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Coach Euro Test 2009

24.08.2009 10:31 Uhr
© Foto: OMNIBUSREVUE

Vive la France – Es lebe der Bus! Das diesjährige Treffen der Reise-Meister stand unter französischer Federführung. Nördlich von Paris traten fünf Hersteller an, um von einer internationalen Jury den „Coach of the Year 2010“ küren zu lassen. Das Event zeugte wieder von der ungeheuren Kreativität in der Branche.

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Die fünf Reisebusse hätten kaum unterschiedlicher sein können. Dabei hatten die Fahrzeuge von Carrozzeria Barbi, Mercedes-Benz, Neoplan, Plaxton und Van Hool auf den ersten Blick so manche Gemeinsamkeit. Und so schien es im Vorfeld, der diesjährige Coach Euro Test würde den Jury-Teilnehmern so manch harte Nuss bei der Entscheidungsfindung vorlegen. Schließlich handelt es sich nicht um einen Vergleichstest, sondern um die Wahl zum Coach of the Year. Dass da unterschiedliche Konzepte aufeinandertreffen würden, ist programmiert und auch beabsichtigt. So wenig die Erde eine Scheibe, ist der Reisebus eine uniforme Angelegenheit. Ob Club-Bus, behindertengerecht ausgestattetes Fahrzeug, Luxus-Coach oder Spezialanwendung – am Ende zählten die Praxistauglichkeit für die jeweilige Verwendung, die verbauten Innovationen, die qualitative Gesamtausführung und natürlich das gesamtwirtschaftliche Paket. Blender haben keine Chance, genauso wenig wie nicht konsequent durchdachte Konzepte. Denn die Jury besteht aus erfahrenen europäischen Fachjournalisten der Busbranche, die zum einen natürlich die eigenen länderspezifischen Anforderungen vertreten und kritisch beurteilen, zum anderen aber als internationale Fachgemeinschaft Maßstäbe in Sachen Kompetenzbündelung setzen. Das hat sich mittlerweile auch bei den ­Herstellern und Aufbauern herumgesprochen, die entsprechend gut vorbereitet nach Senlis mit ihren Fahrzeugen kamen. Barbi, ein italienischer Aufbauer, schickte den Maestro, einen zehn Meter langen Bus, der seine Stärken bei kleinen Gruppengrößen ausspielt. Mercedes-Benz war mit seinem runderneuerten Travego vertreten und nahm damit übrigens zum ersten Mal überhaupt mit diesem Fahrzeug am Coach Euro Test teil. MAN fuhr mit dem Neoplan Cityliner in der zweiten Generation vor. Der süddeutsche Hersteller führte mit diesem Bus reisetaugliche Innovationen vom Feinsten vor. Plaxton, ein großer britischer Hersteller mit über 100-jähriger Tradition, kam mit dem Elite, einem Luxusreisebus auf das europäische Festland und Van Hool, ein weiterer Altmeister der Branche, schickte den Altano, einen der ganz wenigen Busse, die es noch mit einem Unterflurcockpit gibt, nach Frankreich. Dass es am Ende aber doch einen recht klaren Sieger geben würde, hätte wohl niemand erwartet.

Coach Euro Test 2009

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Barbi Maestro HD: Italienischer Tatendrang

Über Barbi hat die OMNIBUSREVUE bereits häufiger berichtet. Der Grund war hauptsächlich das Bestreben des italienischen Edel-Aufbauers, in Deutschland mit seinen Fahrzeugen der Maestro-Reihe Fuß zu fassen. Noch nehmen sich die Verkaufserfolge hierzulande eher bescheiden aus, doch bekanntlich ist aller Anfang nicht einfach. Das gilt auch für die Teilnahme am Coach Euro Test. Zwar stimmte das Gesamtpaket, doch gerade im Detail hätten die erfahrenen Aufbauer noch stärker punkten können. Der ­Maestro ist ein Bus, in dem sowohl das Chassis als auch die Maschine von Volvo stammen. Eine grundsolide Basis also, um die Barbi ein ebenso grundsolides Fahrzeug entwickelt hat. Besonders die zahlreichen Einzellösungen können gefallen. So befinden sich beispielsweise die Dichtungen der Kofferraumklappen nicht am Fahrzeug, sondern sind an den Klappen selbst befestigt. Das ist eine äußerst interessante Lösung vor dem Hintergrund einer geringeren Korrosionsanfälligkeit. Eine große Rolle spielt das Thema Qualität bei den Italienern. Kein Klappern auf schlechten Straßen, gleichmäßige Spaltmaße und auch rund um das Cockpit wurde sauber gearbeitet. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich schade, wenn einzelne Punkte nicht so optimal umgesetzt werden. Das gilt beispielsweise für die manuelle Schaltung. Ein automatisiertes Getriebe ist auf Grund fehlenden Bauraumes für den kurzen Maestro nicht erhältlich. An sich kein Problem, doch so sucht man einen ergonomisch günstigen Joystick-Hebel vergeblich und die Position des langen Hebel weit hinten und eng am Sitz muss als unglücklich bezeichnet werden. Das kann Barbi durchaus auch besser, wie beim Maestro in 12-m-Ausführung bewiesen. Die Bremswerte lagen im Mittelfeld, schade, dass noch kein ESP verbaut wurde. Das würde gerade einem Bus mit kurzen Radstand guttun. Keine Überraschungen im Fahrgastraum. Dieser verfügt mit seiner in der Podestküche verbauten Lavazza-Espressomaschine und einem Kühlschrank zwischen den vorderen Sitzen über so manch sehenswertes Highlight. Prinzipiell mutet der Innenraum eher konventionell an. Der schicke Außeneindruck kann innen nicht komplett gehalten werden. Insgesamt ist der Maestro HD ein Bus, der dem Unternehmer ein wirklich ehrliches Arbeitsmittel ist, der aber ein wenig das innovative i-Tüpfelchen vermissen lässt. Man kann ist mit dem Maestro HD gut bedient und kann wenig falsch machen, Alternativen auf dem Markt könnten ihm aber das Leben schwer machen.
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Neoplan Cityliner: Ein guter Jahrgang

Nun gibt es auch den Cityliner 2 bereits seit einiger Zeit, doch mit dem am Coach Euro Test teilnehmenden Fahrzeug hat Neoplan den Bus noch einmal mehr als deutlich aufgewertet. So schlägt nun im Heck ein extrem sauberes Herz, ein 12-l-Sechszylinder in EEV-Abgasnorm, der stolze 353 kW leistet. Damit war der Cityliner nicht nur der stärkste Bus im Teilnehmerfeld, was sich auch beim Sprintverhalten positiv niederschlug, er war auch der sauberste. Fahren lässt sich die ultimative Reisemaschine 1-a! Selten kann man in einem Reisebus eine derart gelungene Symbiose von Chassis, Aufbau und Straßenverhalten erleben. Der Bus schmiegt sich förmlich an die Fahrbahn. Dabei spielt der Untergrund keine Rolle. Die extrem leichtgängige Lenkung bietet den ultimativen Kontakt zur Außenwelt und das Getriebe mit der passenden Schaltung, die neue MAN TipMatic Coach – es handelt sich hier um eine komplett überarbeitete ZF-AS-­Tronic – zeigt eindrucksvoll, wozu ein automatisiertes Schaltgetriebe, wenn es perfekt angepasst ist, fähig ist. Chapeau! Der Innenraum strahlt die Eleganz und Professionalität eines Fernreisebusses aus. Zwar geht alles immer noch einen Tick besser – siehe Neoplan Starliner – doch der Cityliner will ja auch bezahlbar bleiben. Unter diesem Aspekt wirkt der Fahrgastraum geradezu perfekt. Angemerkt sei auch: In Bussen dieser Preisklasse und von diesem Anspruch ist es immer schön, wenn auch Kleinigkeiten wie die Servicesets eine individuelle Handschrift erkennen lassen und man nicht zum x-ten Mal die gleiche Licht-Luft-Kombination, wie bereits in zig anderen Bussen gesehen, vorfindet. Nicht ganz so optimal ist der Fahrerarbeitsplatz. Es sind einige Kleinigkeiten, die stören. Zum einen die Taster, die nach wie vor ­etwas länger gedrückt werden müssen, um eine Reaktion hervorzurufen. Zum anderen sind die Schalter allesamt einen Tick zu klein und zu gleichförmig. Doch hier kommt eine Änderung: In Kortrijk will Neoplan ein komplett neues Cockpit präsentieren. Wir freuen uns darauf!
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Plaxton Elite: Britischer Hingucker

Plaxton? Nie gehört. So dürfte hierzulande wohl so mancher Unternehmer reagieren, wenn er den Elite zum ersten Mal zu Gesicht bekommt. Dabei ist der Brite kein Unbekannter, ein Nobody schon gar nicht. Denn der Aufbauer kann auf eine über 100-jährige Tradition im Busbusiness zurückblicken. Allerdings hauptsächlich im rechtsgelenkten Großbritannien. Mit dem Elite hat Plaxton einen Reisebus für die gehobenen Ansprüche auf die Räder gestellt. Ein wahres Supertalent, denn mit dem Fahrzeug sollen möglichst viele Begehrlichkeiten befriedigt werden. Da wäre zum einen die Basis: Volvo B12R bietet schon einmal einen ausgezeichneten Grundstock, auf den es sich hervorragend aufbauen lässt. Und das haben die Briten denn auch getan. Das Äußere ist ein echter Hingucker, von dem man kaum den Blick wenden möchte. Wie eine Welle zieht sich die rundgestreckte Kontur von vorn nach hinten. Mit dem passenden Kunden-Layout versehen wird es auch den eher konventionell angehauchten deutschen Unternehmern gefallen können. Ob diese allerdings in naher Zukunft in den Genuss des Elite kommen, steht noch nicht fest, hier will Plaxton erst einmal die grundsätzlichen ­Reaktionen auf den Bus abwarten. Zahlreiche Detaillösungen haben der Jury extrem gut gefallen. Dazu zählt beispielsweise die superbreite Einstiegstür vorn. Niedrige Stufen, jede Menge Platz – hier wird nie ein Gefühl von Enge aufkommen. Natürlich ist der Bus rollstuhlgeeignet. Die erste Sitzreihe kann umgebaut werden, auch wenn das ein wenig umständlich vonstatten geht. Für den Fahrer gibt es kaum Verbesserungswünsche. Die Rundumsicht ist wirklich ausgezeichnet, die Scania-I-Shift-Schaltung arbeitet sehr gut und die Bedienelemente schmiegen sich alle um den „Driver“. Sehr interessant auch die im Heck verbaute Stehküche in Kombina­tion mit einem großen WC. Die Komponenten machen allesamt den Eindruck, als würden sie auch noch nach vielen Jahren „on the road“ gut funktionieren. Lediglich die graue Farbe der Teile ist gewöhnungsbedürftig.
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Mercedes-Benz Travego M: Gründliche Sicherheit

Es war die spannende Frage: Wie würde der Mercedes-Benz Travego bei der international besetzten Jury ankommen? Schließlich ist sein Äußeres nicht auf „Show“ programmiert, sondern versprüht eher typisch deutsches Understatement. Das macht aber nichts, ein Blender war die Marke mit dem Stern noch nie. Eher ein von Grund auf ehrlicher Hersteller. Nach dem Motto: Lieber spät als unausgereift war es dann auch Premiere für einen Travego beim Coach Euro Test. Und dieses Roll-out hatte es in sich. Denn so viel Sicherheit hatte kein anderer Teilnehmer mit an Bord. Ein kurzer Einblick: EBS, ESP natürlich, ein Bremsassistent, ein Notbremsassistent, der bei Gefahr den Bus selbsttätig zum Stillstand bringt, ein Dauerbremslimiter, der Abstandsregeltempomat, ein Fahrspur­assistent, Kurvenlicht, Xenon-Scheinwerfer, Front-Collision-Guard – eine Art Unterfahrschutz in Verbindung mit einem verschiebbaren Crashelement zum Schutz von Fahrer und Beifahrer, Rückfahrkamera, eine ausgezeichnete Rundumsicht und so weiter und so weiter. Übertrieben? ­Keineswegs. Denn Sicherheit kann es nie genug geben. Gerade im sensiblen Personentransport sollten die Maßstäbe, die Daimler im Busbereich setzt, die Messlatte für andere sein. Wobei natürlich klar ist, dass der Konzern im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern und Aufbauern auch über die nötigen Gelder und Entwicklungsabteilungen verfügt. Ein weiteres Highlight beim neuen Travego ist sein Getriebe. Das GO 240/8 Powershift, ein automatisiertes Achtgang-Getriebe, dürfte den Busgetriebemarkt kräftig in Aufruhr gebracht haben. Kein Wunder, schließlich funktioniert es auch ausgesprochen gut. Und zwar in allen Bereichen und unter allen Umständen. Die OMNIBUSREVUE hat in vergangenen Ausgaben bereits ausführlich über Powershift berichtet. Kurz gesagt fährt mit dem aktuellen Travego ein Reisebus vor, der dem Unternehmer für sein – nicht geringes – Geld einen sehr fairen Gegenwert liefert.
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Van Hool Altano 916: Traditionelle Besonderheit

Mit dem TD 920 Altano schickte Van Hool einen Bus ins Rennen, dessen Konzept rar geworden ist: Ein Hochdeckerbus, bei dem die Fahrgäste den Innenraum komplett von vorn bis hinten für sich haben. Fahrer und Beifahrer sitzen unten drunter. Unterflur-Cockpit heißt die Lösung. Das ist gut für die Passagiere aber weniger toll für den Fahrer, der sich mangels eigener Tür umständlich zu seinem Sitz durchhangeln muss. Im konkreten Fall war zudem noch eine Doppelsitzbank neben dem Fahrerplatz verbaut, dann wird’s doppelt nervig. Gut gelöst ist die Möglichkeit, einen Rollstuhl in der ersten unteren Reihe zu befestigen. Wer solch eine Spezialanwendung benötigt, ist mit dem Niederflur-Frontbereich bestens bedient; auf eine Hebebühne kann verzichtet werden. Fahren lässt sich der Van Hool Altano gewohnt gut. Obwohl noch kein ESP vorhanden ist, bleibt der Bus stets sicher in der Spur. Eine spezielle Anordnung von längs verlaufenden Blattfedern sorgt zusätzlich zum sehr steifen Aufbau für Stabilität. Der Paccar-DAF-Motor ist ein leistungsstarkes, zuverlässiges Aggregat, dass zum Test in Euro-5-Abgasnorm antrat. Schade ist die Unübersichtlichkeit im Cockpitbereich. Hier wurden die Bedien­elemente und die separaten Geräte wie Radio, Fahrtenschreiber et cetera auf weiter Flur verstreut verbaut. Die Rundumsicht jedoch geht in Ordnung, Kameras leuchten so gut wie jeden Bereich außerhalb des Fahrzeuges aus. Die Stehküche befindet sich im Heck und lässt sich außerordentlich gut bedienen. Das gilt leider nicht für den Einstieg ins WC, der zu klein und zu steil ausfällt. Dafür stimmt die Verarbeitung des gesam­ten Innenraums. Klappen vor den Gepäckablagen bringen Schutz vor herabfallenden Gegenständen. Insgesamt ist der Altano ein Bus, mit dem sich trotz seines stolzen Preises hervor­ragend arbeiten lässt, der aber durchaus einen Tick an innovativer Entwicklungsfreude vertragen könnte.
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