ablagemöglichkeit auf der linken Seite, die mit einem verschließbaren Deckel versehen ist. Ein spannendes Thema sind die Außenspiegel. Diese sind nämlich einen Tick höher als beim Wettbewerb angebracht und ragen zudem noch etwas weniger nach vorn als bei der Konkurrenz. Das hat zur Folge, dass man als Fahrer den Kopf recht weit nach oben heben muss – das ist nicht so praxistauglich. Dafür aber lässt sich der Fahrersitz weit nach hinten verschieben, und mit Anzeigen und zu vielen Schaltern ist man ebenfalls nicht überfordert. Gut, das Zentral-Display ist vergleichsweise einfach gehalten, beinhaltet allerdings alle notwendigen Informationen. Fächer über den Achsen gibt es leider nicht, und das Staufach hinten rechts vor der Zusatzheizung ist zwar groß, aber nur mit Werkzeug zu öffnen. Vielleicht erbarmt sich VDL ja mal, hier eine andere Öffnungslösung zu verbauen. Stets vorhanden ist eine Schlafkabine, die gegen Aufpreis in eine solche umgewandelt wird, ansonsten ist es eine Art Mehrzweckraum – eine stets praktische Angelegenheit. Nach wie vor ein nettes Detail ist die abklappbare Frontmaske, die man betreten kann, um die Frontscheibe etwas weiter oben reinigen zu können. Hinter der Maske liegt das Reserverad, welches sich unkompliziert entnehmen lässt. Bis zu 830 Liter Diesel fassen optional die Kraftstofftanks, das ist eine Menge. Dennoch beeinflusst auch ein solches Volumen das Gesamt­gewicht nicht negativ, der voll beladene Testbus kam mit vollem 830-Liter-Tank auf ein Gewicht von gerade mal 18,26 Tonnen. Das ist ein Bestwert. Ohnehin ist Leichtbau eine der großen Stärken von VDL, die verschärfte Umsturzrichtlinie ECE R66/02 schafft der Bus dennoch problemlos. Unser Urteil: Mit dem Futura hat VDL alles richtig gemacht. Auf teure und vielleicht auch überflüssige Design-Experimente wurde verzichtet, statt­ dessen hat der Hersteller mit der Erneuerung des kompletten Kraftstrangs dem Wettbewerb gezeigt, wo der Spar-Hammer hängt. Fast alles, was technisch derzeit machbar ist, wurde umgesetzt, und wenn etwas fehlt, dann gehört das meist in die Kategorie „Nice to have“. Gut, ein Superschnäppchen ist der Bus mit seinen 270.000 Euro nicht, doch langfristig betrachtet, wird er sich mehr als bezahlt machen. Dazu kommt: Der für Deutschland ernst zu nehmende Wettbewerb verlangt noch einmal mehr. Korrosionsprobleme gibt es, Edelstahl sei Dank, schon längst nicht mehr, insgesamt bewegt sich der Bus auf einem sehr hohen Niveau. Meine Meinung: Wie viel Bus braucht man eigentlich? Technisch gesehen, dürfen die Ansprüche durchaus hoch sein, schließlich geht es um die eigene Sicherheit und die der anderen Verkehrsteilnehmer. Hier gibt sich der neue Futura keine Blöße, AEBS ist an Bord, ebenso wie ein Spurverlassenswarner und moderne Lichttechnik. Auch in Sachen Wirtschaftlichkeit sollte heutzutage niemand mehr Kompromisse eingehen. Hier kann dieser Bus seine ganze Magie entfalten. Mag sein, dass ein Futura eher unscheinbar vorgefahren kommt, wer sich davon allerdings negativ beeinflussen lässt, hat sich nicht ernsthaft mit diesem Bus auseinandergesetzt. Denn tatsächlich bietet der Futura mehr, als man für möglich halten würde.
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