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30 Jahre Daimler Buses: Setra S 315 HDH und Mercedes-Benz O 404 SHD – Zwei Klassiker im Vergleich

08.08.2025 11:53 Uhr
evobus
Der Setra S 315 HDH und der Mercedes-Benz O 404 SHD zählen zu den wichtigsten Omnibussen der 1990er Jahre
© Foto: Sascha Böhnke

Mit der Gründung von EvoBus im Jahr 1995 wurden die beiden traditionsreichen Marken Mercedes-Benz und Setra unter einem gemeinsamen Dach vereint. Zwei Jahre zuvor standen beide noch für jeweils eigenständige Entwicklungen im Premium-Reisebussegment. Der Setra S 315 HDH und der Mercedes-Benz O 404 SHD zählen zu den wichtigsten Omnibussen dieser Übergangszeit. Drei Jahrzehnte später lohnt ein technischer Rückblick auf zwei Fahrzeuge, die Maßstäbe setzten und teilweise bis heute im Einsatz sind.

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Im Februar 1995 wurde die EvoBus GmbH gegründet. Sie entstand aus der Zusammenführung der Omnibus-Aktivitäten von Daimler-Benz mit der Bussparte des wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmens Kässbohrer. Damit begann eine neue Phase in der Omnibusproduktion beider Marken. Mercedes-Benz und Setra blieben eigenständig positioniert, profitierten aber künftig von Synergieeffekten in Entwicklung, Produktion und Vertrieb. Heute firmiert das Unternehmen unter dem Namen Daimler Buses. Es ist mit den Marken Setra und Mercedes-Benz Marktführer in wichtigen Regionen Europas. Die Produktionsstandorte in Mannheim und Neu-Ulm sind dabei zentrale Säulen.

Beide Busse, der Setra S 315 HDH und der Mercedes-Benz O 404 SHD, wurden Anfang der 1990er-Jahre noch unabhängig voneinander entwickelt. Sie zählen zu den letzten Reisebusmodellen vor der Integration in EvoBus. Der Mercedes O 404 wurde bereits 1991 vorgestellt, der Setra S 315 HDH kam kurz darauf auf den Markt. Beide Modelle richteten sich an das Premiumsegment des europäischen Reisebusmarkts und zählen zur Kategorie der Hoch- beziehungsweise Superhochdecker.

Der O 404 SHD (Superhochdecker) war die höchste Ausbaustufe dieser Baureihe. Charakteristisch sind die große Gesamthöhe von 3,85 Metern, ein ebener Fahrgastraumboden ohne Stufen und ein entsprechend großzügiger Kofferraum. Auch der Setra S 315 HDH gehört zur Topkategorie seiner Baureihe, weist jedoch eine etwas andere Aufbauphilosophie auf. Während Setra auf eine klassische Gerippebauweise mit aufgesetzten Karosserieelementen setzt, wurde der O 404 mit großflächigen Tiefziehteilen gefertigt. Dieses Verfahren ermöglichte ein modernes Erscheinungsbild, reduzierte allerdings nachträgliche Umbauoptionen wie die Anpassung von Tür- oder Kabinenpositionen. Ein zentraler Unterschied liegt im Designansatz: Der O 404 wurde im Hause Daimler von Chefdesigner Bruno Sacco entworfen, während Wolfgang Papke für das charakteristische Setra-Design verantwortlich zeichnete. 

Beide Fahrzeuge verfügen über den bewährten Mercedes-Benz OM 442 V8-Dieselmotor mit 14,6 Litern Hubraum. Im O 404 SHD leistet das Triebwerk bis zu 440 PS, im Setra S 315 HDH liegt die Leistung bei rund 380 PS. Die Motoren sind für ihre hohe Laufruhe und das gleichmäßige Drehmoment bekannt. Bei entsprechender Wartung und Fahrweise erreichen sie bis heute Laufleistungen von mehreren hunderttausend Kilometern. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch liegt laut Betreibererfahrung zwischen 24 und 28 Litern pro 100 Kilometer, abhängig von Einsatz, Beladung und Streckenprofil.

Beim Getriebe setzt der Setra auf ein manuelles Achtgang-Schaltgetriebe von ZF. Im Mercedes O 404 SHD ist ein Sechsganggetriebe verbaut, das optional mit dem halbautomatischen EPS-Schaltsystem ergänzt werden konnte. Beide Varianten ermöglichen einen ruhigen Gangwechsel und erfordern Fahrerschulung. Automatikgetriebe waren zu dieser Zeit im Reisebusbereich noch nicht verbreitet.

Die Innenräume zeigen unterschiedliche Ausstattungsphilosophien. Der Mercedes-Benz O 404 verfügt über eine durchgehende Seitenwandheizung, die auch bei niedrigen Außentemperaturen für angenehme Wärme sorgt. Setra setzte auf eine Konvektorenheizung in Verbindung mit einer differenziert regelbaren Umluftfunktion für Fahrer- und Fahrgastraum. Die Bedienung erfolgt über gut erreichbare Schalter und Taster. Beide Busse bieten auf den Fahrer zugeschnittene Arbeitsplätze mit Rundinstrumenten, ersten digitalen Anzeigen und durchdachter Ergonomie.

Beim Stauraum zeigt sich der O 404 SHD durch seine größere Höhe im Vorteil. Die unteren Gepäckräume sind besonders tief und bieten viel Platz, was bei Schul- und Gruppenreisen ein wesentlicher Faktor ist. Die Zugänglichkeit über große Klappen mit gut platzierten Griffen ist praxisgerecht gelöst. Der Setra bietet ebenfalls viel Stauraum, die Anordnung der Klappen folgt einer anderen Logik, wirkt aber ebenso durchdacht. Auch im Heckbereich lassen sich bei beiden Fahrzeugen zusätzliche Stauräume oder Kücheneinbauten unterbringen.

Zur Bordausstattung gehören standardmäßig Toilettenanlagen und Bordküchen. Beim vorgestellten Setra wurde eine TM-Küche verbaut, während sich im Mercedes-Benz eine Frenzel-Küchen findet. Kaffeemaschinen, Warmwasserbereiter und teilweise auch 230-Volt-Wandler gehören zur Ausstattung. In beiden Fahrzeugen finden sich Videomonitore, Kassettenrekorder und CD-Wechsler. Auch heute noch funktionieren viele dieser Anlagen, was für die Qualität der Technik spricht.

Beide Fahrzeuge verfügen über die typischen Service-Sets der 1990er-Jahre mit Belüftungsdüsen, Leselampen und teilweise Steuerungen für das Raumklima. Unterschiede zeigen sich in Details wie Ablagen, Türgriffen oder Einstiegen. Der Einstieg in den O 404 SHD fällt etwas höher aus, was bei Fahrgästen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigt werden muss. Der Setra bietet hier durch seine Konstruktion etwas flachere Einstiegshöhen.

Drei Jahrzehnte nach Produktionsbeginn sind beide Modelle noch im aktiven Einsatz, zum Beispiel bei kleineren Reiseunternehmen oder im Oldtimerbetrieb. Ein Beispiel ist der Mercedes-Benz O 404 SHD bei Meistertouristik, der trotz seines Alters regelmäßig im innerdeutschen Reisedienst fährt. Er ist nicht als Oldtimer zugelassen, sondern wird ganz regulär genutzt. Der hohe Pflege- und Wartungsaufwand wird durch Zuverlässigkeit und ein angenehmes Fahrverhalten belohnt.

Der Mercedes-Benz O 404 SHD gilt als technischer Vorläufer späterer Baureihen wie Travego und Tourismo, konnte aber nie an die Verkaufszahlen seiner Vorgänger und Nachfolger anknüpfen. Dennoch bleibt er ein Stück Omnibusgeschichte, das heute von Busliebhabern geschätzt wird.

Beide Fahrzeuge stehen für ein Jahrzehnt des Übergangs. Sie markieren das Ende der getrennten Entwicklung zweier großer Marken und gleichzeitig den Beginn einer neuen Ära unter EvoBus, die heute unter Daimler Buses weitergeführt wird. In Zeiten von Elektromobilität, Assistenzsystemen und Telematiklösungen erinnern diese Busse an eine Phase, in der Fahrtechnik, Materialqualität und Fahrerfahrung im Mittelpunkt standen.

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