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MidCity, Phileas und Citea Hybird: Alternativen in der Stadt

18.04.2012 13:12 Uhr
© Foto: Sascha Böhnke (Busse), Zhanna Ocheret/Fotolia (Blumen), ag visuell/Fotolia

Es muss nicht immer Standard sein: Um den ÖPNV in unseren Städten attraktiv und vor allem wirtschaftlich zu ­betreiben, gibt es heute zahlreiche Möglichkeiten.

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Zwar werden die meisten Verkehrsleistungen nach wie vor mit dem 12-Meter-Bus erbracht, daneben aber bieten sich jede Menge Alternativen.  Solche Alternativen sind immer dann gefragt, wenn es gilt, höhere Fahrgastmengen als üblich zu befördern, Strecken mit nur geringer Auslastung sinnvoll zu betreiben oder eben auf Busse mit alternativen Antriebsformen zu setzen. Gelegentlich lassen sich auch mehrere solcher Konzepte kombinieren. Daher ist beispielsweise der niederländische Hersteller VDL mit seiner ÖPNV-Flotte breit aufgestellt. Gleich sechs verschiedene Fahrzeugkonzepte ermöglichen es den Betreibern, ihren Fuhrpark individuell zu gestalten. Die Palette beginnt mit dem Mini-Low Entry MidCity und setzt sich über den Leichtgewichtler Citea LLE, den Universalbus Citea SLF/SLE und den 14,5 Meter langen Citea XLE fort. Daneben gibt es den Citea auch in einer Hybrid-Variante sowie als reines BRT-Fahrzeug, den Phileas, in Längen von 18 bis 26 Metern. Die

OMNIBUSREVUE hatte jetzt Gelegenheit, vier interessante Kandidaten ausführlich zu testen, um am eigenen Leib zu erfahren, wie sinnvoll sich die Busse tatsächlich auf entsprechend geeigneten Strecken bewegen lassen. Dabei waren wir erstaunt, wie ausgereift auch technologisch anspruchsvolle Konzepte bereits wirken.


MidCity, Phileas und Citea Hybrid

MidCity, Phileas und Citea Hybrid Bildergalerie

© Foto: Sascha Böhnke

Der MidCity MLF-80/160: Stadtbus auf Sprinter-Basis

In der Vergangenheit hat die OMNIBUSREVUE bereits häufiger über die Kleinbusse des Aufbauherstellers VDL Kusters ­berichtet. Schon damals konnten den Fahrzeugen eine solide Verarbeitung und praxistaugliche Lösungen sowohl für den Reise- als auch den ÖPNV-Bereich bescheinigt werden. Daran hat sich heute grundsätzlich nichts geändert, außer dass nun, seit der auch nach außen klar demonstrierten Zugehörigkeit zu VDL Bus & Coach, sich das Mutterunternehmen noch stärker als bisher zu seinen Kleinbussen bekennt. Davon profitieren nicht nur die Minibusse, sondern vor allem die Kunden. Beim MidCity handelt es sich um einen Kleinbus mit Low Entry-Konzept. Der Niederflur­bereich erstreckt sich bis etwas hinter die Fahrzeugmitte, danach steigt der Boden an. Das Problem bei einem Niederflur-Sprinter ist stets die Führung der Kardanwelle unter dem Fahrzeugboden. VDL löst das Problem, indem ein Sprinter-Allrad-Modul verbaut wird. Kurz hinter der Vorderachse knickt die Kardanwelle ab, um eine Niederflurigkeit zu ermöglichen. Durch diese Winkel-Getriebeführung kommt es leider häufig zu Geräuschen während der Fahrt, die sich bei steigender Geschwindigkeit erhöhen. So auch beim MidCity. Allerdings dürften Fahrten in Bereichen oberhalb 80 km/h bei diesem Fahrzeugkonzept eher selten sein. Gut gefallen hat uns die Möglichkeit, gleich zwei Rollstuhlfahrer mitnehmen zu können. Das funktioniert, da der Aufbau auf insgesamt 8.044 Millimeter verlängert wurde. Doch wo Licht ist, ist immer auch Schatten, in unserem Fall betrifft es das Gewicht. Um das zulässige Gesamtgewicht von 5,5 Tonnen nicht zu überschreiten, müssen die Fahrgäste auf eine hohe Frontscheibe oder auch Pano­ramascheiben verzichten. Das ist aber nur bedingt schade, denn die Sicht nach außen klappt auch von den hinteren Plätzen erstaunlich gut. Zusammen mit einer geschickten Material- und Farbwahl bei der Innenraumgestaltung erwartet die Fahrgäste ein sehr modern wirkendes Fahrzeug, welches durchaus im zeitgemäßen ÖPNV eingesetzt werden kann. Zudem lässt sich der Bus, versehen mit einem Mercedes Benz-Automatikgetriebe, sehr leichtfüßig bewegen. Dadurch, dass der Aufbau sich nach hinten nicht verbreitert, ist außerdem die Rundumsicht sehr gut. Eine doppelt breite Tür vorn und eine einfach breite Tür hinten erleichtern dabei auch den Fahrgastwechsel. Designerisch nicht unbedingt eine Granate ist der Zielschildkasten, dafür aber ist er überaus praktisch und sehr gut einsehbar.
© Foto: Sascha Böhnke

Phileas 18m Douai: Der spurgeführte BRT-Experte

Nicht nur in den sogenannten Schwellenländern spielen BRT-Systeme eine große Rolle. Zunehmend entdecken auch immer mehr Kommunen in Europa den Nutzen solcher separater Busstrecken. Denn Tatsache ist: Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen steigt beständig an, schon heute kommen zahlreiche Städte in Westeuropa bedenklich nah an ihre Aufnahmefähigkeit. Da gilt es zum einen, den ÖPNV attraktiv zu machen, um mehr Menschen vom Auto in die Bahn oder den Bus zu bewegen. Auf der anderen Seite stellen BRT-Trassen eine interessante, vor allem aber bezahlbare Alternative zu verstopften Straßen und teuren Schienensystemen dar. Der Phileas an sich ist kein neues Fahrzeug mehr – erste Ideen dazu gab es bereits 1994 und 2004 fuhr der erste Bus tatsächlich – doch es ist ein Projekt, welches kontinuierlich weiterentwickelt und an die neuesten Erkenntnisse dieses speziellen Feldes angepasst wird. Dazu kommt: Der Phileas war von Anfang an als Hybridbus vorgesehen, eine Tatsache, die er zahlreichen Marktbegleitern voraushat. Und das hat, wenn man es auf den Verbrauch reduziert, handfeste und nachvollziehbare Vorteile: So verbrauchen die in Eindhoven verkehrenden Phileas im Schnitt 38 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Ein vergleichbarer konventioneller 18-Meter Gelenkbus, der auf der gleichen Strecke eingesetzt wird, benötigt dagegen 52 Liter. Anfangs wurde in den Phileas ein serielles Hybridsystem verbaut, mittlerweile ist man aber wieder zu einem einfacheren Parallel-Hybridsystem zurückgekehrt. Doch die Hybrideigenschaften sind nur ein kleiner Teil des hohen Innovationspotenzials, welches dieser Bus mit sich bringt. So lässt sich der Bus sowohl manuell steuern, als auch automatisch. In Kürze werden im französischen Douai 18-Meter-Exemplare an den Start gehen, die auf einem fahrerlosen Transport­system basieren. Das FROG-System ermöglicht es, dass der Bus komplett automatisch gelenkt an die Haltestelle anfährt, der Abstand zwischen Fahrzeug und Bordstein dabei aber nicht mehr als 50 Millimeter beträgt. Zudem lassen sich alle Achsen des Busses anlenken, sodass der Bus in einer Art „Krebsgang“ an den Bussteig crawlen kann. Diese single-bereiften Achsen sind übrigens eine aufwändige VDL-Entwicklung. Etwas gewöhnungs­bedürftig ist das Fahren mit dem Phileas. Schließlich sitzt der Fahrer direkt auf der ­Vorderachse, hier muss also gehörig um­gedacht werden.
© Foto: Sascha Böhnke

Citea SLF-120 Hybrid: Der dieselelektrische Seriell-Hybridbus

Hybridbusse scheinen derzeit eine immer wichtiger werdende Rolle im ÖPNV einzunehmen. Immer mehr Städte probieren, meist im Rahmen von Innovationsprojekten, diese Fahrzeuge aus und sind grundsätzlich positiv eingestellt. Heute hat fast jeder Bushersteller einen Hybriden im Programm, auch wenn sich die tatsächlichen Verkaufszahlen eher bescheiden darstellen. Ein ­Teufelskreis, denn geringe Stückzahlen ermög­lichen keine günstigen Preise und so weiter, und so weiter. Doch im Hinblick auf stetig steigende Kraftstoffpreise könnten Hybridbusse im Gegensatz zu ähnlichen Projekten, die bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts existierten und kläglich scheiterten, eine Zukunft haben. Dieser hat sich auch VDL gestellt, und wie wir meinen, recht gut. Konnte uns vor knapp zwei Jahren beim Bus Euro Test 2010 schon der normale VDL Citea SLF überzeugen, setzt der Hersteller mit der Hybridvariante noch einen drauf. Der Hybridbus basiert auf eben Genanntem, rein äußerlich verrät höchstens der hohe Dachaufbau, der wesentliche Hybridelemente wie die Supercaps beherbergt, die Öko-Variante. Noch weniger unterscheidet sich der Fahrgastraum. Lediglich zwei geschwungene Säulen im zweiten Drittel, die die Tragfähigkeit des Daches erhöhen, zeigen dem Experten den kleinen Unterschied. Der Fahrer bekommt fast noch weniger mit, genau eine einzige Anzeige im Zentraldisplay offenbart, dass dieser Bus auch rein elektrisch fahren kann. Zum Konzept: Im Heck befindet sich ein kleiner, 4,5-Liter-Cummins-Vierzylinder-Motor. Dieses übrigens sehr laufruhige Aggregat treibt einen Generator an, der seine Energie in Supercaps speichert. Sind diese aufgeladen, schaltet sich der Dieselmotor ab, der Bus fährt nun rein elektrisch, da die Energie aus dem Speicher direkt in die elektrischen Fahrmotoren fließt. Sind die Supercaps entladen, springt der Diesel wieder an, um zum einen die elektrischen Fahrmotoren, die sich in der ZF-Achse befinden, mit Strom zu versorgen, zum anderen werden die Supercaps geladen. Das Laden der Speicher findet auch sehr wirkungsvoll während des Bremsvorganges statt. In der Praxis waren wir überrascht, wie zuverlässig dieses Wechselspiel von Laden–Fahren–Ent­laden funktioniert hat. Eine kleine Prozent­anzeige zeigt dem Fahrer, wann die Speicher ausreichend voll sind. Entsprechend lässt sich ein wenig das eigene Fahrverhalten anpassen, um einen maximalen rein elektrischen Fahr­zustand zu erreichen. VDL Citea LLE-120/220 Voith EEV – die leichte Alternative. Das Fahrzeug trägt die Gene von zwei Bussen in sich: In ihm kommen die bewährtesten Komponenten und Konzeptideen des Vorgängerbusses Ambassador zum Tragen wie auch zahlreiche Details des neuen VDL Citea. Das Ergebnis kann sich sehen, vor allem aber fahren lassen: Denn der LLE ist ein konsequent auf Leichtbau getrimmter Bus. Das beginnt beim Antrieb, hier kommt ein kleiner Cummins ISB 6.7 mit 225 PS zum Einsatz. Das Leergewicht beträgt 8.900 Kilogramm, maximal darf der Bus 14.400 Kilo wiegen. Daraus ergibt sich eine maximale Fahrgast­kapaziät von 80 Personen. Wenn man bedenkt, dass ein herkömmlicher 12-Meter Bus um die elf Tonnen Leergewicht auf die Waage bringt, wird schnell deutlich, dass diese Kombination deutliche Kraftstoffeinsparungen mit sich bringen wird. Auf der Testrunde, die wir zwar leer fuhren, wurde jedoch schnell deutlich: Diese Gewichts-Leistungs-Kombination funktioniert. Im Gegensatz zum Vorgänger besitzt der LLE nun eine an den Citea angeglichene Fahrerkabine und einen komplett erneuerten Fahrgastraum. Beibehalten wurde der praktische modulare Aufbau des Busses.
© Foto: Sascha Böhnke

Unser Urteil

Für enge Strecken, für die Nacht: Busse wie ein MidCity werden in Zukunft immer wichtiger. Denn lange wird es sich kein Busbetreiber mehr leisten wollen, mit großen Bussen leer unterwegs zu sein. Der MidCity ist ein schnörkelloser, praktischer Wagen. BRT-Konzept mit Potenzial: Shon sein Äußeres macht deutlich, der Phileas fährt aus der Reihe der BRT-Busse. Dazu kommt ein innovatives Rad-Achs-Konzept, welches auch spurgeführtes Fahren ermöglicht. Als Hybrid spart man zudem deutlich Diesel. Ein zuverlässiger Hybridbus: Uns hat während der einstündigen Testfahrt überrascht, wie problemlos und vor allem dauerhaft zuverlässig der elektrische Antrieb funktionierte. Auch für hybridunerfahrene Fahrer stellt sich in kurzer Zeit Normalität ein. (sab)
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