Dieser Test versprach interessant zu werden. Dafür sorgten verschiedene Vorzeichen. So meldete der schwedische Hersteller erst vor Kurzem, dass 156 Gelenkbusse dieses Typs nach und nach an die Berliner Verkehrsbetriebe geliefert werden. Gut, der Gelenkbus fährt mit einem anderen Motor im Heck, doch grundsätzlich handelt es sich um dieses Fahrzeug. Auf der anderen Seite war im Testbus der neue, kleinste Scania-Busmotor verbaut, wie würde sich dieses „Leichtgewicht" wohl im harten Alltag machen? Doch der Reihe nach:
Äußerlich macht der Citywide einen ausgesprochen guten Eindruck. Markant, fast schon mit breiten Schultern zieht er die Blicke von Passanten wie Busfahrern auf sich und das will in einer verwöhnten Metropole wie Berlin schon was heißen. Für Aufmerksamkeit sorgt sicherlich die große, schwarze Frontblende mit dem unübersehbaren Scania-Schriftzug sowie ein recht eigenwilliges Heck. Eine Heckscheibe gibt es übrigens nicht, wer den Motorraum öffnet, weiß dann auch schnell, weshalb, denn sämtliche Aggregate schmiegen sich schmal und schlank an die Heckwand. Nur keinen Platz im Innenraum verschwenden, scheint das Motto zu sein und es funktioniert. Von der Seite betrachtet, kommt der Citywide recht geradlinig daher – keine gestalterischen Überraschungen.
Der 12-Meter-Bus wiegt leer 11.8000 Kilogramm, das ist ein akzeptabler Wert. Wer Scania kennt, weiß aber auch, dass bei der Herstellung auf einen optimalen Materialmix gesetzt wird. So besteht der Bus aus einem verschraubten Alugerippe, die Trägerelemente/Profile sind pulverbeschichteter Stahl, der Unterboden hat eine Versiegelung erhalten. Gefertigt wird der Bus in Polen, was aber mittlerweile auch niemanden mehr überraschen dürfte.
Betritt man den Bus, empfängt einen ein nüchterner, aber durchaus praxistauglicher Innenraum. Zwar dominiert viel Grau den Fahrgastraum – das können Mitbewerber besser –, doch die Umsetzung kann überzeugen. Rechts vor der Vorderachse gibt es keinen Sitzplatz, das ist ungewöhnlich, resultiert aber schlichtweg aus Platzproblemen. Der gefahrene Bus war mit 23 Sitzplätzen ausgestattet, davon zahlreiche überbreite Einzelsitze. Bei den Sitzen handelt es sich um Scania Ster MX-Sitze, auf Wunsch kann aber auch Gestühl von Kiel geliefert werden. Für eine gute Reinigung sorgt der strapazierbare Fußbodenbelag Polyfloor SF 4020. Während der Fahrt, besonders auf Schlechtwegstrecken, waren allerdings deutliche Knarr- und Knarzgeräusche, speziell aus dem Dachbereich zu vernehmen. Hier könnte der Herstellungsprozess durchaus noch etwas optimiert werden. Denn ansonsten blieb das Fahrzeug im Inneren angenehm ruhig. Der kleine Motor gefiel durch seine Laufruhe und eine nicht zu starke Geräuschentwicklung.
Scania Citywide LF


Die Verbrauchswerte waren ein wenig hoch
Den Fahrer erwartet ein sehr moderner Arbeitsplatz. Dabei handelt es sich um eine Scania-VDV-Variante. Der komplette Armaturenträger ist in Neigung und Höhe verstellbar, damit lassen sich alle Körpergrößen abdecken. Sehr schön ist die Umsetzung der Armaturen und Anzeigen, insbesondere des Zentraldisplays gelungen. Sogar einen Drehzahlmesser gibt es, der macht aber nur bedingt Sinn, denn ein manuelles Schaltgetriebe ist im Niederflurbus nicht vorgesehen. Laut Scania ist derzeit auch nur das ZF Ecolife lieferbar, was aber eine gute Wahl darstellt. Denn das Wandlergetriebe schaltet butterweich, ist leise und dank TopoDyn zudem in der Lage, Steigungen oder Gefällestrecken zu erkennen und die Schaltstrategie entsprechend anzupassen. Im anspruchsvollen Berliner Innenstadtverkehr konnte Ecolife absolut überzeugen, auch sensible Fahrgäste werden keinen Grund zum „Meckern" finden. Das dürfte eher der Fahrer, wenn er versucht, Unterlagen, Taschen oder Kugelschreiber irgendwo abzulegen. Das ist nämlich schlicht nicht möglich, Ablagen gibt es nicht. Gut, der Testbus ist für einen italienischen Kunden konfiguriert, dennoch darf bezweifelt werden, dass Italiener nichts zu verstauen hätten. Selbst Überkopf findet sich kein Staufach und auch die Kabinentür bietet gerade mal Platz für eine Mini-Box. Links unter dem Fahrerfenster befinden sich unter anderem die Schalter für die Klimatisierung und Heizung, sowie ein Stück darunter der Hebel der Feststellbremse. Die Fahrersicht nach außen ist ordentlich, lediglich die Sicht in den rechten Außenspiegel könnte umfangreicher ausfallen. Besonders beim Anfahren von Haltestellen muss man schon recht genau schauen, um so dicht wie möglich an den Bordstein zu fahren. Doch auch hier gilt: Weitere Spiegelvarianten sind erhältlich. Dafür aber sitzt man im Citywide recht hoch, was für eine gute Übersichtlichkeit spricht. Wie fährt sich aber nun der Bus? Im Heck war der kleine 7-Liter-Motor verbaut, dabei handelt es sich um einen Sechszylinder nach Euro 6-Norm. Dieser Motor verfügt über eine Common-Rail-Kraftstoffeinspritzung, einen Turbolader mit variabler Geometrie und erreicht die Euro 6-Norm mithilfe der Abgasrückführung (EGR) und der selektiven katalytischen Reduktion (SCR), muss also zusätzlich mit AdBlue betankt werden. Gerade einmal 280 PS leistet der kleinste Scania-Busmotor und produziert dabei ein maximales Drehmoment von 1.100 Newtonmetern. Kann das gut gehen? Es kann, denn selbst stark beladen, stellte es kein Problem dar, flüssig im Verkehr und im realen Linienbetrieb mitzuschwimmen. Lediglich das Anfahren wirkte ein wenig zäh, wobei das durchaus auch als subjektive Einschätzung gewertet werden darf. Der Einsatz des vorhandenen Kickdown war jedenfalls nie notwendig. Die Verbrauchswerte waren ein wenig hoch, auf den einzelnen Etappen lag der Durchschnittsverbrauch stets deutlich über der 50-Liter-Marke, doch fairerweise muss darauf hingewiesen werden, dass eine objektive Verbrauchsermittlung nur über einen deutlich längeren Kilometer- und Zeitabschnitt erreicht werden kann. Zusammen mit dem ZF-Getriebe ergibt sich mit dem kleinen Motor eine Gewichtsersparnis von immerhin gut 500 Kilogramm im Vergleich zum 9-Liter-Aggregat. Im Testbus war der Motor quer eingebaut, im Low Entry kommt dann die Längsvariante zum Einsatz. Wer zum ersten Mal die Motorraumklappe öffnet, wird ein wenig verwirrt sein über das Motorraumlayout, doch spätestens beim Öffnen der hinteren rechten Seitenklappe entdeckt man auch die Keilriemen sowie den Kompressor.