Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnt neue Gespräche mit den Ländern über zusätzliche Bundesgelder für das Deutschlandticket ab. Finanzfragen seien bis 2025 im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz geklärt worden, verbunden auch mit der Vereinbarung, 2025 über weitere Finanzierung und Struktur des Deutschlandtickets zu sprechen, sagte Wissing in der NTV-Sendung „Frühstart“ am Donnerstag, 28. September. „Und jetzt haben wir 2023.“
Am Nachmittag beraten die Verkehrsministerinnen und -minister mit dem Bund in einer Sonderkonferenz über das Deutschlandticket. NRW-Minister Oliver Krischer (Grüne), der aktuell Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz ist, hatte vor einem Aus des Angebots gewarnt. Wenn nicht sehr zeitnah eine Lösung gefunden werde, dann werde das erfolgreiche Ticketmodell „ganz schnell wieder Geschichte“, hatte Krischer gewarnt.
Bund und Länder schießen nach einer grundsätzlichen Verabredung bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu. Umstritten sind aber die möglichen Mehrkosten des Tickets. Im ersten Jahr sollen die Mehrkosten noch zur Hälfte geteilt werden – diese Nachschusspflicht aber ist ab 2024 offen.
Krischer sagte, die Länder seien bereit, Mehrkosten hälftig zu zahlen. Vom Bund sei aber bisher kein klares Signal gekommen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) rechnet mit Mehrkosten für das Deutschlandticket in Höhe von 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2024.
Wissing erklärte, die Bundesländer sollten sich lieber an die nötigen Strukturveränderungen machen, statt Finanzdiskussionen zu führen. Mehr als 60 Verkehrsverbünde in Deutschland seien viel zu viel, die Länder hätten hier Einiges zu tun. Wissing betonte, er streite nicht mit den Ländern, sondern halte sich an Vereinbarungen. Das sollten auch die Länderverkehrsminister tun. Er könne an der sehr kurzfristig anberaumten digitalen Runde aus Termingründen nicht teilnehmen, sein Ministerium werde aber am Nachmittag vertreten sein, so der Minister.
Realitäten vor Ort stärker in den Blick nehmen
Frank Mentrup (SPD), Präsident des Städtetags Baden-Württemberg, hatte mit Blick auf die Finanzierung des Deutschlandtickets erklärt: „Die Bundesländer haben sich bei der Einführung auf den Deal geeinigt, nachdem der Bund eigentlich zugesagt hat, dass er die dann ausstehenden Defizite ausgleicht.“ Jetzt solle es aber nicht mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr geben. „Also haben sie entweder schlecht verhandelt oder müssen jetzt nochmal richtig in den Clinch gehen.“
Ein Riesenproblem sei es auch, dass der Bund vorgibt, dass es das Deutschlandticket ab dem 1. Januar nicht mehr in Papierform geben soll, sondern nur noch digital, so Mentrup. „Es gibt aber Verkehrsverbünde, die bis dahin gar nicht in der Lage sein werden, das anzubieten. Ich habe gerade in einer Stellungnahme gelesen, da müsse dann der Kunde auf den Nachbarverkehrsverbund umgestellt werden.“
Was es insgesamt laut Mentrup zunehmend schwierig mache, sei, dass „in nächtlichen Kabinettsklausuren irgendwie irgendwelche Pakete geschnürt werden und man dann mitunter zu Lösungen kommt, die in der Umsetzbarkeit sehr schwierig sind“.
„In vielen Bereichen wäre es einfacher, wenn man von vornherein die Realität vor Ort und auch die jeweiligen Umsetzungsmöglichkeiten stärker in den Kompromissvorschlag mit einbezieht“, erklärte er. So falle auch beim Deutschlandticket auf, dass manchmal Dinge zwar vage versprochen, aber letztlich nicht durchdekliniert würden. „Das empfinde ich schon als eine erhebliche Verunsicherung bis Unverschämtheit gegenüber uns als den Verantwortlichen für unsere lokalen Verkehrsverbünde und Verkehrsgesellschaften, aber natürlich vor allem auch für unsere Bürgerinnen und Bürger“, sagte Mentrup.
„Für einen schnellen PR-Erfolg wird dann bei den Versprechungen für die Umsetzung mal eben über erhebliche fachliche Bedenken hinweggetrampelt“, kritisierte er.
Falls die Finanzierung nicht bald geklärt ist, drohe die Gefahr, dass man das Deutschlandticket als Produkt wieder vom Markt nehmen müsse, so Mentrup, der hinzufügte: „Wie peinlich wäre das denn.“