Die OMNIBUSREVUE hebt ab: Zum ersten Mal haben wir einen Midibus auf unsere komplette Teststrecke geschickt. Ohne wenn und aber, doch mit vollem Einsatz. Das Ergebnis können Sie hier erlesen. Schnallen Sie sich an, mit Turbulenzen ist zu rechnen. Denn schnell wird klar: Auch kleine Busse sind echte Vielseiter. Ob in der Luft oder auf der Straße – „MicroMachines“ sind nicht nur für Individualisten eine Alternative. Ready for Take Off, Iveco Rapido 180!
Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir hier in der OMNIBUSREVUE den Iveco Rapido vorgestellt. Das Ergebnis vor vier Monaten: Ein solider Bursche für den Alltag, vertrieben von echten Busprofis. In der Zwischenzeit haben sich zahleiche Unternehmer das Fahrzeug angeschaut, die Resonanz fällt positiv aus. Grund für die OMNIBUSREVUE, den Rapido auf unsere Testrunde, die normalerweise nur die „echten“ Reisebusse absolvieren, zu schicken. Voll ausgeladen, versteht sich. 714 harte Kilometer, vollgepackt mit kleinen und großen Gemeinheiten von der Beschleunigungsmessung über 18-prozentige Steigungen, die einfach kein Ende nehmen wollen, bis hin zu rabiaten Abfahrten, die die Bremsanlage auf eine echte Bewährungsprobe stellen. Dazu natürlich die Frage: Wie verkraftet ein Fahrer die anstrengende Fahrt mit einem kleinen Bus, der auf den ersten Blick Lichtjahre entfernt von einem S 416 HD oder Cityliner zu sein scheint? Eine kleine Enttäuschung trübte den Test im Vorfeld, da es der beauftragten Iveco-Werkstatt nicht gelang, dem Bordcomputer die Anzeige des tatsächlichen Dieselverbrauchs auf Teilstrecken zu entlocken. Somit beschränkte sich die Verbrauchsmessung auf die Teilstrecke „Autobahn“ und die folgende Gesamt-Verbrauchsmessung. Was dabei herausgekommen ist, hätten wir allerdings so nicht erwartet, wovon Sie sich später im Text selbst überzeugen können.
Das Leergewicht des Rapido 180 beträgt 4.600 kg. Das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 7.200 kg. Bei einer 25er Bestuhlung kommt man so also auf etwa 100 kg pro Fahrgast. Das sollte reichen. Wenn nun das Gewicht nicht das Problem ist, wie sieht es dann aber mit dem notwendigen Kofferraumvolumen aus? Hier liegt beim Kleinbus schließlich in der Regel der Hund begraben. Was nutzen die schönsten Plätze, wenn es fürs Gepäck nicht reicht – stöhnt der kleinbuserfahrene Unternehmer. Für die Probus-Profis stellt diese Kombination kein Ding der Unmöglichkeit dar. Geht nicht – gibt’s nicht; und so besitzt der getestete Rapido ein Kofferraumvolumen von unglaublichen vier m3. Gut, man kann den Bus auch mit 29 Fahrgastplätzen erhalten, dann schrumpft aber auch das Kofferraumvolumen. Denn Probus bedient sich eines einfachen, aber wirkungsvollen Tricks, der aus der Erweiterung des Heckkofferraumes nach oben hin besteht.
Dazu kommen noch etliche Staufächer an den Seiten des Rapido. Deren Fächer bestehen übrigens aus Aluminium. Eine Besonderheit: Das Bodengerippe wird aus korrosionsbeständigem Nirosta gefertigt. Für den Test war der Bus praxisgerecht beladen, also Kiessäcke in den Kofferräumen und auf den Sitzen, womit das tatsächliche Fahrverhalten bei voll besetztem Bus simuliert werden konnte. Die erste Disziplin, den Beschleunigungstest, schaffte der Rapido in 36,6 Sekunden – Nomen ist halt Omen. Dabei hielt sich das Geräuschniveau des Motors auf einem völlig normalen Level, zudem kristallisierte sich bereits an dieser Stelle heraus, die Testfahrt würde der Rapido mit der notwendigen Bus-Power bewältigen, ohne dabei ständig an seinen Leistungsgrenzen zu schrammen. Mit einem Lärmwert von 69,1 Dezibel bei Tempo 100 ist der Bus zwar im Vergleich zum klassischen Reisebus kein Leisetreter, schlägt sich aber im klasseninternen Vergleich erfreulich anständig. Beim Iveco scheinen die Zeiten endgültig vorbei, in denen ein Kleinbus zwangsläufig nach Lieferwagen klang. Angenehm auch die Laufruhe im Leerlauf. Hier erreicht der Rapido fast Pkw-Niveau. Das dürfte vor allem für Unternehmer interessant sein, die mit kleinen Bussen häufig Stadtrundfahrten anbieten. Hier kommt es schließlich darauf an, den Stadtführer und nicht einen nagelnden, hämmernden Motor zu hören. Mit eine Ursache für den leisen Auftritt dürfte sicher die verwendete Common-Rail-Technologie sein, die das Aggregat ähnlich den neuen MAN-Maschinen schon fast in Richtung „Flüster-Diesel“ schiebt. Eine umfangreiche und intelligente Dämmung des Motorraums tut ihr übriges, damit sich nicht nur Fahrgäste, sondern auch Fahrer noch nach mehreren Stunden wohlfühlen.
Das mit dem Wohlfühlen beginnt übrigens bereits beim Einsteigen. Direkt hinter der Vorderachse befindet sich die elektrisch angetriebene Außenschwingtür, die großzügig den Weg in den Fahrgastraum ebnet. Kein störender Beifahrersitz behindert die Fahrgäste, denn dessen Sitzfläche ist beim Rapido in Ruhestellung nach oben geklappt. Genau wie in jedem anderen Reisebus auch. Ein weiterer Vorteil dieser Montageposition ist die für einen Midibus unglaublich große Beinfreiheit, die so manchen ihrer großen Brüder kalt im Regen stehen lässt. Angenehm auch die Sitzposition des Fahrers. Er ist Herrscher über ein modernes Cockpit, das spontan Wohlfühlgedanken aufkommen lässt. In Sachen Ergonomie hat Iveco nichts falsch und der Aufbauer seine Hausaufgaben gemacht. Dessen Eingriff in den Fahrerarbeitsplatz beschränkt sich nämlich auf die Verbauung eines Schalterpaneels auf der linken Seite. Hier finden sich vertraute Bedienelemente für Innenraumbeleuchtung, das elektrisch verstellbare Sonnenrollo oder die Bedienung der Standheizung. Für das Öffnen der Tür findet sich im Rapido eine Art Folienschalter, der zwar im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, wenn man seine Bedienung jedoch erst einmal kapiert und verinnerlicht hat, durchaus praktisch ist. Die Sicht nach vorn und zu den Seiten ist ausgezeichnet. Gut gefällt, dass der linke Außenspiegel in keiner Fahrsituation den Blick nach vorn versperrt. Dennoch: Ein wenig größer könnten die Spiegel sein, so der verwöhnte Bustester.
Bei den Armaturen setzt der Rapido komplett auf die Iveco-Standards, die erwiesen sich jedoch in der Praxis als ausgezeichnet ablesbar, lediglich großgewachsene Fahrer können in normaler Sitzhaltung den oberen Rand von Tacho und Drehzahlmesser nicht ganz einsehen. Das Lenkrad lässt sich nämlich nicht verstellen. Dafür kann man mit dem Fahrersitz angenehm weit nach hinten rutschen. Gut gefallen hat auch die Position des digitalen Kontrollgerätes. In der Mittelkonsole unter dem Warnblinkschalter sitzt der Fahrtenschreiber, den man somit ohne größere Verrenkungen erreichen kann. Wie bei jedem anderen Bus gilt auch für den Rapido: Jede Reise ist nur so gut, wie man sitzt. Und deswegen geht man bei Probus auch keine Kompromisse ein, sondern platziert die Gäste auf Vogel Eco10-Gestühl. Die sind zur Seite und nach hinten verstellbar und besitzen in der Seitenlinie eine Verstärkung für einen nachrüstbaren Haltegriff. Standardmäßig wird ein Midibus bei Pronus übrigens ohne Netz, Fußstützen und Tisch ausgeliefert – nachgerüstet aber kann alles werden.
Überrascht hat uns die Agilität des Fahrzeuges. Ohne übertreiben zu wollen, aber selten hatte der Testfahrer der OMNIBUSREVUE beim Durchfahren der engen Kurven zwischen Kochel und Urfeld bergauf derart viel Freude. In keiner Situation ging dem beladenen Rapido die Puste aus, der Aufbau wankte zwar deutlich stärker im Vergleich zu einem Setra S 411 HD, doch nie kam ein Gefühl der Unsicherheit auf, auch ein Aufschaukeln der Karosserie fand nicht statt. Die Stabilisatoren an beiden Achsen leisten hier ganze Arbeit. Probleme bekommt der Rapido eher bei langen, nicht aufhören wollenden Steigungen, so ab 16 Prozent. Hier geht ihm irgendwann die Puste aus und man kommt um ein Herunterschalten nicht umhin. Auch bergab überzeugte der Bus auf ganzer Linie. Der Telma-Retarder hält den Rapido auch auf längeren Abfahrten mit zupackendem Biss im vorgewählten Geschwindigkeitsbereich. Lediglich vor engeren Kurven muss man ein-, zweimal zusätzlich die Fußbremse betätigen, um das Fahrzeug weiter zu verlangsamen. Kein Problem dank rundum verbauten Scheibenbremsen. Volle Punktzahl in Sachen Fahrsicherheit würde der Rapido erhalten, könnte er auch noch das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP vorweisen. Doch bis dieses in dieser Fahrzeugkategorie Einzug halten wird, dürfte noch einige Zeit vergehen.
Zum Verbrauch: 14,7 Liter Durchschnitt auf einer nicht einfachen Strecke können sich sehen lassen. Wir hatten mehr erwartet. Denn es ist einfach mal die Hälfte dessen, was ein klassischer 12-Meter-Bus verkonsumieren würde. Ob dieser nun mit 49 oder mit 25 Fahrgästen unterwegs ist. Interessanterweise verbrauchte der Rapido auf der reinen Autobahnstrecke ebenfalls 14,5 Liter auf 100 km. Hier dürfte sich der Verbrauch noch etwas nach unten korrigieren, denn der Bus kam mit einem jungfräulichen Kilometerstand von 632 zum Test.
Gefallen hat auch das Beleuchtungskonzept. In der Frontscheibe spiegelt sich keine Innenraumleuchte wider, die Kofferräume sind großzügig erhellt und die Armaturen auch im stockdunklen Umfeld begreifbar. Insgesamt merkt man dem gesamten Fahrzeug an, dass hier keine Neulinge am Werk waren. Im Gegenteil, die Erfahrung eines routinierten Busbauers, gepaart mit dem Wissen um Kundenwünsche und Praxiserfordernisse, hat einen Bus auf den Weg gebracht, den man sich merken sollte.