Man sieht diesem Bus seine Länge an. Gestreckt wie eine im Sprung befindliche Raubkatze fährt der Setra S 519 HD am Testgelände vor. Ein Blick zwischen die ersten beiden Achsen verspricht zudem Spannung im Handling-Parcours. Denn über sieben Meter Radstand wollen erst einmal beherrscht werden. Dazu kommt ein hinterer Überhang von satten 3,30 Metern, den sollte man bei Abbiegemanövern in Engstellen besser im Kopf behalten, um unliebsame Begegnungen der teuren Art zu vermeiden.
Ansonsten ist es zumindest optisch eine ganz normale ComcortClass. Allerdings fällt bei genauer Betrachtung das Segment direkt hinter der dritten Achse auf, hier befindet sich eine üppig bemessene Klappe direkt vor dem rechten Lüftungsgitter. Das ist auch kein Zufall, denn hier wurde in der Gerippestruktur Platz geschaffen für einen Heckeinstieg. Damit vergrößert sich dann das Kofferraumvolumen, das beim aktuellen Testfahrzeug 12,4 Kubikmeter abzüglich 1,2 Kubikmeter für das Bord-WC beträgt. Wird die Fahrerschlafkabine genutzt, fehlen noch einmal 1,6 Kubikmeter. Damit dürfte es dann schon ein wenig eng zugehen beim Beladevorgang, zumindest dann, wenn die maximale Fahrgastplatzkapazität von 71 Sitzplätzen genutzt wird. Doch das ist ohnehin nicht unbedingt anzuraten, wenn man es sich nicht mit seinen Passagieren verscherzen will und im präferierten Fernbus-Einsatz gelten ohnehin andere, komfortablere Sitzabstände. Das Fernbus-Segment scheint ohnehin eines der geeigneten Einsatzgebiete für diesen Bus zu sein, denn der spielt seine Stärken weniger in Städten oder auf kurvenreichen Landstraßen als vielmehr auf der Autobahn aus. Er scheint der perfekte Kandidat zu sein, wenn es darum geht, möglichst viele Menschen möglichst wirtschaftlich über weite Strecken zu befördern. Und wirtschaftlich bedeutet in diesem Fall: Der Kaufpreis liegt mit von Setra angegebenen 415.000 Euro netto deutlich unter dem eines Doppeldeckers, der auch nicht wesentlich mehr Fahrgäste befördern kann. Und in Sachen Autobahn-Verbrauch braucht sich der auf 21,5 Tonnen ausgeladene Bus nicht zu verstecken.
Durchschnittlich 20 Liter auf 100 Kilometer sind mehr als ordentlich. An dieser Stelle lohnt ein Blick auf die Kraftstrang-Konfiguration. Im Testbus war der große OM 471 verbaut, allerdings nicht in der stärksten Leistungsklasse. Er kam auf „nur“ 350 kW, was 476 PS bei einem maximalen Drehmoment von 2.300 Nm entspricht. Mehr gibt es nicht für einen Bus der ComfortClass. Wer es stärker will, muss zur TopClass greifen. Standardmäßig jedoch ist der etwas kleinere OM 470 in Verbindung mit dem manuellen Schaltgetriebe GO 210 vorgesehen. Um das gesamte Sparpotenzial nutzen zu können, lohnt sich jedoch die Investition, zumal das automatisierte Schaltgetriebe Powershift GO 250-8 acht Gänge bietet, die beim Testbus auch mehr als notwendig erscheinen. Bereits beim allerersten Anfahren spürt man die 21,5 Tonnen, für einen Setra eher ungewohnt, setzt sich der Bus recht behäbig in Bewegung. Doch wenn er in der Ebene erst einmal rollt, dann rollt er. Im Berliner und Dresdener Stadtverkehr fährt sich der Bus absolut unauffällig, die ständigen Stopp- und Go-Phasen treiben den Verbrauch nicht ungewöhnlich in die Höhe. Anders verhält sich das auf der bergigen Landstraße. Stellenweise schleppt sich der Bus recht quälend über Steigungen, jeden Gang bis zum Limit ausreizend. Der Unterschied zu einem Drehmoment von 2.500 Nm kann schon beeindruckend ausfallen. Dazu kommt ein gemessener Durchschnittsverbrauch von rund 45 Litern/100 km, das ist ebenfalls beeindruckend.
Der 15-Meter-Lulatsch: Setra S 519 HD
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Das Handling des Busses
Doch wie bereits erwähnt, solche Gebiete sollen und werden nie die Haupteinsatzgebiete eines solchen Spezialisten sein. Auf Fernstraßen kommt zudem noch der intelligente Tempomat PPC (Predictive Powertrain Control) zum Einsatz, der den Verbrauch noch einmal um bis zu vier Prozent senken kann. Natürlich hatte der Testbus sämtliche bei Setra derzeit erhältlichen Sicherheits- und Assistenzsysteme an Bord, dazu zählen der Front Collison Guard, der Bremsassistent, der Active Brake Assist 3, der auch stehende Hindernisse erkennt, und eine Reifendruckkontrolle. In Sachen Handling ist der S 519 HD ein Traum. Drei Achsen und ein enormer Radstand von 7,14 Metern halten den Bus so sicher auf der Fahrbahn, als sei der Bus angetackert. Der Geradeauslauf ist spektakulär, lediglich die Lenkung könnte ein wenig leichtgängiger sein. Möglich, dass das auch der Tatsache geschuldet ist, dass sich der Dieseltank vor der Vorderachse befindet. Voll wiegt der immerhin eine gute halbe Tonne. Dem Handling tut das jedoch keinen Abbruch. Die Pylonengasse war erstaunlich einfach zu durchfahren. Wer den Achsabstand beachtet, kommt gut durch. Das gilt übrigens auch für Kurven oder bei Abbiegemanövern. Das ist aber auch kein Wunder, schließlich muss sich jedes Fahrzeug in einem gesetzlich definierten Rahmen bewegen können. Was auf jeden Fall hilfreich ist, wenn es eng wird bzw. wirkt, ist eine gute Rundumsicht. Und die ist beim S 519 HD auf jeden Fall gegeben. Die Außenspiegel bieten ein gewohnt gutes Abbild, zusätzlich gibt es serienmäßig links und rechts Rampenspiegel, so lässt sich auch der letzte Zentimeter gut nutzen. Eine gute Figur machte der Bus auch auf der Lkw-Kreisbahn. Bis knapp Tempo 40 ließ sich das Fahrzeug auf der nassen Fläche beschleunigen, dann begann die ESP-Regelung. Durch gezielte Motor Steuerung hält der Bus eine konstante Geschwindigkeit. Was auffällt, ist die Schräglage bei dieser Geschwindigkeit. Dennoch kann die Federungsabstimmung als gelungen bezeichnet werden. Wie gut ein Bus ist, zeigt sich nicht zuletzt auch bei Dunkelheit. Auch hier braucht der S 519 HD sein Licht sprichwörtlich nicht unter den Scheffel zu stellen. Er besitzt alles, was lichttechnisch derzeit beim Nutzfahrzeug machbar ist. Das wären zum einen die LED-Abblend- und Fernscheinwerfer. Die sind nicht unbedingt heller als Xenon-Leuchten, dafür bieten sie aber eine bessere Ausleuchtung, eine längere Lebensdauer und eine Tageslichtähnlichere Lichtfarbe. Beim Rückwärts-Rangieren helfen zwei Strahler, die vor der Hinterachse angebracht sind. Und wirklich super ist die Umfeld-Beleuchtung - das sind insgesamt acht LED-Strahler, in Dachhöhe angebracht. Aber leider, leider sind die nur in Betrieb, wenn der Bus steht und mindestens eine Tür geöffnet ist. Gut, das hilft dann in dunklen Bereichen den Fahrgästen beim Kofferentladen, ist aber für das Rangieren in dunklen Gebieten nicht hilfreich, da nicht in Funktion. Ja, das will der Gesetzgeber so, doch es widerspricht in jeglicher Hinsicht dem gesunden Menschenverstand, dass solche Hilfen nicht mal im Schritttempo offiziell genutzt werden können.![](https://cdn.omnibusrevue.de/thumb_690x389/fm/3335/muss10.14540966.jpg)