Allein in Bayern werden täglich 1,9 Millionen Schüler, Studenten und Auszubildende mit Bussen im öffentlichen Verkehr befördert. Sie dürfen nicht zum Spielball fragwürdiger europaweiter Ausschreibungen werden, mahnt der Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO). Im bayerischen Landkreis Aschaffenburg wurde im vergangenen Jahr ein offenbar unzuverlässiges Unternehmen britischer Herkunft neu mit dem dortigen Busverkehr betraut. Dieser neue Betreiber stellt nach Ansicht der Eltern die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des ÖPNV am Untermain in Frage.
In der Sendung ZDF Zoom „Nächster Halt: Stress im Nahverkehr“, die vergangene Woche ausgestrahlt wurde und in der Mediathek noch anzusehen ist (https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-naechster-halt-stress-im-nahverkehr-100.html), wird die derzeitige Vergabepraxis von Busleistungen im ÖPNV und deren negative Folgen für die Verkehrsbedienung und das Fahrpersonal dargestellt und angeprangert. Der Fernsehbericht befasst sich mit den dramatischen Folgen einer kürzlich erfolgten Vergabe und einem damit verbundenen Betreiberwechsel im bayerischen Untermain im Landkreis Aschaffenburg. Seit Monaten gehen dort die Eltern auf die Barrikaden, weil der neue Betreiber des Busverkehrs, ein britischer Konzernbetrieb, nahezu täglich gravierende und für die Fahrgäste gefährliche Fehlleistungen produzieren soll. Es wird dem Betrieb unter anderem vorgeworfen, ortsunkundiges Personal einzusetzen, das nicht einmal der deutschen Sprache mächtig sei. Außerdem würden Fahrer zur Begehung von Verstößen gegen das Lenk- und Ruhezeitrecht gezwungen.
Der Bericht, so der LBO, dokumentiere eindrucksvoll, dass der sogenannte Wettbewerb im Nahverkehr oftmals auf dem Rücken der Fahrgäste, des Fahrpersonals und der bisherigen zuverlässigen Betreiber ausgetragen werde. "Ausschreibungen fördern schwerwiegende Gesetzesverstöße, unter anderem gegen das PBefG, die EG-VO 1370/2007 in der Fassung vom 24.12.2017, das Lenk- und Ruhezeitrecht sowie gegen arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften, die den Straftatbestand nach § 266 StGB erfüllen können. Gleichzeitig werden häufig die Regeln eines fairen Wettbewerbs verletzt", mahnt Horst Schilling, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des LBO.
Die vom ZDF angeprangerten Missstände müssten unverzüglich beseitigt werden, damit zukünftig Vergaben im ÖPNV nur an zuverlässige Unternehmen erfolgen. Der LBO fordert zudem, dass Aufgabenträger den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre beachten und fördern, indem sie die Instrumente der EG-VO 1370/2007 zum Erlass allgemeiner Vorschriften und von Direktvergaben nach Artikel 5 Absatz 4 vorrangig gegenüber europaweiten Ausschreibungen einsetzen. "Soweit dennoch Ausschreibungen erfolgen, müssen Vergabekriterien zum wirksamen Schutz der Fahrgäste und zur Einhaltung der regional geltenden Sozialstandards zwingend beachtet werden", so Schilling. (mp)