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Generationswechsel im Unternehmen: So gelingt die Nachfolge

27.09.2023 09:30 Uhr | Lesezeit: 5 min
Staffelwechsel im Büro
Staffelwechsel: Wenn die Kinder an die Stelle ihrer Eltern treten, haben sie oft ihre eigenen Vorstellungen davon, wie sie das Busunternehmen weiterführen wollen.  Darüber wird dann häufig gestritten
© Foto: AndreyPopov/Getty Images Plus/iStock

Wenn die erwachsenen und gut ausgebildeten Kinder den Busbetrieb ihrer Eltern übernehmen, sind die Konflikte vorprogrammiert. Denn die nachfolgende Generation hat regelmäßig andere Vorstellungen davon, wie sie das Unternehmen weiterführen will. Die größten Probleme bei der und wie der Betriebsübergang harmonisch gestaltet werden kann: 10 Tipps für die Nachfolge.

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Ob Digitalisierung des Busbetriebs, eine moderne Personalführung, die dem Fahrer- und Fachkräftemangel besser gerecht wird, oder eine Work-Life-Balance auch für die Geschäftsführung, die zu einer 60-Stunden-Woche nicht mehr bereit ist: Wenn die nachfolgende Generation das Busunternehmen ihrer Eltern übernehmen will, gibt es viele Quellen für Streit und Meinungsverschiedenheiten. 60 bis 70 Prozent der Nachfolgen in Deutschland scheitern, sagt sie Anna Lisa Selter, die mit ihrem Unternehmen „Die nächsten 100 Jahre“ Mittelständler bei der Nachfolge berät.

Das sind 10 häufige Ursachen und so lassen sie sich lösen:

1. Die Überzeugung: Das haben wir schon immer mit Erfolg so gemacht

Die neue Generation hat viele Ideen und will frischen Wind in den traditionsreichen Familienbetrieb bringen. Die alte Generation, die den Betrieb übergeben möchte, hat aber Schwierigkeiten sich an neue Gegebenheiten anzupassen, weil sie mehrere Jahrzehnte lang vieles anders gemacht hat, und das ja auch durchaus erfolgreich. Doch Anna Lisa Selter sagt entschieden: „Wenn die neue Generation reinkommt, muss sie neue Impulse bringen, weil die Rahmenbedingungen von außen sich ununterbrochen ändern“, sagt Selter. Die neue Generation muss in der Lage sein, dem Unternehmen eine „Frischzellenkur“ zu ermöglichen. „Wenn Nachfolger reinkommen, muss irgendwann der Weg frei gemacht werden, dass sie agieren können“, sagt sie.

2. Der Nachfolge wird keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet

Für Anna Lisa Selter die größte Falle, in die Familienunternehmen tappen können. Nur weil sich Eltern und Kinder gut verstehen und das Familien-Miteinander immer gut funktioniert hat, wird laut Selter automatisch davon ausgegangen, dass sie auch die Nachfolge reibungslos hinbekommen. Deswegen soll sie nebenher passieren.

In den meisten Fällen kämen die Kinder ins Unternehmen, ohne dass es eine richtige Planung für deren Einstieg gebe. Diese ist für eine erfolgreiche Nachfolge aber unerlässlich. Es muss allen Beteiligen klar sein, was die nächste Generation für ihre Aufgabe noch lernen muss, auch deren Position und Rolle muss klar definiert werden – am besten mit einem Zeitplan.

3. Es wird zu wenig über Geld gesprochen

Das  ist für Selter der zweite große Fehler. „Ich kenne ganz viele Nachfolgen, bei denen die Kinder auch nach Jahren im Unternehmen noch nie bei Bilanzgesprächen waren, noch nie eine BWA gesehen haben und das Thema Finanzen immer so als Blackbox gesehen wird, etwas, worüber das man halt nicht spricht.“  Selter sieht den Grund dafür auch hier im Wertesystem Familie: Der Patriarch kümmert sich um alles, hat alles im Griff – die anderen Familienmitglieder müssen sich keine Sorgen machen. Ein fataler Fehler.

Dabei ist es wichtig, dass sich Nachfolger auch mit den Finanzen des Unternehmens beschäftigen und den Unternehmenswert kennen. Dazu gehören auch die folgenden zwei Tabus:

4. Die Schwierigkeit, das Gehalt der Kinder zu verhandeln oder über die Altersvorsorge der Eltern zu sprechen

In einer Familie wird mit einer anderen Währung bezahlt als in der Wirtschaft: Liebe und Anerkennung bekommen die Kinder von ihren Eltern. Nun sollen die erwachsenen Kinder plötzlich ihren Lebensunterhalt im Familienunternehmen verdienen. Was steht ihnen angesichts ihrer Qualifikation und Berufserfahrung zu - auch im Vergleich zu anderen langjährigen Mitarbeitern im Betrieb? Darüber muss ebenso offen ohne Tabus gesprochen werden wie über die Altersvorsorge der Eltern, die womöglich noch nicht komplett gesichert ist.

Eine Lösung für die Altersvorsorge der alten Generation kann im Nachfolgeprozess ein Teilkauf des Unternehmens durch die Kinder darstellen. Für mögliche Kredite, aber auch für die Beratung zur Nachfolge empfiehlt Selter, Fördermittel zu nutzen. „Es gibt gute Förderkredite für Nachfolgekäufe innerhalb der Familie“, sagt Selter, zum Beispiel über die KfW-Bank oder auch länderspezifische Angebote.

Nachfolge-Beraterin Anna Lisa Selter
Die Expertin: Anna Lisa Selter berät mit ihrem Unternehmen „Die nächsten 100 Jahre“ Mittelständler bei der Nachfolge 
© Foto: Die nächsten 100 Jahre - Nachfolgeberatung

5. Erwartungshaltungen in der Familie werden auf das Unternehmen übertragen

Konflikte sind auch vorprogrammiert, wenn die Kinder davon ausgehen, dass sie automatisch in die Geschäftsführung kommen. Laut Selter gibt viele Beispiele dafür, dass manche aufgrund der Familienangehörigkeit in Positionen gekommen sind, für die sie gar nicht qualifiziert waren. „Für das Unternehmen ist das schwierig, weil eine Besetzung von Positionen aufgrund von Familienzugehörigkeit das komplette Regelwerk, mit dem das Unternehmen funktioniert, zerschießt“, sagt sie. Kinder müssen sich die Qualifikation für die Geschäftsführung aber erst erarbeiten – durch Erfahrungen in einem anderen Unternehmen und durch Ausübung anderer Funktionen im Familienbetrieb.

6. Die patriarchischen Strukturen der Familie dominieren auch die Firma

Der Vater und Firmeninhaber gibt die Richtung vor, sowohl privat als auch in der Firma. Doch im Betrieb sollten Entscheidungen und Prozesse der Unternehmenslogik - und nicht der Familienlogik - folgen. Und es sollten diejenigen Mitarbeiter entscheiden, die die Expertise dafür haben und speziell dafür eingestellt wurden. Gibt es dieses Phänomen in einer Firma, resultiert allzu häufig auch das nächste Problem in der Nachfolge daraus:

7. Der scheidende Senior-Chef/ die scheidende Senior-Chefin kann nicht loslassen

Wichtig, damit die Elterngeneration loslassen kann und nicht in ein Loch fällt, ist gleichzeitig eine Planung des Lebens danach. Was wollten die Eltern schon immer mal gemacht haben, wofür die Zeit nie gereicht hat? Die Enkelkinder betreuen, ein Seniorenstudium beginnen, ein Ehrenamt übernehmen? Oder endlich mal Traumreisen für sich selbst planen, nachdem man Jahrzehntelang für Kunden Busreisen organisiert hat? Anna Lisa Selter spricht immer von diesem einen ersten Montag, wo man morgens aufsteht und nicht ins Unternehmen geht. Da müsse klar sein, was der ehemalige Firmenchef oder die ehemalige Chefin machen möchte. Wenn es diesen Plan nicht gibt, geht das oft mit diesem Problem einher:

8. Es gibt keinen genauen Fahrplan für die Nachfolge

Wenn die Senioren keinen Plan für die Zeit nach ihrem Ausscheiden haben, dann gibt es auch meist kein konkretes Enddatum, zu dem sie sich aus ihrem Unternehmen komplett zurückgezogen haben wollen und zu dem sie ihr Lebenswerk an die nächste Generation übergeben. Doch damit die Kinder irgendwann mal eigenverantwortlich das Ruder übernehmen, braucht es einen Fahrplan. Steht der Zeitpunkt fest, zu dem die Eltern spätestens ausscheiden möchten, muss dieser rückwärts von diesem Datum entwickelt werden, um festzulegen, bis wann welcher Schritt passiert sein muss.

Da die Elterngeneration häufig 60, 70 Stunden oder mehr pro Woche gearbeitet hat und sich von Personal über Einkauf und Finanzplanung bis hin zur Disposition und Tourenplanung über viele Aufgaben gekümmert hat, ist es wichtig, eine Zeit lang alle Tätigkeiten genau aufzulisten, um sich die Senioren gekümmert haben. Dann kann besser geplant werden, wer sie im Unternehmen kurz-, mittel- oder langfristig übernehmen kann. Selter visualisiert das in Projekten mit ihren Kunden gern mit großen Haftnotizen an einer Wand, auf die sie jede Aufgabe der Senioren schreibt und sukzessive von ihnen zu den neuen Verantwortlichen klebt, wenn deren Übernahme geregelt ist. Das habe den Vorteil, dass auch Senior-Chefs, die schlecht loslassen können, irgendwann sehen, dass alle Aufgaben sinnvoll verteilt sind. Sie könnten dann beruhigter gehen.

Je nachdem, wie gut die Kinder schon mit dem Geschäft ihrer Eltern vertraut sind, sollte die gemeinsame Übergabezeit mindestens ein Jahr und bei geringer Kenntnis eher drei Jahre betragen, so Selters Empfehlung. Für die Senioren sollte es dann eine Teilzeitplanung geben, dass sie im zweiten Jahr und im dritten Jahr ihre Anwesenheit im Betrieb immer weiter reduzieren

Haftnotizen, die eine Frauenhand im Büro an eine Glastür klebt
Haftnotizen helfen, alle Aufgaben zu visualisieren, die nach dem Ausscheiden der Senior-Chefs zu delegieren sind
© Foto: Jacob Ammentorp Lund(/iStock / Getty Images Plus

9. Eine gute Work-Life-Balance: Die nachfolgende Generation hat andere Lebensentwürfe

Den meisten Nachfolgern ist laut Selter nicht klar, was ihre Väter oder Mütter den ganzen Tag in ihren Büros machen. Oft ist das „24/7 selbst und ständig Unternehmer Sein“ eine emotionale Bürde für die neue Generation. Viele möchten Leben und Arbeiten besser miteinander verbinden, trauen sich aber nicht, ihre Bedürfnisse zu formulieren. Sie sollten den Mut aufbringen, ihren Eltern zu sagen, dass sie nicht ihre ganze Lebenszeit dem Betrieb unterordnen wollen, sondern auch Zeit für ihre Kinder, für Freizeitaktivitäten und Hobbies bleiben soll, weil dies sonst auch zu einem unausgesprochenen Konflikt zwischen den Generationen werden kann. „Deswegen macht es total Sinn, darüber zu sprechen und in das Thema Transparenz reinzubringen“, sagt Selter. Dann bleibe noch genug Zeit, das Wissen zu übertragen und die Strukturen im Unternehmen so umzubauen, dass nicht alle Aufgaben zwangsläufig bei den Inhabern landen.

10. Der Situationserhalt in der Nachfolge

Das ist ein Phänomen, das den Übergang des Betriebs regelrecht blockiert: Da denkt die alte Generation: Ich will ja übergeben, aber die Kinder übernehmen ja nicht, und die junge Generation empfindet das Gegenteil: Ich will ja übernehmen, aber die Eltern übergeben ja nicht. Dagegen hilft laut Selter zu analysieren, was der Antrieb beider Seiten auf der nicht sichtbaren Ebene sei: beim Alt-Inhaber zum Beispiel die Angst vor der Zeit danach oder die Sorge um die eigene Identität, wenn er sich in seinem Unternehmen nicht mehr wiederfindet. Die nächste Generation treibt auf der unbewussten Ebene vielleicht die Sorge um, ob sie all die Erwartungen erfüllen kann, ob sie die Fähigkeiten hat, das Unternehmen so gut zu führen wie die Eltern. Auch darüber müsse gesprochen werden, um Sorgen aus dem Weg zu räumen und Optionen zu entwickeln. „Auch dazu braucht es tatsächlich Aufklärungsarbeit und Arbeiten an diesen Fragestellungen. Und dann kriegt man auch die Situation aufgelöst“, ist Selter überzeugt.

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