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Hinweisgeberschutzgesetz: Was Unternehmen jetzt beachten müssen

30.06.2023 10:55 Uhr
Hinweisgeber
Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen zukünftig eine interne Meldestelle für Hinweisgeber in ihrem Unternehmen einrichten - daran führt auch für Busunternehmen in dieser Größenordnung kein Weg vorbei
© Foto: oxinoxi/iStock / Getty Images Plus

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) tritt am 2. Juli 2023 in Kraft. Arbeitnehmer können dann nicht nur straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße ihres Arbeitgebers gegen europäisches oder deutsches Recht melden – sie werden dabei auch durch neue Gesetz geschützt. Welche Punkte Unternehmen zum Inkrafttreten am 2. Juli kennen und beachten müssen.

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Das Gesetz gilt für alle Beschäftigten in Deutschland – ob das Arbeitsverhältnis des Hinweisgebers, der den Verstoß meldet, noch läuft oder es bereits beendet ist, spielt dabei keine Rolle Wie die  Kanzlei Schultze & Braun  informiert, sind Unternehmen ab einer bestimmten Zahl an Mitarbeitenden dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Doch auch ohne Verpflichtung kann ein freiwilliges Einrichten sinnvoll sein.

Einige Bereiche der Verstöße könnten auch Busunternehmen betreffen

Arbeitnehmer können straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße ihres Arbeitgebers gegen EU-Recht oder deutsches Recht melden. Dabei geht das deutsche Recht sogar über das EU-Recht hinaus. Alexander von Saenger, Fachanwalt für Arbeitsrecht, der bei Schultze & Braun bereits mehrere Unternehmen zum Hinweisgeberschutzgesetz beraten und operativ unterstützt hat, geht davon aus, dass die Mehrzahl der gemeldeten Verstöße das Steuerrecht und das Arbeitsrecht betreffen werden. „Die Bandbreite möglicher Verstöße, die gemeldet werden können, ist groß“, sagt von Saenger. „Das Gesetz besagt, dass alle Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gemeldet werden können, die Verstöße ahnden, die zum Beispiel Leben oder Gesundheit, Arbeitnehmerschutzrechte oder Rechte von Betriebsräten betreffen.“

In § 2 HinSchG sind Meldefälle aufgeführt, die die unter anderem folgenden Bereiche betreffen und damit auch Busunternehmen tangieren könnten:

  • Steuern, dabei insbesondere Meldungen bezüglich Steuerhinterziehung unkorrekten Rechnungen Bargeldgeschäften und Schwarzgeld
  • Schwarzarbeit
  • Schutzrechte der Arbeitnehmer, hier zuvorderst Meldungen zum Mindestlohngesetz Arbeitsschutz Gesundheitsschutz
  • Betrug bei Corona-Hilfen
  • Betrug beim Kurzarbeitergeld
  • Datenschutz
  • Verkehrssicherheit
  • Umweltschutz
  • Verstöße bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
  • Korruption

Das Gesetz sieht einen direkten Schutz für Hinweisgeber in den definierten Meldefällen vor. „Dieser Schutz bildet den Kern des neuen Gesetzes. Deshalb bietet es per se auch keine unmittelbare Definition, was denn überhaupt mögliche Verstöße sein könnten“, so von Saenger. Dies werde durch andere Gesetze geregelt. Unternehmen tätten gut daran, auch diese Gesetze als Ergänzung zum Hinweisgeberschutzgesetz im Blick zu haben, so der Fachanwalt. interne Meldestelle:

Drei Stufen-Prinzip bei der verpflichtenden Einrichtung

  • Unternehmen sind ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl  dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Hierbei gilt ein drei Stufen-Prinzip:
  • Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten müssen mit Inkrafttreten des Gesetzes am 2. Juli 2023 eine interne Meldestelle eingerichtet haben.
  • Unternehmen mit mehr als 50 und bis zu 249 Beschäftigten müssen ab dem 17. Dezember 2023 eine interne Meldestelle anbieten.
  • Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten müssen keine interne Meldestelle einrichten Generell sind

Meldungen sind bei den internen Meldestellen in den Unternehmen, aber auch den externen Meldestellen auf Länder und Bundesebene möglich. Allerdings hat der Hinweisgeber diesbezüglich kein Wahlrecht. Er muss sich vielmehr gemäß (§ 7 HinSchG) an eine Priorisierung halten. „Wenn feststeht, dass der Meldegrund beim Arbeitgeber ordentlich bearbeitet wird und die Meldung auch keine Repressalien zu Folge hat, ist die interne Meldestelle vor der externen zu kontaktieren. Das zeigt die Bedeutung, die die freiwillige Einrichtung einer internen Meldestelle haben kann“, erläutert von Saenger.

Denn wenn die Meldung eines Hinweisgebers erst einmal bei einer externen Meldestelle eingegangen ist, folgt eine offizielle Vorprüfung. „Mitunter hat das Unternehmen dann weniger Handlungsoptionen, die Sachlage intern aufzuklären“, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Vertraulichkeit muss gewährleistet sein

Das Hinweisgeberschutzgesetz schreibt nicht vor, wie eine Meldung an die Meldestelle erfolgen muss. Ob mündlich, schriftlich, persönlich oder digital, als App oder webbasiert, spielt keine Rolle. „Der interne Meldeweg muss lediglich umfassend vom Unternehmen kommuniziert werden", sagt von Saenger. "Dabei ist vor allem zu beachten, dass in jedem Fall die Vertraulichkeit gewährleistet sein muss“, 

Das Vertraulichkeitsgebot nach § 8 HinSchG ist ein wichtiger Aspekt des Hinweisgeberschutzgesetz. Arbeitgeber sollten demnach in diesem Zusammenhang folgendes beachten: Zeigt ein Hinweisgeber an, dass er aufgrund seiner Meldung Repressalien erlitten hat, kehrt sich die Beweislast um. „Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er nun beweisen muss, dass er seinen Mitarbeiter nicht gemaßregelt hat. In einem Rechtsstreit verschlechtert sich dadurch die Position des Arbeitgebers“, so der Anwalt.

Gesetzeskonformen Meldestelle wird zu Herausforderung

Das Hinweisgeberschutzgesetz legt fest, dass es einem Hinweisgeber möglich sein muss, 24 Stunden an sieben Tagen die Woche weltweit in seiner Arbeitssprache eine Meldung abzugeben. „Diese Anforderungen sorgen dafür, dass es für Unternehmen eine echte Herausforderung ist, eine gesetzeskonforme Meldestelle zu schaffen“, sagt von Saenger.

Möchte der Arbeitgeber die Meldung etwa per interner E-Mail anbieten, ist dies nicht gesetzeskonform, da keine Vertraulichkeit garantiert werden kann. Auch eine Meldung des Telefons entspricht nicht den Vorgaben des Gesetzes. Ein Briefkasten wiederum ist gesetzeskonform, kann jedoch eventuell nicht von jedem Hinweisgeber 24 Stunden an sieben Tagen die Woche genutzt werden – etwa wenn ein Arbeitnehmer sich auf einem Außentermin - zum Beispiel auf einer Busreise - oder im Busdepot abseits des Firmensitzes befindet. Letztendlich bleiben somit als Möglichkeiten nur ein Anrufbeantwortersystem, bei dem die Telefonnummer nicht angezeigt wird,, oder ein Meldeprozess über ein IT-gestütztes System. Dieses biete sich für Unternehmen  mehrheitlich  an, weil es den Voraussetzungen entspreche. „So können Unternehmen die Meldestellen-Voraussetzungen des Gesetzes, wie beispielsweise in der Arbeitssprache zu kommunizieren oder ständig erreichbar zu sein, umgesetzt werden“, so von Saenger.

Eine weitere Vorgabe ist, dass der Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen eine Eingangsbestätigung von der Meldestelle erhält. Eine Rückmeldung zu den Maßnahmen, die das Unternehmen bezüglich seiner Meldung unternommen hat, soll den Hinweisgeber dann innerhalb der folgenden drei Monate erreichen.

Kann der Arbeitgeber dies nicht sicherstellen, macht er sich strafbar. Sollte das Meldeverfahren technisch nicht dem Gesetz entsprechen, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro.

Auslagerung der Meldestelle für kleine Unternehmen empfehlenswert

Die Betreuung einer internen Meldestelle kann auch für qualifizierte und geschulte Mitarbeiter eine belastende und fordernde Aufgabe sein, die einen individuellen Umgang mit jeder einzelnen Meldung voraussetzt. Manche Straftatbestände – etwa sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz – erfordern den Einsatz von Polizei und Staatsanwaltschaft. „Da die Verantwortung aus dem Umgang mit Meldungen hoch einzustufen ist, sind gerade kleine Unternehmen besser beraten, wenn sie einen Ombudsmann einzuschalten“, so der Fachanwalt. Schließlich kann neben dem technischen Outsourcen des Meldeprozesses an ein IT-System, auch die ganze Meldestelle an externe Dritte ausgelagert werden.

Dafür geeignet sind zum Beispiel Anwaltskanzleien, Steuerberater und Gewerkschaften. Auch haben Unternehmen die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und gemeinsam eine ausgelagerte Meldestelle für ihre Mitarbeitenden anzubieten.

Verlust des Hinweisgeberschutzes

Die Gründe eines Arbeitnehmers, einen Verstoß des Arbeitgebers zu melden, sind vielzählig. „Bestenfalls soll durch eine Meldung auf eine Ungerechtigkeit oder Ungleichbehandlung aufmerksam gemacht und diese dann abgestellt werden", erläutert von Saenger. Dies sei  ein akzeptabler Grund. Das Gesetz gehe deshalb auch zunächst von gutgemeinter Feststellung eines Fehlverhaltens aus. Dennoch kann das Gesetz aber zu Missbrauch führen. Aus diesem Grund sanktioniert der Gesetzgeber die Hinweisgeber bei unwahren Behauptungen: Sie verlieren dann ihren Hinweisgeberschutz und müssen sich eventuell sogar Schadensersatzansprüchen stellen. Dies gilt besonders dann, wenn externe Meldestellen angesprochen werden. 

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