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Straßenverkehrsordnung : Rechts vor links auf Parkplätzen?

04.10.2022 10:05 Uhr
Straßenverkehrsordnung : Rechts vor links auf Parkplätzen?
Auf großen und stark frequentierten Parkplätzen geht es oft hektisch zu. Gilt hier nach der Straßenverkehrsordnung auch die Vorfahrtsregel "rechts vor links"? Nicht immer ...
© Foto: Zauberhut/stock.adobe.com

Gilt auf Parkplätzen und in Parkhäusern die Rechts-vor-links-Regel? Viele Auto- und Busfahrer gehen davon aus, da nicht wenige Betreiber Hinweisschilder aufstellen, dass auf ihrem Gelände die Straßenverkehrsordnung (StVO) gilt. Doch nicht immer gilt die grundsätzliche Verkehrsregel, wie ein aktuelles Urteil jetzt zeigt.

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Die zentrale Vorfahrtregel „rechts vor links“ gilt laut § 8 Absatz 1 Satz 1 StVO immer, wenn keine Verkehrszeichen, Ampeln oder die Polizei den Verkehr regeln. Aber eben nicht auf Parkplätzen, wie viele Kraftfahrer irrtümlich meinen und die Schilder der Parkflächenvermieter suggerieren mögen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt jüngst in einem Urteil (v. 22.06.2022, Az. 17 U 21/22) deutlich gemacht. Danach gilt auf privaten Parkplätzen nicht per se die Vorfahrtregel „rechts vor links“, wie das Goslar Institut mitteilt.

 Das OLG Frankfurt hat jetzt in einem solchen Rechtsstreit entschieden, dass die Vorfahrtregel „rechts vor links“ nur dann greift, wenn Fahrspuren deutlich als Straßen erkennbar und markiert sind. Handelt es sich hingegen um sogenannte Fahrgassen, hat die standardmäßige „Rechts-vor-links“-Vorfahrtregel keine Gültigkeit.

 

Fahrspuren versus Fahrgassen

Die juristische Differenzierung zwischen Fahrspuren und Fahrgassen dürfte für viele Autofahrer nicht unbedingt zur Klärung der Frage beitragen, wem denn nun auf privaten Parkplätzen das Vorfahrtrecht zusteht. Doch es ist einfacher als man denkt: Nach Ansicht der Richter, die übrigens auch das OLG München bereits 2020 in einem ähnlichen Urteil (Az.: 10 U 6767/19) vertreten hat, handelt es sich um Fahrspuren, wenn diese allein zum Ein- oder Ausfahren in oder aus ein(em) Parkhaus dienen und auch rein äußerlich mit regulären Straßen vergleichbar sind. Hier gilt grundsätzlich rechts vor links, so die Richter. Eine Fahrgasse zwischen markierten Parkreihen dagegen stellt demnach keine Fahrbahn mit Straßencharakter dar, wenn sie dazu dient, den ein- und ausparkenden Rangierverkehr abzuwickeln.

 

In dem Fall, den das OLG Frankfurt zu entscheiden hatte, war es auf einem Parkplatz zu einem Zusammenstoß von zwei Fahrzeugen gekommen. Tatort: Auf eine zur Ausfahrt des Parkplatzgeländes führende Fahrgasse mündeten von rechts mehrere Fahrgassen ein. Sowohl in den seitlichen Fahrgassen als auch in der Ausfahrtfahrgasse befanden sich Parkboxen. Der Kläger befuhr die Ausgangsfahrgasse, der Beklagte kam aus einer der rechten Fahrgassen – im Einmündungsbereich der Fahrgassen kollidierten die beiden Fahrzeuge. Auf dem Gelände galt laut Anordnung des Betreibers die Straßenverkehrsordnung. Es folgte ein Streit um Schadenersatzansprüche. Dabei argumentierte der eine der Beteiligten, sein Vorfahrtrecht als von rechts Kommender sei von dem anderen Autofahrer missachtet worden. Das hierzu angerufene Landgericht erkannte in dem Verfahren auf eine Haftung des Beklagten in Höhe von 25 Prozent. 

 

Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme: defensiv fahren 

Dieser Einschätzung folgte das OLG Frankfurt jedoch nicht: Vielmehr teilten die Richter auf die Berufung des Klägers hin die Haftungsquote hälftig auf jeweils 50 Prozent. Begründung: Der Beklagte kann kein Vorfahrtrecht für sich reklamieren, weil Fahrgassen auf Parkplätzen keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen darstellen und somit auch keine Vorfahrt gewähren können. Zwar seien die Regeln der StVO auf öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen grundsätzlich anwendbar, befand das Gericht. Doch „kreuzen sich zwei dem Parkplatzsuchverkehr dienende Fahrgassen eines Parkplatzes ..., gilt für die herannahenden Fahrzeugführer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme ..., d.h. jeder Fahrzeugführer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jemals anderen Fahrzeugführer zu suchen", erklärte das OLG. Daher hätten sich die Fahrer den entstandenen Schaden gleichgewichtig zu teilen, weil auch ihr Beitrag zu der Kollision als gleichwertig anzusehen sei.

Urteil des OLG München

Die Richter des OLG München kamen vorher bereits zu einem vergleichbaren Urteil. Sie hielten bei einem Unfall, an dem zwei Fahrer beteiligt waren und der ebenfalls an einer Kreuzung von zwei Fahrgassen auf einem Parkplatz zustande kam, gleichfalls eine Haftungsteilung für angemessen. Auch in diesem Urteil wurde das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in einer Parkgarage oder auf einem privaten Parkplatz hervorgehoben. Davon gehen übrigens auch Versicherungen aus.

 

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