Das Gutachten wurde von der KPMG im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung erstellt. Das Gutachten macht laut LBO deutlich, dass die Anwendung der Mittelstandsklauseln im Nahverkehr für den Erhalt der mittelständischen Verkehrswirtschaft und eines kostengünstigen ÖPNV unverzichtbar sind. In der Zusammenfassung der KPMG heißt es nach LBO-Angaben: „Die Liberalisierung des ÖPNV-Marktes wird in den kommenden Jahren in Bayern dazu führen, dass mit dem Eindringen neuer Marktteilnehmer ein starker Konzentrations- und Verdrängungswettbewerb stattfinden wird. Diese Entwicklung ist auch aus Referenzländern, die die Liberalisierung und Privatisierung der ÖPNV-Branche bereits weiter vorangetrieben haben, erkennbar. Im Ergebnis dieser Prozesse muss nach unserer Einschätzung damit gerechnet werden, dass einige wenige Leistungsanbieter den wesentlichen Marktanteil bestimmen werden. Kleine und mittelständische Unternehmen werden zu Nischenanbietern (Zubringerfunktion). Es besteht die Gefahr, dass die derzeit bestehende polypolitische Angebotsstruktur verloren geht.“
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, so zitiert der LBO die KMP-Zusammenfassung, können auf Seiten der Unternehmen Kooperationsformen begründet werden, die weitere Kostenvorteile erschließen und die Größennachteile (z.B. Verlustüberbrückung, Investitionsvolumen, Beteiligung an umfangreichen Ausschreibungen) zumindest teilweise ausgleichen. Auf Seiten der Aufgabenträger könne durch ein transparentes Ausschreibungsverfahren und die Ermittlung von Kostenrichtwerten zur Identifikation von Dumping-Angeboten Chancengleichheit sichergestellt werden.
Der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) nahm prompt Stellung zum Thema, „weil die langjährigen Erfahrungen mit Wettbewerb im MVV-Regionalbusverkehr eine andere Sprache sprechen und den vom LBO zitierten Aussagen diametral widersprechen“. Seit 20 Jahren würden Leistungen im MVV-Regionalbusverkehr erfolgreich ausgeschrieben, der MVV sei deutschlandweit einer der Vorreiter des Ausschreibungswettbewerbs gewesen, mit über 200 Vergabeverfahren dürften nirgendwo in Bayern und Deutschland vergleichbare Erfahrungen vorliegen. Gewinner der Ausschreibungen in diesen über 200 Verfahren seien hauptsächlich ansässige, mittelständische Verkehrsunternehmen gewesen. „Die bestehende mittelständische Struktur der Unternehmen konnte erfolgreich verteidigt und sogar ausgebaut werden.“ Aktuell betrage der Marktanteil der mittelständischen Verkehrsunternehmen an der Verkehrsleistung des MVV-Regionalbusverkehrs – gemessen in Nutzwagenkilometern – rund 65 Prozent. 1996, vor Beginn der Ausschreibungen, habe dieser Anteil lediglich bei nur 43 Prozent gelegen. Neue Marktteilnehmer spielten im MVV-Regionalbusverkehr keine wesentliche Rolle.
Das Fazit des MVV: „Im Nahverkehr findet durch die Liberalisierung gerade ein Paradigmenwechsel statt. Das bringt für alle beteiligten Chancen und Risiken. So kann es tatsächlich zu den angesprochenen, nicht gewünschten Veränderungen bei mittelständischen Strukturen kommen. Die Risiken dürfen aber nicht einseitig nur einem Ausschreibungswettbewerb angelastet werden. Unkalkulierbarer scheint – wie die aktuelle Entwicklung zeigt – der im eigenwirtschaftlichen Bereich zunehmende Genehmigungswettbewerb. Auch dürfen die Risiken nicht überbewertet und die Chancen nicht unterbewertet werden. Wichtig ist eine ausgewogene Betrachtung. Wettbewerb ist schließlich ein Grundpfeiler unserer Wirtschaftsordnung.“ (ah)