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Exklusiv : Der Bus Euro Test 2024

10.05.2024 13:22 Uhr | Lesezeit: 10 min
BET2024
Jury und Herstellervertreter vor den teilnehmenden Bussen.
© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

Es ging um die Bus-Krone: Die internationale Jury "Bus and Coach of the year" traf sich Anfang Mai in Prag, um in einem harten und fairen Test den "Bus of the year 2025" zu ermitteln.

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Zugelassen zum Bus Euro Test 2024 waren elektrisch angetriebene Solo- und Gelenkbusse. Eingeladen waren alle Hersteller, die entsprechende Fahrzeuge auf dem europäischen Markt bereitstellen. Es traten an Ebusco, MAN, Mercedes-Benz, Solaris und VDL. Und es versprach, ein spannendes Ereignis zu werden, denn die vorgefahrenen Busse bewegten sich alle auf einem äußerst hohen Niveau. Busjournalisten aus 24 Ländern bewerteten die Fahrzeuge nach Kriterien wie Zukunftstauglichkeit, Verarbeitungsqualität, TCO, Fahrbarkeit, Praxistauglichkeit und Innovationspotential. Standen am ersten Tag Bremswegmessungen aus Tempo 60 sowie Beschleunigungsmessfahrten auf dem Programm, ging es an den folgenden beiden Tagen rund um die Stadt Kladno auf die Strecke. Hier musste sich jeder Bus im echten simulierten Einsatz beweisen. Getestet wurde unter anderem die Spiegel- bzw. Kamerasicht, das Verhalten an Haltestellen, die Tauglichkeit, im dichten Verkehr mitschwimmen zu können, das Brems- bzw. Rekuperationsverhalten, das Geräuschniveau im Fahrgastraum auf Schlechtwegstrecken, die Geräuschentwicklung der Antriebe beim Beschleunigen und Verzögern. Hier gab es durchaus signifikante Unterschiede, speziell, was die Motorendämmung und das Frequenzniveau der E-Motoren anging.

Ebusco 3.0

Gleich zwei Leichtbaukonzepte traten an, um zu beweisen, dass gerade bei den energiesensiblen Batteriebussen noch viel Luft in Sachen Effizienz ist. Ebusco schickte seinen 18 Meter langen 3.0 nach Tschechien, dessen Besonderheit die verwendeten Verbundwerkstoffe und die im Fahrzeugboden integrierten Batterien sind. Im Ergebnis kommt der Bus auf ein Leergewicht von gerade einmal knapp 15 Tonnen, was bei einer Batteriekapazität von 500 kWh eine maximale Reichweite von ca.700 Kilometer ergeben soll. Während der Testtage bewegte sich dann auch der Stromverbrauch bei 0,84 kWh, ein durchaus ordentlicher Wert. Allerdings gab es bei dem Fahrzeug auch einige Kritikpunkte. So war auf schlechten Straßen ein deutliches Arbeiten im Bereich der Innenverkleidungen zu vernehmen und auch die elektrische Antriebsachse hätte durchaus noch eine bessere Dämmung vertragen. Optimierungsbedarf besteht auch beim Fahrerarbeitsplatz, der recht knapp bemessen ist. Ebusco setzt beim Fahren auf das sogenannte "One Pedal Driving", was bedeutet, dass der Fahrer seinen Fuß die gesamte Zeit auf dem E-Pedal halten muss. Bereits kleinste Veränderungen der Fußstellung bewirken eine recht starke Verzögerung. Auf Dauer ist das recht anstrengend, vor allem, da man heute weitgehend auf das "Segeln" setzt, das bedeutet, dass ein in Fahrt befindlicher Bus seine Fahrtenergie nutzt, um in Bewegung zu bleiben. Verzögert wird entweder per Rekuperation, die auf dem Bremspedal vorgeschaltet wird oder per Rekuperationshebel, welcher dem Fahrer die bestmögliche Verzögerungstaktik erlaubt. Dennoch ist der Leichtbau-Ebusco 3.0 ein spannendes Konzept, welches nach seiner finalen Überarbeitung (zum Test kam ein Prototyp) sicherlich eine interessante Bereicherung am E-Bus-Markt darstellen kann.

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© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

MAN Lion’s City 12 E LE

MAN zeigt mit dem elektrischen LE, wie sich der Konzern Batteriebusse im Überlandbereich vorstellt. Äußerlich basiert das Fahrzeug auf der immer noch sehr jungen neuen Lion's City-Plattform. Angetrieben wird er vom einem konzerneigenen Zentralmotor im Heck, der über eine Kardanwelle mit der Hinterachse verbunden ist. Der in Prag gezeigt Bus besitzt die Klasse 1-Zulassung, im zweiten Halbjahr 2024 soll auch Klasse 2 folgen. Der Testbus war mit sechs Batteriepaketen ausgerüstet mit einer Kapazität von insgesamt 480 kWh. Geladen wird per Stecker im Depot. Als sehr praxistauglich erwiesen sich die beiden elektrischen Schwenkschiebetüren, die einen zügigen Fahrgastwechsel ermöglichen. Natürlich erfüllt der Bus auch die aktuellen GSR-Anforderungen, dazu gehören ein radarbasierter Abbiegeassistent mit großen LED-Warnfeldern und lauten akustischen Warnsignalen, ein Spurverlassenswarner, eine Spurwechselhilfe und ein Notbremsassistent. 41 Fahrgäste finden im LE sitzend Platz, insgesamt passen 69 Personen in den Bus. Fahren lässt sich der Bus ausgezeichnet. Der moderne und ergonomisch gestaltete Fahrerarbeitsplatz lässt kaum Wünsche offen, die Sicht in die Monitore des kamerabasierten Spiegelsystems ist gut. Allerdings liefert der Rampenspiegel rechts erst ein Bild, wenn der Bus aus Fahrgeschwindigkeit zum Stehen gekommen ist, als Haltestellen-Bordstein-Orientierungshilfe dient er nicht. Da hilft auch der 4-K-Monitor in der Dashboardmitte nicht wirklich weiter, denn der kleine Monitor lenkt den Fahrerblick zu sehr vom Geschehen an der Haltestelle ab. Ausgezeichnet lässt sich mit dem stufenlosen Rekuperationshebel arbeiten, der den Bus sanft, aber wirkungsvoll verzögert. Die Geräuschentwicklung im Fahrgastraum war auch bei hohen Geschwindigkeiten oder starkem Beschleunigen sensationell gering.

MAN Lion’s City 12 E LE
© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

Mercedes-Benz eCitaro fuel cell

Der eCitaro hat sich mittlerweile seinen festen Platz erobern können. Kein Wunder, zählt er doch zu den sehr zuverlässigen Elektrobussen am Markt mit ausgereifter E-Technik, die ausgelegt ist auf ein möglichst effizientes Zusammenspiel sämtlicher Komponenten, um hohe Reichweiten zu erzielen. Wenn das nicht reicht, bietet Mercedes-Benz nun einen Reichweitenverlängerer in Form einer kleinen Brennstoffzelle an. Weshalb der Konzern den Bus nicht als reinen Wasserstoffbus konzipiert hat wird damit erklärt, dass Strom aus dem Netz als Betriebsstoff deutlich günstiger zu haben als grüner Wasserstoff. Die Brennstoffzelle des eCitaro fuel cell dient deshalb nicht als Hauptenergiequelle, sondern lediglich zur Verlängerung der Reichweite. Zudem kann man auf eine bestehende Brennstoffzelle von Toyota zurückgreifen, die sich einfach und ohne große Änderungen des elektrischen Batteriesystems integrieren lässt. Nachteil: Ein Betreiber muss sowohl Wasserstoff- als auch Strom-Ladeinfrastruktur bereit halten. Etwa 400 Kilometer weit soll man mit diesem Bus fahren können, bis ein Nachladen erforderlich ist. Die Brennstoffzelle leistet 60 kW und soll eine Lebensdauer von 40.000 Stunden haben. Drei Batteriepakete mit zusammen 294 kWh Kapazität bilden den Hauptenergiespeicher.

Den Antrieb bildet die Niederflur-Portalachse ZF AVE 130 mit radnabennahen Motoren. Sie leisten pro Rad maximal 125 kW und erreichen ein Drehmoment von 485 Nm. Auch hier gilt: Sehr geringe Geräuschentwicklung in allen Fahrbereichen. Der Testbus war mit einem mechanischen Rekuperationshebel ausgerüstet, der eine feinstufige Bremswirkung ermöglicht. Als einziger Bus im Testfeld kam der eCitaro fuel cell mit konventionellen Spiegel vorgefahren, mit dem Ergebnis, dass sich Stand heute damit immer noch die beste Übersichtlichkeit ergibt. Intuitiv schaut man beim Einfahren an einen hohen Haltestellenboard in den rechten Rampenspiegel, der ein klares und großes Spiegelbild liefert. Kein einziger Mirror-Cam-Wettbewerber lieferte ein so gutes Bild.

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© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

Solaris Urbino 18 Hydrogen

Eine echte Ansage war der 18 Meter lange Gelenkbus von Solaris. Denn eindrucksvoll zeigte der polnische Bushersteller, wie gut er mittlerweile mit der Brennstoffzellentechnik umgehen kann. 2022 kam der Wasserstoffgelenkbus auf den Markt und erobert seitdem die europäischen Städte. Bis zu 140 Fahrgäste können befördert werden, davon bis zu 88 sitzend. Vier elektrisch angetriebene Türen erlauben auch hier einen zügigen Fahrgastaustausch, im Inneren dominieren viele moderne Ideen wie eine Türbesetzt oder -freianzeige. 240 kW leistet der Zentralmotor von Medcom, der per Kardanwelle die dritte Achse antreibt. Satte 2.222 Nm kurzfristig zur Verfügung stehendes maximales Drehmoment erlauben ausgezeichnete Beschleunigungswerte. Herzstück des Busses ist die Brennstoffzelle von Ballard mit einer Nennleistung von 100 kW. Auch sie überzeugt mit einer langen Lebensdauer von über 30.000 Betriebsstunden. Insgesamt acht Wasserstofftanks vom Typ IV fassen 2.142 Liter bzw. 51,2 Kilogramm H2. Der Betriebsdruck beträgt dann 350 bar. Während des Betriebes war immer wieder das Arbeiten der Brennstoffzelle zu erleben durch den sichtbaren Ausstoß von reinem Wasserdampf. Lediglich 60 kWh beträgt die Kapazität der kleinen LTO-Pufferbatterie. Zwar lässt sie sich extern laden, doch das ist normalerweise nicht notwendig, sie erhält ihre Energie entweder durch die Rekuperationsphasen oder durch die Brennstoffzelle, wenn Bedarf besteht. Der Wasserstoff-Tankvorgang dauert übrigens maximal 20 Minuten, in der Regel jedoch kaum mehr als zehn Minuten, da die Tanks selten komplett leer gefahren werden, die Reichweite beträgt nämlich 600 Kilometer. Fahren lässt sich der Bus absolut überzeugend. Statt dem volldigitalen Dashboard war das eher konventionell gehaltene an den VDV-Standard angelehnte Dashboard verbaut. Das digitale Zentraldisplay zählte zu den besten im Testfeld, es liefert wenige, wichtige und dabei klare Informationen. Der Bus verfügte über keinen Rekuperationshebel, dennoch ist "Segeln" als Fahrmodus einprogrammiert, womit sich gut arbeiten lässt. Insgesamt überzeugt der Bus technisch, optisch und auch innovationstechnisch. Aber: Erlaubt sein muss die Frage, woher tastsächlich in naher oder ferner Zukunft ausreichend grüner Wasserstoff für den Verkehrssektor kommen soll.

Solaris
© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

VDL Citea LE-122

Ein wahres Feuerwerk an Neuheiten lieferte der brandneue vollelektrische Citea. Zum ersten Mal gezeigt wurde zudem die LE-Variante des Busses, der komplett von Grund auf neu entwickelt wurde. Auch hier handelt es sich um einen Leichtbaubus, dessen Batterien sich zu einem großen Teil im Boden befinden. Das sorgt für einen tiefen Schwerpunkt, was die Sicherheit erhöht. Laut VDL lassen sich bei Bedarf einzelne Batterieelemente einfach tauschen. Der Bus überzeugt nicht nur durch seine sehr moderne Formensprache mit zahrleichen praktischen Details wie windoptimierte Radhausverkleidungen sondern auch durch einen Fahrgastraum, der durchaus einen Schritt weiter gedacht wurde. Wer sehen möchte, wie moderner ÖPNV funktioniert, der sollte sich einmal in den neuen Citea begeben. Das Ambiente wirkt wohnlich, sachlich, verspielt und vor allem sehr offen und hell. Verschiedenfarbige Lichtleisten führen die Passagiere unmerklich an die ihnen genehmen Plätze, leichte, strapazierfähige Materialien sorgen für eine hohe Belastungsfestigkeit. Ein kleiner Wermutstropfen wird von einigen Jurymitgliedern beim Thema Innenreinigung gesehen, da wirklich viele Ecken, Kanten und Sicken beachtet werden müssen. Der Fahrerarbeitsplatz kann als sensationell bezeichnet werden, um den Fahrer herum wurde ein sehr modernes Cockpit im Pkw- bzw. Automotiv-Style konstruiert. Den Antrieb liefert beim LE  das ZF CeTrax, das ist ein Zentralmotor. Der Testbus könnte zwar im Heckbereich noch ein wenig Geräuschdämmung vertragen, doch insgesamt arbeitet der Antrieb ausgezeichnet.

VDL
© Foto: Sascha Böhnke

Das Busdach als Platz für die E-Technik

Recht eindrucksvoll zeigt dieses Foto, wie der Platz auf den Stadtbusdächern mittlerweile benötigt wird. Brennstoffzellentanks, Batteriepakete, Klimaanlagen-Wärmepumpen, Brennstoffzelle, Heiz- und Kühlsysteme für die Brennstoff-, Antriebs- und Batterietechnik brauchen ihren Platz

dach
© Foto: OMNIBUSREVUE/Sascha Böhnke

Zu guter Letzt

Testredakteur Sascha Böhnke während der Bremswegmessungen. Bei starkem Regen montiert er die GPS-Antenne der Driftbox, einem Messgerät aus dem Rennsport, welches mit einer Frequenz von 10 Hertz taktet. Die Antenne benötigt stets freie Sicht zum Himmel und muss auf dem Fahrzeugdach montiert werden. Leiter, Klebeband und viele Trockentücher waren notwendig, um die Dächer für das Ankleben der Antenne vorzubereiten. Eigentlich verfügt die Antenne über einen starken Magneten, doch in Zeiten von Leichtbau findet man heute auf keinem Busdach im Bereich der Front noch Metall.

Wer denn nun am Ende den Sieg davon getragen hat, das wird Anfang September kurz vor der IAA in Hannover bekannt gegeben. Also bleiben Sie schön neugierig!

Montage
© Foto: Rahel Cathomas
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