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Kein Simplicissimus

05.03.2009 15:18 Uhr

Dieser Bus wird seine Fans finden: Denn der runderneuerte MAN Lion‘s City LE hat mehr als nur eine Qualität zu bieten. Auch wenn ihm so manche Raffinesse fehlt, überzeugt der Bus durch solide Technik und einen guten Preis.

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Zur letztjährigen IAA in Hannover war es endlich so weit. MAN hatte ihm als letztem Linienbus seiner Flotte eine Rundumerneuerung ge­gönnt. Zeit wurde es, schließlich stahl der Lion’s City dem LE schon seit einigen Jahren beträchtlich die Show. Von den Produkten einiger Mitbewerber mal ganz abgesehen. Doch nun ist er da und macht dabei auch gar nicht mal so eine üble Figur. Dem Lion’s City LE sieht man die Frischzellenkur am deutlichsten an Front und Heck an. Dass da ein etwas höherer LE anrollt, lässt sich recht einfach an der verlängerten Bugblende direkt über der abklappbaren Bugmaske erkennen. Der Rest sind nämlich Gleichteile. Mit dem einheitlichen Gesicht der MAN-Familie wirkt der Bus nun deutlich weicher, runder, freundlicher und nicht mehr ganz so rein nutzwert­orientiert. Und das ist gut so, schließlich wollen auch morgenmüde Pendleraugen auf der Linie verwöhnt werden. Das gelingt auch im Innenraum. Er wirkt hell und zweckmäßig, die große Höhe im vorderen Wagenteil wird durch eine geschickte Formen-, Farben- und Materialsprache kaschiert.

MAN Lion's City LE Ü

MAN Lion's City LE Ü Bildergalerie

Die Sitze gefallen

Die Fahrgäste können in der Überlandver­sion auf Sitzen Kiel Classic 2100 Platz nehmen. Die gefallen durch ihre hohen Lehnen, wodurch sich auch längere Strecken aushalten lassen. Und auch die im vorderen Bereich sitzenden Fahrgäste fallen nicht ins Bodenlose, sondern können die Fahrt durch die hohen Podestsitze genießen. Gut gefällt die durchweg saubere Verarbeitung im Innenraum. Kein Klappern oder Knarzen, und auch ein genauer Blick hinter die Verkleidung lässt hoffen, dass das auch nach einem Jahr Einsatz so bleibt. Dafür wurde aber auch gelegentlich nicht zimperlich gehandelt. So fallen die zahlreichen äußerst soliden sichtbaren Verschraubun­gen auf. Die Abschrankungen an den Türen sind zwar nicht durchsichtig elegant, sondern undurchsichtig schlicht, doch ihren Zweck erfüllen sie und als Preistreiber kann man solche Varianten wahrlich nicht bezeichnen. Gepäckablagen sucht man vergeblich, schade, denn gerade in der Überlandvariante würde man sich etwas mehr Stauraum für die Fahrgäste wünschen. Den sucht auch der Fahrer in seiner großen, halboffenen Kabine vergeblich. Weder eine große Tasche noch einen Becher Kaffee kann man vernünftig unterbringen. Hier wurde an der falschen Stelle gespart. Allerdings war der Testbus mit einer Fahrerkabine für den schwedischen Markt ausgestattet. Möglicherweise weisen die deutschen Varianten diese Mängel nicht auf. Dafür kann sich der Fahrer am gelungenen Cockpit erfreuen. Serienmäßig gibt es das MAN-Cockpit, das vom Lkw abgeleitet wurde und durch seine moderne Formensprache überzeugt. Die Armaturen sind gut ablesbar, was vom Display des Digitalen Tachografen leider nicht behauptet werden kann. Der sitzt viel zu weit unten. Optimale Sicht hat man hingegen durch die großen Mekra-Spiegel. Bereits vom Lion’s City bekannt, gefallen die Spiegel sowohl durch ihre optimale Linsenanordnung als auch durch praktische Details wie der elektrischen Verstell- und Beheizbarkeit, sowie durch das Anklappen im Fall einer Berührung. Neu im LE ist die bodentief verglaste Einstiegstür. Dadurch lässt sich eine eventuell unübersichtliche Situation an der Haltestelle im Blick behalten. Ein echtes Sicherheitsfeature. Auch ein Grund für die gute Rundumsicht ist die recht hohe Sitzposi­tion, die man sonst eher in einem Volvo-LE vermuten würde. Doch der – in heutigen gewalttätigen Zeiten – angenehm hohe Platz hat einen einfachen Grund.

Hochbodenbus-Gene

Der erschließt sich beim Blick hinter die Kulissen. So ist der Lion’s City LE Ü nicht vom Niederflurbus abgeleitet, sondern trägt Hochbodenbus-Gene in sich. Die bemerkt man auch beim Blick in den Motorraum. Der Common-Rail Reihensechszylinder D 08 ruht auf massiven Längsträgern, nicht mit einem Cradle zu verwechseln. Das wirkt stark, schwach dagegen kommt die Maschine mit gerade einmal 1.100 Nm daher. Im leeren Zustand und in der Ebene konnten wir den Bus zügig bewegen, kritisch dürfte es unter Volllastbedingungen werden. Doch der Motor hat andere Vorzüge. Er gefällt durch seine Laufruhe – auch Common Rail sei Dank – und den Abgasstandard EEV. Dafür haben die Ingenieure geschickt den nicht üppig vorhandenen Bauraum genutzt und ein funktionierendes Abgasrückführungs-System in Verbindung mit dem Partikelfilter eingesetzt. Gut, EEV kostet knapp 5.000 Euro Aufpreis, doch diese Investition hat bekanntlich Zukunft. Zu erwähnen sei noch, dass eine stärkere Motorenvariante aus Gewichtsgründen nicht vorgesehen ist. Die Kraft bringt der LE über ein Automatikgetriebe – in unserem Fall war es ein Voith Viergang-Getriebe D 854.5 an die Achsen. Im Testfahrzeug machte sich noch ein wenig Abstimmungs- und Anpassungsbedarf bemerkbar, teilweise schaltete das Getriebe zu ungünstigen Zeiten – doch prinzipiell funktioniert das Zusammenspiel von Motor, Getriebe und Retarder schon recht gut. Wobei man letzteren stets feinfühlig betätigen sollte, um den Fahrgästen abrupte Bremsmanöver zu ersparen. Neben Voith kann für den MAN Lion’s City LE aber auch ein Automatikgetriebe von ZF ge­ordert werden. Eine Eco-Variante folgt.

Reisebusachse verbaut

Ein Low Entry Bus erzielt seine Besonderheiten und Vorzüge bekanntlich aus seiner Konzeption. Vorn ein Niederflurbus, hinten Hochbodenfahrzeug. Das schafft bequeme Einstiege, mehr Bauraum als im reinen NF und die Möglichkeit, andere Achsen einzusetzen. Davon hat auch MAN Gebrauch gemacht und verbaut im LE eine Reisebusachse, die MAN Hypoidachse HY 1336. Das ist ein absoluter Komfortgewinn. Doch leider lässt sich dieser nicht völlig kompromisslos auf die Vorderachse übertragen, denn hier arbeitet eine starre Gussrohrachse. Nun ist diese nicht schlecht, besonders in Verbindung mit den gegen Aufpreis erhältlichen Stabilisatoren leistet sie eine passable Arbeit, aber Einzelradaufhängung bleibt eben Einzelradaufhängung. Sie kostet aber auch mehr. Und da kommen wir zu einem interessanten Kapitel, dem Preis. Rund 230.000 Euro kostet der Testwagen. Ein weniger gut ausgestattetes Exemplar erhält man bereits ab 195.000 Euro. Dann muss man zwar auf Doppelverglasung oder die Klimaanlage und andere Komfortmerkmale verzichten, bekommt für erstaunlich wenig Geld aber immer noch eine ganze Menge Bus. Einen, der solide gebaut ist, der sich keine wesentlichen Schwächen leistet und der für die meisten Anforderungsprofile mehr als ausreichend sein dürfte. Alles Gründe, weshalb es dieser LE eigentlich nicht sehr schwer haben dürfte, seine Fangemeinde zu finden.
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