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Setra S 415 H/Mercedes-Benz Integro: Alles schon mit Euro 6

03.06.2013 10:02 Uhr
Setra S 415 H/Mercedes-Benz Integro: Alles schon mit Euro 6
© Foto: Sascha Böhnke

Evobus meint es Ernst: Anfang 2013, gut ein Jahr vor der verpflichtenden Einführung des Abgasstandards Euro 6, ist bereits fast die komplette Flotte von Mercedes und Setra mit den neuen Motoren ausgestattet.

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Mit einigem Stirnrunzeln dürften die Mitbewerber von Mercedes-Benz und Setra derzeit verfolgen, wie diese einen Bus nach dem anderen mit ihren neuen Euro 6-Motoren ausstatten und diese medienwirksam und dann auch noch per Serienfertigung auf die Straßen schicken. Natürlich stellt der Wettbewerb offen die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, bereits ein Jahr vor dem Termin derart in die Offensive zu gehen. Und je nach Beteiligten fällt die Antwort entsprechend unterschiedlich aus. Doch schlichter Fakt ist im März 2013, Euro 6-Motoren finden fast ausschließlich in Bussen aus dem Hause Daimler statt, alle anderen befinden sich derzeit – anscheinend – noch in der Test, Anpassungs- und Optimierungsphase. Zwar werden schon die ersten Euro 6-Verkäufe gemeldet, die Auslieferung erfolgt aber meist erst 2014. Nicht wirklich glücklich sind zudem die Hersteller, die keine eigenen Antriebe fertigen, die auf die Maschinen der Motorenhersteller angewiesen sind. Für sie ist das Zeitfenster noch ein wenig enger. Evobus kann nichts Besseres passieren, denn Präsenz ist toll, noch besser ist Omnipräsenz.

Für die Umrüstung auf Euro 6-Motoren muss tief in die Fahrzeugstruktur eingegriffen werden. Was alles dazu gehört, lässt sich eindrucksvoll am aktuellen Travego und noch eindrucksvoller an der ComfortClass 500 erleben, bei letzterem wurde gleich ein komplett neuer Bus entwickelt. Es sind nämlich mehrere Faktoren, die das Thema Euro 6 so spannend und gleichzeitig auch herausfordernd gestalten. Da sind zum einen die umfassenden motorseitigen Maßnahmen, mit denen die weitgehende Reduzierung der Schadstoffe erreicht wird, auf der anderen Seite haben Euro 6-Motoren einen erhöhten Kühlbedarf. Einfach die Filter an den bestehenden Motoren verschärfen, könnte zwar prinzipiell funktionieren, das würde aber zwangsläufig eine Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs bedeuten, hier muss also deutlich mehr getan werden, was am Ende auf eine Neukonstruktion hinausläuft. Wie genau MAN, Scania, Volvo, DAF, Iveco oder Cummins das Thema Euro 6 im Omnibus lösen, wird die Fachwelt in Kürze erfahren, bis dahin stellen wir das vor, was da ist.

Und im aktuellen Fall sind das die wichtigen Busse der Überlandlinie aus dem Hause Evobus. Bei diesen ist das Thema Euro 6 nur am Heck zu erkennen. Hier zeugen große Lüftungsgitter vom erhöhten Kühlbedarf, der mit dem Einzug der neuen Motorengeneration verbunden ist. Angetrieben werden die Busse im Fall des Integro durch einen OM 936 mit serienmäßig 220 kW/299 PS und einem maximalen Drehmoment von 1.250 Nm. Auf Wunsch kann der stärkere Motor mit 260 kW/ 354 PS gewählt werden. Für die Dreiachser oder für die längeren Typen gibt es den OM 470 mit einer Leistung von 265/360 PS und einem maximalen Drehmoment von 1.700 Nm. Diese Lösung war im Setra S 415 H-Testbus verbaut. Zudem kann auch hier eine stärkere Variante mit 290 kW/394 PS und einem maximalen Drehmoment von 1.900 Nm geordert werden.

© Foto: Daimler AG

Ab 1.600/min stehen rund 90 Prozent der maximalen Motorleistung bereit

Ein geringerer Verbrauch von Kraftstoff, Motoröl und Harnstoff gehört zu den von Daimler angepriesenen Eigenschaften der neuen Medium-Duty-Baureihe. Zur hohen Wirtschaftlichkeit sollen sich große Laufleistungen und lange Service-Intervalle addieren. Die spezifische Leistung bis zu knapp 34 kW/46 PS pro Liter Hubraum befördert die Triebwerke in Leistungsklassen, die bisher nur mit hubraumgrößeren Motoren erreicht wurden. Das bedeutet also Downsizing und bietet damit gute Voraussetzungen für die günstigen Werte bei Abgas, Verbrauch und Leistungsgewicht. Doch grau ist alle Theorie, wie lassen sich denn die neuen Motoren in der Praxis fahren? Bereits ab einer Drehzahl von 1.600/min stehen rund 90 Prozent der maximalen Motorleistung bereit. Das ließ sich bereits in Tests von der OMNIBUSREVUE selbst erfahren. Gleichzeitig spürt man aber auch bei niedrigen Drehzahlen unter 1.000/min, dass da „was geht“. Diese Leistungsentfaltung erinnert wie viele andere Eigenschaften auch an Motoren mit deutlich größerem Hubraum. Konkret bedeutet das, auch stärkere Steigungen werden problemlos gemeistert. Allerdings wurden dann auch die Gänge weiter ausgefahren, um in Schwung zu bleiben. Naturgemäß zügiger vom Fleck kommt da der Setra mit seinem OM 470. Beim UL und beim Integro weisen die neuen Medium-Duty-Motoren eine Besonderheit auf, sie sind nämlich stehend verbaut. Der OM 936 ist bereits aus dem neuen Citaro bekannt, dort allerdings in der liegenden Variante, erkennbar am Zusatzbuchstaben „h“. Anders bei den Überlandbussen, hier musste man die gesamte Antriebskonfiguration in die stehende Variante ändern. Im Innenraum lässt sich das gut erkennen, denn der Boden steigt hinter dem Mittelgang leicht nach oben an, da der stehende Motor einen erhöhten Platzbedarf im Vergleich zum Vorgänger hat. Die Fahrzeuge sind serienmäßig mit dem Sechsgang-Schaltgetriebe GO 190 ausgestattet, auf Wunsch wird aber auch das Automatikgetriebe ZF EcoLife oder aber das hauseigene automatisierte Schalt­getriebe 
GO 250-8 Powershift verbaut. Denn das ist neu: Zusammen mit den Euro 6-Motoren führt Evobus beim Integro und bei der Multiclass das Achtgang-Omnibusgetriebe Mercedes GO 250-8 PowerShift ein. Es ist eine Weiterentwicklung und basiert auf dem GO 240-8 PowerShift. Wie gewohnt, profitieren Fahrer von der progressiven Abstimmung des Getriebes sowie von gleichermaßen schnellen wie komfortablen Schaltungen. Die Bedienung des Getriebes über den Joystick-Schalthebel ist denkbar einfach, wenn auch nicht so schön intuitiv wie beim neuen Schalthebel, der beispielsweise im Travego oder der CC500 Einzug gefunden hat. Üblicherweise wird der Fahrer den Bus im Automatikmodus fahren. Jedoch kann er durch einen kurzen Druck nach vorn oder hinten gegen den Schalthebel jederzeit eingreifen. Ein Druck nach links gegen den Schalthebel genügt, dann fährt der Integro im manuellen Modus und der Fahrer kann die Gänge im Rahmen der technischen Möglichkeiten nach Belieben wechseln. Wer ständig mit dieser Bedienung umgehen muss, wird sich schnell zurecht finden, wer häufig den Bus wechselt, tut sich am Anfang ein wenig schwer.
© Foto: Sascha Böhnke

Der neue Retarder erreicht bis zu 3.500 Nm Bremsmoment

Neu ist ein Kriechmodus analog zu Wandler-Automatikgetrieben. Er ermög­licht feinfühliges Rangieren allein über die Betätigung des Bremspedals. Gut ist in Sachen Wirtschaftlichkeit die weitgehend verschleiß- und wartungsfreie Kupplung. Aufgrund eines zentrisch angeordneten, pneumatisch betätigten Kupplungs­zylinders entfallen mechanische Teile wie Ausrückgabel, Ausrücklager und Kupplungskraftverstärker. Immer wieder erstaunlich ist der neue, integrierte Retarder. Er erreicht bis zu 3.500 Nm Bremsmoment. Der Retarder ist bei den Schaltgetrieben als Sekundärretarder ausgelegt und nutzt als Brems- und Kühlmedium nun das Motorkühlwasser. Der bisher notwendige Öl-/Wasser-Wärmetauscher entfällt ebenso wie der damit verbundene Ölwechsel des Retarders. Mit diesem Schritt sinkt beispielsweise das Trockengewicht des neuen GO 250-8 PowerShift gegenüber dem bisherigen Getriebe trotz höherer Leistungsfähigkeit um 20 auf 285 kg. In der Praxis überraschte uns tatsächlich die Leistungsfähigkeit des Retarders aus dem Hause Voith. Allerdings war beim ersten Ziehen des Retarderhebels stets ein Ruck spürbar, das wirkt wie ein Leistungssportler, der vor zu viel Kraft strotzt. Serienmäßig erfolgt die Kraftübertragung übrigens über ein manuell betätigtes Sechsgang-Schaltgetriebe mit Joystick-Betätigung und Servoshift-Unterstützung. Ein Kabel leitet die Schaltbefehle zur Steuereinheit des Getriebes. Zylinderkopf und Kurbelgehäuse der neuen Motoren bestehen aus Grauguss mit Lamellengraphit. Zu den technischen Finessen zählt VCP (Variabel Camshaft Phaser). Hinter dem Begriff steckt eine verstellbare Auslassnockenwelle, die erste derartige Nockenwelle in einem Dieselmotor überhaupt. Die leichten Aluminiumkolben sind robust, ebenso der ­Rädertrieb. Der maximale Einspritzdruck beläuft sich auf beeindruckende 2.400 bar. Die Aufladung erfolgt maßgeschneidert je nach Leistungsstufe und Bauart. Zum Einsatz kommen eine ein- und zweistufige Aufladung sowie ein asymmetrischer Abgasturbolader. Mit 495 Kilogramm (Vierzylinder) beziehungsweise 650 Kilogramm (Sechszylinder, jeweils DIN 70020-A) liegt das Leistungsgewicht trotz der hohen Belastbarkeit günstig. Mit der Abgasstufe Euro 6 wird zusätzlich ein Partikelfilter unumgänglich, wie er bisher bereits vielfach bei Stadtbussen wie dem Mercedes-Benz Citaro oder Transportern wie Sprinter und Vito Verwendung findet. Mercedes-Benz setzt bei den neuen Heavy-Duty- und Medium-Duty-Motoren auf ein kompaktes One-Box-System für die komplette Abgasanlage. Je nach Motor ist sie 
ein- oder zweiflutig ausgelegt. Eine strömungsoptimierte Abgasführung minimiert den verbrauchserhöhenden Gegendruck. Der geschlossene Partikelfilter erreicht Wartungsintervalle von bis zu beeindruckenden 240.000 Kilometern. Gereinigt wird dann durch ein Ringtausch-System. In Sachen Fahrerarbeitsplatz sind sich beide Fahrzeuge sehr ähnlich. Kein Wunder, hinter den Kulissen arbeitet identische Technik. Allerdings wirkt das Cockpit des Integro einen Tick „runder“. In beiden Fällen ist das Cockpit betont fahrerorientiert und ergonomisch gestaltet. Sämtliche Bedienelemente sind in einem Halbkreis vor dem Fahrer angeordnet. Er blickt unmittelbar vor sich auf das Kombi-Instrument mit großen Armaturen für Tachometer und Drehzahlmesser. Das mittig angeordnete Display ist in der Euro 6-Ausführung farbig gestaltet. Zusammen mit dem neuen Display hält auch die Anzeige für ein optionales Reifendruck-Kontrollsystem Einzug. Auf Wunsch gibt es eine voll ausgestattete Fahrerkabine.
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