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Recht: Reiserückritt wegen Überschwemmungen?

21.07.2025 13:40 Uhr | Lesezeit: 2 min
Hochwasser in der Lombardei, Fluss Brembo tritt über die Ufer
Wenn nach starken Regenfällen Flüsse über die Ufer treten, kann das einige Zeit später noch auch andernorts schwerwiegende Folgen für die Gesundheit auch von Reisenden haben (Symbolbild aus Italien)
© Foto: Picture Alliance / ipa-agency/Luca Ponti

Darf ein Reisegast einen Monat vor Reisebeginn kostenfrei von einer Pauschalreise zurücktreten, wenn am Urlaubsort nach heftigen Unwettern starke Einschränkungen und Gefahren bestehen? Auch wenn die Gruppenreise dann doch ohne Beanstandung durchgeführt werden konnte? Über eine Entscheidung der Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main.

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Der Reisegast und spätere Kläger hatte für sich und eine weitere Person eine Pauschalreise „Kultur und Genuss in Italien“ zu einem Preis von rund 2.400 Euro gebucht. Die Reise sollte vom 12. bis 19. Juni 2023 stattfinden. Am 16. Mai 2023 ereigneten sich in Norditalien heftige Unwetter. In der Region Bologna wurde der Katastrophenalarm ausgelöst. Es kam zu Erdrutschen und Überflutungen sowie etlichen Todesopfern. Nach dem Unwetter waren die Straßen aufgrund massiver Müllmengen kaum passierbar. Es wurden Badeverbote verhängt, da Coli-Bakterien über überflutete Flüsse ins Meer gelangt waren. Strände wurden geschlossen und es bestand die Gefahr einer Mückenplage.

Der Kläger erklärte einen Tag nach dem Unwetter, am 17. Mai 2023, den Rücktritt von der Reise und verlangte den bereits gezahlten Reisepreis zurück.

Maßgeblich für einen entschädigungslosen Rücktritt

Das Amtsgericht gab seiner Klage statt. Die Berufung des Reiseveranstalters gegen diese Entscheidung hatte vor der Reiserechtskammer des Landgerichts keinen Erfolg. Diese erklärte, der Kläger habe vor Reisebeginn jederzeit vom Vertrag zurücktreten können. Grundsätzlich eröffne das Gesetz dem Reiseveranstalter im Gegenzug zwar einen Entschädigungsanspruch, den er dem Reisenden entgegenhalten könne. Im vorliegenden Fall stünde dem Reiseveranstalter jedoch keine Entschädigung zu.

Die Reiserechtskammer führte in ihrer Berufungsentscheidung aus: „Der Reisende schuldet keine Rücktrittsentschädigung, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung dorthin erheblich beeinträchtigen.“ Maßgeblich für einen entschädigungslosen Rücktritt eines Reisenden sei, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei einer sog. ex-ante Beurteilung aufgrund einer Prognose anzunehmen sei, dass besagte Umstände bis zum Reiseantritt auftreten.

Reguläre Durchführung der Gruppenreise nicht entscheidend

„Der Reisende trägt grundsätzlich das Prognoserisiko, insbesondere falls er den Rücktritt vorschnell erklärt und in diesem Moment (noch) keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise oder Anreise zu erwarten ist“, erläuterte die Kammer.

Im vorliegenden Fall habe für einen Durchschnittsreisenden in der Lage des Klägers zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung jedoch die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass aufgrund der extremen Regenfälle und massiven Überschwemmungen die Reise nach Norditalien mit Gefahren und Einschränkungen verbunden sein würde. Zu nennen seien die Beschädigung von Straßen, Gebäuden und der Infrastruktur oder die Verbreitung von Bakterien und Krankheiten.

Der Einwand des beklagten Reiseveranstalters, die Reise sei später wie geplant mit den übrigen Teilnehmern der Reisegruppe beanstandungsfrei durchgeführt worden, sei nicht entscheidend.

Berufungsurteil der Reiserechtskammer vom 16. April 2025, Az.: 2-24 S 75/24

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