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Konflikte mal ganz anders lösen: 5 Tipps für Mutige

27.05.2022 09:00 Uhr | Lesezeit: 10 min
Konflikte mal ganz anders lösen: 5 Tipps für Mutige
Konflikte im Außen sind Konflikte im Inneren. Sie können sich auflösen - wenn man weiß, wie man das erlaubt.
© Foto: iStock/Taras Grebinets

Eins muss man zugeben: Busfahrer sind Meister der Konfliktlösung. Zumindest im Job und in Bezug auf Fahrgäste, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit nie wiedersehen. Für Unternehmer gilt das bisweilen noch mehr, haben sie doch die Verantwortung für das Fahrpersonal mit all seinen Wünschen und Bedürfnissen - auch hinsichtlich eines guten Arbeitsklimas. Und doch schleppen beide - Fahrer wie Unternehmer - zumindest hier und da schwelende und ungelöste Konflikte mit sich herum. Wie schafft man solche Konflikte aus der Welt - und vor allem so, dass sie nicht nochmal wiederkommen?

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Die gute Nachricht: im Grunde ganz einfach. Die schlechte Nachricht: nicht auf einmal und nicht über Nacht. Und nicht durch „ruhig“ bleiben“, „atmen“, „ignorieren“ oder „immer freundlich sein“ und „lächeln“. Denn spätestens dann, wenn ein Krampf die Backen verzieht, wird einem klar: auch Ratschläge können Schläge sein. Oder für den Allerwertesten.

Es gibt eine Menge Strategien, die helfen sollen, die Unbilden des Alltags zu umschiffen, anstatt sich davon mitreißen oder herunterziehen zu lassen. Viele sind derart kompliziert, dass man sie im Bedarfsfall gar nicht anwenden kann. Menschen kommunizieren auf vier Ebenen? Schön für sie – aber wer hat schon den Nerv, im Eifer des Wortgefechts auszuklamüsern, was gerade als Selbstbekundung, auf Sachebene, Beziehungsseite und Appellseite mitgeteilt wird? Wer vom Wortgefecht betroffen und nicht bloß „außenstehend“ ist, hat damit in Echtzeit zumeist arge Schwierigkeiten. Vor allem, wenn die Emotionen hochkochen und man am liebsten aus der Haut fahren würde.

Konflikte im Außen sind Konflikten im Inneren

Und da sind wir schon da, wo der Hase im Pfeffer liegt: bei den Emotionen. Wenn man die Emotionen außen vorlassen könnte, dann wäre alles sooo einfach. Deshalb versuchen wir auch so „gern“ und annähernd verzweifelt, Emotionen zu unterdrücken, wenn wir sie nicht brauchen können. Mit dem Ergebnis, dass sie sich aufstauen und irgendwann, in irgendeiner absolut unpassenden Situation, aus uns herausbrechen. Dann reagieren wir „über“. Und uns wird vorgeworfen, dass wir „unangemessen“ sind. Aber genauso wie wir zu anderen sind, sind diese anderen zu uns. Quit pro Quo. Nur in Ordnung ist nichts.

Wer an den Emotionen ansetzt, hat den Schlüssel zur Lösung all seiner Konflikte in der Hand. Und das kann er sogar allein machen, ohne den Streitpartner und auch ohne „Unterstützung“. Wer will denn schon immer gleich zur Mediation rennen oder zu sonst einer „Fachkraft“, die sich „damit auskennt“? Schwierig ist beim „alleine machen“ lediglich die Veränderung. Denn man muss herausfinden, was man „sonst immer macht“ und dann den Mut aufbringen, genau das Gegenteil dessen zu tun. Dabei hilft die Erkenntnis, dass das, was man „sonst immer“ gemacht hat, nie wirklich erfolgreich war. Wäre es das gewesen, hätte man nicht immer wieder dieselben Probleme in anderem Gewand serviert bekommen.

Konflikte haben Auslöser und Ur-Sachen

Dass Konfliktlösung „irgendwas mit Emotionen“ zu tun hat, ist mittlerweile bekannt. Gerade Männern wird dabei gern empfohlen, „Emotionen zuzulassen“, „doch mal zu weinen“ und ähnliches, weil sie das angeblich nicht können. Wer jetzt Blödsinn denkt, liegt nicht falsch, denn Emotionen nur auszuagieren, mag vielleicht situativ Erleichterung schaffen, bringt in Sachen Konfliktlösung aber rein gar nichts. Manchmal muss man sich allerdings zunächst erlauben, etwas auszuagieren, damit man den für eine Analyse erforderlichen Abstand von der Sache gewinnt. Der gute alte Box-Sack kann da hilfreicher sein als ein säuselnder Engel. Erst, wenn man den Abstand halbwegs hat, ist man in der Lage, das Problem wirklich „von außen“ zu betrachten – also so, wie es ein unbeteiligter Dritter betrachten würde. (Erst) an diesem Punkt gelingt es, die Dinge nicht mehr persönlich zu nehmen, sondern zu schauen, warum dieses oder jenes einen überhaupt treffen konnte. Das liegt nicht daran, dass „der Andere“ so fies oder dass man selber doof und unfähig ist. Es liegt vielmehr daran, dass die Sache, um die es geht und/oder die Situation als solche, etwas enthält, das man kennt. Dieses „Etwas, das man kennt“ wird „Trigger“ oder „Auslöser“ genannt und ist uns meist nicht bewusst. Deshalb erkennen wir ihn auch so schwer und re-agieren immer nur. Mit Vorliebe: emotional.

Dankenswerterweise kann ein Auslöser nur dann etwas auslösen, wenn eine entsprechende Ur-Sache vorhanden ist. Diese Ur-Sache ist das, was man in der jeweiligen Situation oder an der jeweiligen Sache kennt bzw. erkennt. Ur-Sachen werden aber leider nicht in unseren bewussten Erinnerungen gespeichert, sondern in unserem Körper. Zu bewussten Erinnerungen haben wir immer irgendwelche Bilder im Kopf, Daten und diverse Fakten. Bei Körper-Erinnerungen haben wir das nicht.

Konflikte resultieren meist aus unbewussten Körper-Erinnerungen

Körpererinnerungen (sie werden auch hochtrabend „prozedurale Erinnerungen“ genannt) kommen – genau – als Emotionen ans Tageslicht. Deswegen heißen sie auch „Emotionen“ und nicht „Gefühle“. Ein Gefühl dient nur unserer Information, deshalb hält es nur ein paar Sekunden an und ist dann wieder verschwunden. Bleibt ein „Gefühl“ länger oder kommt es in ähnlichen Situationen immer wieder hoch, weiß man, dass man gerade eben nicht fühlt. Sondern: sich erinnert. Genauer: der Körper erinnert sich. Körpererinnerungen gehen immer auf frühere Erlebnisse zurück, vorzugsweise auf solche, die in irgendeiner Weise „lebensbedrohlich“ waren. Was „lebensbedrohlich“ ist, legen wir dabei nur scheinbar mit unserem schlauen Verstand fest. Denn in Bezug auf Körper-Erinnerungen hat unser Verstand nichts zu melden. Deshalb kann es sein, dass unser Körper Dinge als „lebensbedrohlich“ einstuft (bzw. eingestuft hat), die wir rational in keinster Weise so qualifizieren würden.

Ein Beispiel dafür ist Verlustangst. Keiner von uns stirbt, wenn er beispielsweise vom Partner verlassen wird. Und doch haben manche Menschen immense Verlustangst in Bezug auf ihren Partner. Dabei könnten sie sich einfach einen anderen suchen oder eine Weile allein bleiben. Die Vorzüge des Single-Daseins genießen. Wenn das wie eine unüberwindbare Hürde erscheint oder der Betroffene mit heftigen Emotionen reagiert – Unwille, Trauer, Wut etc. – deutet das darauf hin, dass er (oft sehr, sehr früh in seinem Leben) mindestens einmal glaubte, verlassen zu werden oder verlassen (worden) zu sein. Dafür genügen tatsächlich winzige Anlässe, denn je jünger wir sind, desto „schlimmer“ können selbst ganz selbstverständliche Ereignisse und Erfahrungen sein, desto weniger können wir aber zugleich mit unserem Verstand intervenieren. Das funktioniert erst, wenn wir älter sind – aber da sitzen die Körper-Erinnerungen schon fest.

Körpererinnerungen: die nicht beeinflussbare Komponente jedes Konfliktes

Was der Körper speichert, können wir nicht bestimmen und auch nicht beeinflussen. Er macht das autonom und automatisch (verantwortlich dafür ist entsprechend unser autonomes Nervensystem). Deshalb sagt man auch, dass Emotionen „nicht zu Ende gefühlte Gefühle aus der Vergangenheit“ sind. Wenn man weiß, dass eine Emotion – oder auch ein ganzes Bündel von Emotionen – mit uns, dem Auslöser und dem Hier und Jetzt nichts zu tun haben, sondern eben vom Körper kommen, ist es viel leichter, mit Emotionen umzugehen. Man kann sie dann leichter „da“ sein lassen, ohne sich vielleicht zu schämen. Man ist dann auch eher bereit, sie zu beobachten und zu erforschen. Wenn man das hinkriegt – die Emotionen „da“ sein lassen und genau verfolgen, wie sie sich anfühlen, wie sie sich verändern, was sie im Körper machen etc. – kann der Körper mit den Emotionen im wahrsten Sinne des Wortes fertig werden – sie also sozusagen „zu Ende fühlen“. Der Körper macht das ganz allein – autonom (daher kommt auch der Begriff „autonomes Nervensystem“) – wir müssen es unserem Körper nur erlauben und ermöglichen. Und das lernen wir leider nicht mehr.

Konfliktlösung so einfach wie möglich halten

Es ist nicht nötig, für jede Emotion oder jedes Gefühl das passende Wort zu finden. Wenn das gelingt, ist das fein – dann identifiziert man Traurigkeit, Ärger, Frustration etc. – wenn das aber nicht gelingt, macht das auch nichts. Dann konzentriert man sich nur auf das, was im Körper passiert. Vielleicht kribbelt es oder es schmerzt ohne Grund irgendwo, oder man spürt einen kleinen Schauer, der den Rücken hinunterrieselt, bemerkt Herzklopfen, ein Zucken o.ä. „Kleine Schauer“, die Kälteschauern nicht unähnlich sind, sind körperlich gesehen ganz besonders wertvoll. Denn sie zeigen an, dass der Körper irgendeinen Stress aus seinem System entlässt, quasi eine Emotion „verabschiedet“. Das kann Stress sein, der aus einer aktuellen Situation stammt, es kann aber auch ein Stress sein, der sehr alt und im Körper als Erinnerung gespeichert war. In der Regel merkt man im Anschluss, dass man innerlich sofort ruhiger wird und entspannter ist als vorher.

Wer sich regelmäßig auf „Beobachtungsposten“ begibt und sich „von innen betrachtet“ anstatt sich beleidigt in sich selbst zu verkriecht oder Emotionen einfach wegzudrücken, tut nicht nur etwas für seine Beziehungen und die Lösung von Konflikten. Er tut auch etwas sehr Essenzielles für seine Gesundheit. Denn Körper-Erinnerungen sind maßgeblich an allen möglichen Erkrankungen beteiligt, insbesondere an „Zivilisationskrankheiten“, speziell Übergewicht, Diabetes, Herzprobleme oder auch Allergien. Körper-Erinnerungen bringen uns dazu, ungesunde Dinge zu tun, um den Stress, der uns „in den Knochen steckt“, zu kompensieren. Dieser Stress steckt uns zwar nicht sprichwörtlich „in den Knochen“, wohl aber steckt er in unserem autonomen Nervensystem. Und weil dieses – salopp ausgedrückt – nur reagieren, nicht aber nachdenken kann, können wir manches, was unseren Körper betrifft, nur zulassen. Wie verdauen oder schwitzen. Es erledigt sich dann aber auch von allein – und ist aus der Welt.

5 Tipps, um Konflikte anders zu lösen

Wer über den Umgang mit Emotionen hinausgehen und sich und andere noch besser verstehen will, kann sich mit ein paar Fragen auf die richtige Spur beim Lösen von Konflikten bringen. Es ist nicht nötig, sich diese Fragen in einer Diskussion oder Auseinandersetzung zu stellen, danach ist völlig ausreichend. Der andere „Streitbeteiligte“ muss auch nicht dabei sein (das kann bisweilen sogar kontraproduktiv sein). Folgende Fragen sollte man sich stellen:

  1. Ist das, was ich fühle, angenehm oder unangenehm?

    Wenn es unangenehm ist, zeigt das an, dass man in der Situation etwas, das man braucht oder gern hätte, nicht bekommt bzw. nicht bekommen hat.
  2. Worin genau besteht das, was ich bräuchte/gebraucht hätte – und nicht bekomme/nicht bekommen habe?

    Man muss hier ein bisschen in sich hineinhorchen, denn das ist sehr individuell. Es kann Sicherheit sein, Zuwendung, Zuhören oder Aufmerksamkeit, Gerechtigkeit oder Wertschätzung, Ruhe, Entspannung u.ä. Wenn einem nicht gleich etwas einfällt, lohnt es sich, länger darüber nachzudenken. Denn wer weiß, worum es ihm eigentlich geht, hat gegenüber anderen ein bessere Verhandlungsposition – und wird feststellen, dass er für vieles „die Anderen“ gar nicht braucht. Weil er sich vieles selbst geben kann. In Sachen Wertschätzung wird man das beispielsweise oft feststellen. Auch, wenn der Partner scheinbar nie zufrieden ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass man sich eingestehen darf, tatsächlich stets das Beste zu tun, was man in der jeweiligen Situation tun kann. Vielleicht reicht das für den anderen nicht – es ist dann aber seine Aufgabe, zu schauen, warum das so ist und wie er das ändern kann.

  3. Woran erinnert mich die Konflikt-Situation?
    Wann habe ich mich schon einmal so gefühlt, wie in dieser Situation?
    Welches ist meine älteste/früheste Erinnerung an eine Situation, in der ich schon einmal so gefühlt habe?

    Die letzte Frage in diesem Komplex ist die wichtigste. Denn die Antwort gibt einen Hinweis auf die Körpererinnerung. Es kann sein, dass objektiv betrachtet nichts Lebensbedrohliches an dieser Situation war – schon gar nicht aus der Sicht eines Erwachsenen. Da wir „damals“ aber noch nicht erwachsen waren, haben wir die Situation ziemlich wahrscheinlich anders wahrgenommen. Und nur auf diese Wahrnehmung kommt es an.

    Es gilt dann, herauszufinden, was wir damals gebraucht und nicht oder nicht vollständig bekommen haben. Wer sich darauf einlässt, muss mit sich selbst sehr empathisch sein. Es bringt nichts, sich selbst zu erzählen, wie dumm man damals war. Eine (weitere) Verurteilung ist nicht, was das „innere Kind“ braucht. Es muss (endlich) gesehen werden und zwar in seiner damaligen Wahrnehmung, mit allem, was dazu gehörte. Was es auch ist.

    Es kann sein, dass es dem einen oder anderen nicht ganz leichtfällt, für sich selbst Mitgefühl aufzubringen. Oder sich einzugestehen, dass Menschen, denen man vieles verdankt, in mancherlei Hinsicht auch Mist gebaut haben. Aber das ist ok. Das darf sein. Genau das ist menschlich. Es kann helfen, sich dem eigenen „inneren Kind“ zuzuwenden, indem man sich vorstellt, dieses „innere“ Kind sei ein „echtes“ Kind. Wenn dieses „echte“ Kind heute vor uns stünde mit seinem Problem und seiner Wahrnehmung – was könnte sein Problem kleiner werden oder verschwinden lassen?

    In dieser Antwort liegt der Schlüssel zu unserem jetzigen Problem im aktuellen Konflikt.

  4. Was ist zu tun?

    Oft genug: nichts. Oft genügt es schon, schlicht und ergreifend zu wissen, was einem gefehlt hat, dieses Fehlen im Hier und Jetzt zu erkennen und ehrlich und wahrhaftig mit dem „inneren Kind“ mitzufühlen, also bewusst nachzuvollziehen, wie „das“ damals in seiner Wahrnehmungwar. Wer das ein paar Mal gemacht hat (je mehr „unschöne“ Situationen wir erleben, desto mehr Körpererinnerungen melden sich, damit wir sie aus unserem „System“ entlassen können), wird feststellen, dass sich Auslöser zunächst abschwächen und sich dann verabschieden. Der Witz ist, dass uns dann zwar noch immer dieselben Situationen begegnen – wir aber nicht mehr darauf reagieren. Schon gar nicht mit heftigen Emotionen, Gedankenkarussellen oder „mieser Laune“. Gerade in Beziehungen und Freundschaften kann das viel Erleichterung mit sich bringen – und jede Menge Konfliktpotenzial einfach auflösen.

  5. Wofür war es gut?

    Manchmal bleibt ein kleiner „Stachel im Fleisch“, der bewirkt, dass man – in aller Stille und Heimlichkeit – ein bisschen nachtragend ist. Sich fragt „warum musste der …“, „warum hat die bloß …“. Wenn das passiert, lohnt es sich, sich zu fragen „wofür war es gut?“. Und dann wird man so viel wertvolle Erkenntnis aufzählen können, dass man dem „miesen Streithammel“, der einen „getriggert“ hat, nur noch dankbar ist. Egal, was der sich geleistet hat. Um „Vergebung“ braucht man sich an diesem Punkt dann auch nicht mehr bemühen – denn auch das geschieht dann von ganz allein.
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