Gemeinsam mit der IRU und Vertretern aus Schweden, Dänemark, Österreich, Polen, Finnland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Holland hat der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) die Situation und mögliche Abhilfestrategien diskutiert.
Die gegenwärtige Gemengelage stellt sich laut bdo sehr schwierig dar: Das Vorhaben der EU-Kommission, einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum zu schaffen, gestaltet sich aufgrund der in den einzelnen Mitgliedstaaten teilweise sehr unterschiedlichen Lebens- und Einkommensverhältnisse sehr kompliziert. Die überarbeitete EU-Entsenderichtlinie wird von den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgelegt und angewendet. Mehrere Mitgliedstaaten haben sich für nationale Alleingänge entschieden – den Anfang hat Deutschland am 1. Januar 2015 mit dem Mindestlohngesetz und dessen (mit Ausnahme des Transitverkehrs) uneingeschränkter Anwendung auf ausländische Arbeitnehmer gemacht. Von Anfang an hat der bdo die EU-Kommission, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Vertreter anderer Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, dass dies zu ähnlichen Schritten anderer EU-Mitgliedstaaten führt. Obwohl die EU-Kommission unverzüglich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat, sind inzwischen drei weitere Länder – Frankreich, Italien und Österreich – dem deutschen Beispiel gefolgt und haben nationale Mindestlohn- und Entsendegesetze erlassen. Die damit einhergehenden bürokratischen Belastungen sind enorm und erschweren die tägliche Arbeit der europäischen Bustouristiker in einem nicht hinnehmbaren Ausmaß. Während Italien sein Mindestlohn- und Entsendegesetz auf reine Kabotage beschränkt und auch in Frankreich der Gelegenheitsverkehr weitestgehend ausgenommen ist, erstrecken sich die deutschen und österreichischen Regelungen auf alle Transportarten außer Transit. Wie die IRU mitteilte, liegt allerdings auch mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des deutschen MiLoG kein einziger Fall einer Sanktion im Busbereich vor. Aus Österreich ist bislang kein Fall einer Kontrolle oder gar Sanktion bekannt.
Die in einigen EU-Ländern unterschiedliche und nach unserer Auffassung fehlerhafte Anwendung der EU-Entsenderichtlinie und die daraus resultierenden nationalen Regelungen führen zu teils chaotischen Zuständen, so der bdo. Dies habe auch die EU-Kommission erkannt. Die Kommission selbst sei nicht befugt, diese oben genannten Staaten zu einem Moratorium aufzufordern; sie sei auf das Instrumentarium des Vertragsverletzungsverfahrens beschränkt. Gegen Deutschland läuft dieses Verfahren seit nunmehr fast zwei Jahren, ein Ende ist noch nicht absehbar. Auch gegen Frankreich ist das Verfahren eröffnet worden, gegen Italien und Österreich wird die Eröffnung dieser Verfahren geprüft. Die Kommission erhofft sich Abhilfe durch die von ihr für Ende Mai angekündigten sogenannten Straßen-Initiativen (Road Initiatives). Wie diese Lösung aussehen soll, lässt EU-Kommissarin Violeta Bulc allerdings bislang offen.
Die europäischen Busverbände waren sich gestern einig, nicht länger warten zu können. Mehrere weitere EU-Mitgliedstaaten stellen derzeit Überlegungen an, auch eigene nationale Regelungen zu erlassen, um ihren heimischen Markt zu schützen. In einer konzertierten Aktion wird der bdo daher gemeinsam mit den EU-Kollegen die EU-Kommission und das europäische Parlament darauf aufmerksam machen, „dass diese überbordende Bürokratie die europäische Bustouristik zum Erliegen bringen wird, wenn hier die Politik nicht endlich beherzt und pragmatisch einschreitet“. (ah)