Vive TH heißt das neue Baby, das ab sofort von Viseon, dem neuen Spezialisten für alles Spezielle rund um den Bus vertrieben wird. OMNIBUSREVUE hat den schicken Kleinen einem ersten Test unterzogen.
Es ist keine kleine Aufgabe, die sich Viseon-Geschäftsführer Joachim Reinmuth gestellt hat : Mit dem Marbus Vive TH will das junge Unternehmen aus Pilsting, das auf eine große Omnibusvergangenheit verweisen kann, an alte Traditionen anknüpfen. Doch so ganz stimmt das nicht, denn Viseon produziert längst, allerdings handelt es sich um Oberleitungs- und Flughafenbusse. Ein Markt, der recht klein und überaus speziell ist. Dazu kommt noch der Auftrags-Fahrzeugausbau beispielsweise von Linien-Doppeldeckern, die mittlerweile weltweit – von Berlin bis Dubai – unterwegs sind. Doch mit dem Marbus hat Viseon nun ein Produkt im Portfolio, das für jeden Busunternehmer interessant sein könnte, dessen Konzept abseits der Nische rangiert. Denn in schwierigen finanziellen Zeiten ist auch die Busbranche auf der Suche nach Alternativen. Die Busse müssen immer effektiver eingesetzt werden. Faktoren wie Anschaffungspreis und Folgekosten spielen eine immer wichtiger werdende Rolle. Und genau hier kommt der Vive TH zum Zug. Etwa 150.000 Euro kostet der 9,60 Meter kurze Bus in der Grundversion. Dafür erhält man schon eine ganze Menge: Als erstes beispielsweise ein Fahrzeug, dem man schon äußerlich abnimmt, dass es ein echter Bus sein will. Viele runde Formen und eine geschwungene Linienführung, die an der Front beginnt, sich über A- und B-Säule nach hinten erstreckt, um schließlich in einem bullig wirkenden Heck auszulaufen, verleihen dem Fahrzeug eine ansprechende Optik, die auch in einigen Jahren noch modern wirken wird. Seitliche Dachblenden verbergen die mittig aufgesetzte Klimaanlage, ohne dabei zu sehr in die Höhe zu gehen. Das ist auch gut so, denn dadurch bleiben die Proportionen dieses Busses im ästhetischen Rahmen. Etwas zu klein geraten wirken die Rückleuchten. Diese sind in Punktoptik ausgeführt und wollen sich nicht so recht ins Busheck einfügen. Doch Geschmack ist bekanntlich Ansichtssache.
Beim Gang ins Fahrzeuginnere fällt auf, dass eigentlich nichts auffällt. Dem slowenischen Hersteller TVM ist es gelungen, seinem Midibus die Atmosphäre eines großen Busses zu verpassen. Die Sitze sind auf Podesten befestigt, ein Mittelgang zieht sich also von vorn bis hinten. Vollwertige und stabil wirkende Gepäckablagen von Happich verleihen dem Ganzen zwar keinen exklusiven, aber immer noch einen professionell durchdachten Touch. Der Testbus verfügte zudem über ein optional erhältliches WC von Glowa, das so auch in einem Cityliner eingebaut sein könnte. Das gilt auch für die Podestküche von Frenzel, die als kleines Extra auf der Oberseite den Deckel zu einem zweiten Kühlschrank (im Frontbereich steckt der andere) aufweisen kann. Die Sicht durch die Seitenscheiben lässt keine Wünsche offen, sie ist überaus großzügig gehalten. Ein wenig eingeschränkt ist der Blick nach vorn, hier wünschte man sich an der Frontscheibe 10 bis 15 Zentimeter mehr Luft nach oben. Obwohl die kurze Testfahrt von München nach Pilsting und zurück führte, was ein Fehlen typischer Schlechtwegstrecken bedeutet, konnte festgestellt werden, dass der Bus weitgehend klapper- und knarzfrei unterwegs war. Hier scheint man in Slowenien also schon kräftig die Qualitätsschraube angezogen zu haben. An einigen Stellen hingegen ist noch ein wenig Feintuning gefragt, etwa bei der Arretierung der Klappen außen.
Dafür aber verbergen sich hinter den parallel nach oben schwenkenden Kofferraumklappen sagenhafte 7,5 Kubikmeter Kofferraum. Bei 33 Sitzplätzen in Vier-Sterne-Ausführung oder 39 Sitzplätzen in einer Alternativkonfiguration, die allerdings Viseon nicht aktiv vermarkten will, dürfte es der erste Midibus sein, bei dem der Fahrer sich mit Sicherheit keine Gedanken um das Gepäck machen muss. Ein Grund für die enorme Gepäckkapazität ist sicherlich der Fahrzeugaufbau. Der Bus kommt nämlich auf einem eigenen Buschassis vorgefahren. Es ist eine eigenständige Konstruktion, die Raum für jede Menge Bus- und Fahrkomfort lässt.
So zum Beispiel beim Thema Fahrwerk und Federung. Starrachse vorn? Nicht beim Vive TH. Der macht, wie auch der auserkorene Mitbewerber Tourino, mit Einzelradaufhängung vorn einen sehr guten Eindruck. Luftbälge an den Achsen und die MAN-tpische ECAS-Steuerung vervollkommnen den guten Federungs- und Rollkomfort. Ruhig ist der Geradeauslauf, der nur bei nicht ganz so guten Fahrbahnbedingungen fein nachkorrigiert werden muss. Doch das Lenkrad lässt sich fein, leicht, aber direkt bedienen. Die Abstimmung der ZF-Servocom-Lenkung ist gelungen. Das gilt auch für den Kraftstrang. Angetrieben wird das Fahrzeug von einem MAN D 08, der 280 PS leistet. Ein bekanntes Aggregat, das auch im Vive TH klaglos und recht leise seinen Dienst verrichtet. Geschaltet wird manuell mit dem Standard ZF-Sechsgang-Getriebe. Der Schalthebel befindet sich an griffgünstiger Position und lässt sich relativ gut bedienen.
Überhaupt macht der Fahrerarbeitsplatz einen sehr durchdachten Eindruck. Sämtliche Bedienelemente sind in Reichweite angeordnet, das gilt auch für den Griff des Federspeichers. Etwas ungewohnt ist der Hebel des Intarders, der sich rechts über dem Lenkrad im Armaturenbrett befindet.
Insgesamt gefällt der kleine Slowene durch zahlreiche interessante Detaillösungen. Er wirkt nicht nur wie ein richtiger Bus, er ist auch einer – es grüßt der N 208.
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