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Van Hool T917 Altano : Luxus auf voller Länge

22.02.2011 13:15 Uhr
Van Hool T917 Altano : Luxus auf voller Länge
© Foto: Sascha Böhnke

Im Wintertest: Der Van Hool T917 Altano. Jede Menge Platz für Reisende, Gepäck und Komfort. Da reichen 48 Fahrgastsitze auf vollen 14 Metern Länge, findet der Tester. Außerdem erwähnenswert: Dieser Bus wird zwar schon seit vielen Jahren produziert, doch er erfährt ständig Verbesserungen und sanfte Kosmetik.

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Dieser Bus polarisiert. Und zwar gleich doppelt. Es ist nämlich ein Van Hool und es ist ein Reisebus mit einem Unterflurcockpit. Für die einen ist es nur ein großer, eckiger Kasten, für die anderen ist es die männlichste Versuchung, seit es Busse gibt. Dass die Belgier gute Busse bauen, ist unbestritten. Dass sie sich dabei aber auch nicht reinreden lassen, ebenso. Das gilt für das Design ebenso wie für technische Detaillösungen oder eben auch Konzeptfragen. Auf der einen Seite überrascht Van Hool mit immer neuen Varianten, die teilweise das Beste der Besten vereinen, auf der anderen Seite aber behält der Hersteller auch Typen im Programm, die bei den Mitbewerbern längst abgeschrieben sind. Dazu zählt eben der Altano. Wer sich einmal etwas genauer mit diesem Bustyp beschäftigt, wird schnell feststellen, die Idee dahinter überzeugt. Doch der Reihe nach. Wie alle Reisebusse von Van Hool hat auch der T917 Altano eine stete Überarbeitung und ­Anpassung an moderne Zeiten erfahren. Dabei wurden aber bewährte technische ­Lösungen beibehalten. Siehe ESP. Endlich ist das Elektronische Stabilitätsprogramm auch bei Van Hool Reisebussen erhältlich. „Brauchen wir nicht“, war oft von Belgischer Seite zu hören, „Unser Fahrwerk ist auch so spitze.“ Das mag stimmen und die Idee, Blattfedern längs über der Hinterachse zu verbauen, kann durchaus als genial bezeichnet werden. Der Bus hat dadurch nämlich eine unglaubliche Fahrstabilität erhalten, wie die OMNIBUSREVUE selbst in umfangreichen Tests erleben konnte. Selbst abenteuerliche Ausweich- und Schleudermanöver mit dem Doppeldecker Astromega meisterte das Fahrwerk. Doch es kommt der Tag, es kommt die Situation, in denen reicht ein Spitzen-Fahrwerk nicht mehr aus, dann schlägt die Stunde von ESP beziehungsweise ESC wie es bei Van Hool genannt wird. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Bus wird bereits vor Erreichen eines fahrkritischen Moments abgebremst. Dass den Bussen das MSP genannte Feder-System dennoch nicht genommen wird, spricht für den konsequenten Grundsatz: ­Sicher ist sicher und doppelt hält besser. Auf der Lkw-Kreisbahn auf dem ADAC-Fahrsicherheitsgelände im brandenburgischen Linthe jedenfalls schlug sich der T917 meisterhaft. Bei zirka Tempo 40 regelt die Elektronik den Bus ein und bringt das Fahrzeug bei bewusstem Verreißen des Lenkrads schnell wieder auf Spur. Dass dabei das ESP nicht zu vorsichtig eingestellt ist, zeigte die Durchfahrt der Pylonengasse, die auch mit gesetztem Tempomat ohne Probleme genommen werden konnte. Dabei spielt sicher auch eine Rolle, dass der Bus gerade einmal 3,70 Meter hoch ist und sich der Schwerpunkt trotz relativ hohem Fahrgastraum immer noch in vernünftigen Bahnen bewegt.
© Foto: Sascha Böhnke

Ausgezeichnete ZF AS-Tronic, enttäuschende Retarder-Bremswirkung

Bei den Achsen setzt Van Hool vorn und bei der Nachlaufachse auf MAN-Grundkomponenten in Verbindung mit eigenen Elementen. Die Antriebsachse stammt von Eaton. Diese wirkt in Sachen Geräusch nicht ganz so fein wie eine vergleichbare ZF-Achse, was sich auch auf dem Messgerät besonders aber beim subjektiven Hörempfinden niederschlug, verrichtet dennoch ihre Arbeit sehr sauber. An­getrieben wird der Altano von einem DAF Paccar. Damit kann der Unternehmer eigentlich nichts falsch machen. Denn sowohl, was die Zuverlässigkeit, als auch den Verbrauch angeht, spielt der Motor ganz weit vorn mit. Die verbaute ZF AS-Tronic funktionierte ausgezeichnet und kam mit dem auf rund 22 Tonnen ausgeladenen Testbus spielerisch klar. Lediglich die Retarder-Bremswirkung ließ zu wünschen übrig. Hier hätten wir uns mehr Biss gewünscht. Damit lässt sich auch prima zu den konzeptionellen Eigenheiten überleiten, die der Altano bietet. Maximal 63 Fahrgäste passen in den 13,20 Meter langen T917, beim 14,96 Meter langen T919 sind es sogar Doppelstock-verdächtige 75. Im getesteten Altano war allerdings nur Platz für 48 Reisende und einen Begleiter. Allerdings im Fünf-Sterne-Sitzabstand. Und als Zugabe noch mit geräumiger Heck-Toilette in WC-Ausführung und L-förmiger Heckküche. Enge definiert sich anders. Und als wäre dieser Überfluss noch nicht ausreichend, darf sich der Fahrer aussuchen, in welcher Ecke des Kofferraums er die Gepäckstücke der Fahrgäste stapelt. Rekordverdächtige 14 Kubikmeter lassen auch bei der Beförderung einer Golfer-Truppe den Fahrer nicht zusammenzucken. Der große Kofferraum ergibt sich, da der Boden des Fahrgastraumes angehoben wurde und zwar so weit, dass in der Front ein kompletter Fahrer- und Beifahrerplatz darunterpassen. Unterflurcockpit nennt sich das. ­Vorteil: zwei zusätzliche Sitzreihen. Besser lässt sich Platz im Bus kaum ausnutzen. Aus Fahrersicht gibt es zwei Lager. Die einen fühlen sich in ihrem Separee pudelwohl und genießen die Abgeschiedenheit, die anderen vermissen den Kontakt zur Gruppe. Nun lässt sich trefflich darüber streiten, was besser ist, dennoch ist es wie es ist und ein Doppelstock-Reisebusfahrer hat es auch nicht viel besser. Der kommt allerdings leichter an seinen Arbeitsplatz. Den Weg dorthin haben wir nämlich im Altano als recht eng empfunden. Ist der Einstieg geschafft, umfängt den Fahrer ein typisches Van Hool-Cockpit. Quadratisch, praktisch und – im Falle eines Altano – mit Verbesserungspotenzial versehen. Das Sichtfeld nach oben ist konzeptbedingt recht eingeschränkt, verstärkt wird das Problem noch durch die Montage von Radio und digitalem Tacho. Zugegeben, dadurch kann man diese Geräte prima erreichen, allerdings zum Preis einer weiteren Sichteinschränkung. Der Fahrer im Altano sitzt sehr tief, fast auf Pkw-Niveau. Dadurch ist natürlich der Kontakt zur Fahrbahn viel unmittelbarer als bei einem Hoch­decker-Cockpit. Wirklich störend ist diese ­tiefe Sitzposition jedoch nicht.
© Foto: Sascha Böhnke

LED-Beleuchtung rund um den Bus

Sehr wohl wird sich der Beifahrer fühlen. Beinfreiheit ist ausreichend vorhanden, zudem ist der Sitz komplett drehbar. Das muss aber auch sein, denn hinter Fahrer und Beifahrer befindet sich eine zusätzliche 40-Tassen-Kaffee­maschine. Die eigentliche Küche ist ja hinten untergebracht, doch ­doppelt hält bekanntlich besser. Diesen Bereich kann der Reiseleiter auch nutzen, um Formulare auszufüllen oder sich wie in einem kleinen Büro zu fühlen. Wie auf Wolke Sieben dürften sich die Fahr­gäste im Altano fühlen, speziell wenn der Bus mit einem Glasdach ausgestattet ist und der Blick frei nach oben streben kann. Himmelfahrt bekommt so eine ganz neue Bedeutung. Das mit dem Glasdach ist ein geschickter Schachzug von Van Hool, denn durch die ­relativ geringe Fahrzeughöhe von 3,73 Metern und dem erhöhten Fahrgastraum-Boden ist die Stehhöhe naturgemäß nicht mit der eines ­klassischen Hochdeckers zu vergleichen, auch wenn der Bus einen Mittelgang besitzt. Doch Glas schafft Licht, Raum und Luft. Die Gepäckablagen sind mit Klappen versehen. Das ist eine sichere Sache und eine, die nicht klappert noch dazu. Denn ihr Handwerk verstehen die belgischen Busbauer, das muss man ihnen ­lassen. Auch auf Schlechtwegstrecken kein Klappern, Knarzen oder Rumpeln an Stellen, wo es nicht hingehört. Eine Lichtgestalt ist der Bus auch nachts. Was anfangs nur ein Trend war, setzt sich immer mehr durch: LED-Beleuchtung rund um den Bus. Van Hool zeigte bereits mit dem Astronef, wie sehr sich durch Licht die Stimmung an Bord beeinflussen lässt. Und auch beim getes­teten Altano T917 überzeugt das LED-Lichtband, welches sich rund um das verglaste Dach zieht. Auf farbliche Variationen muss man zwar verzichten, das ist aber nicht schlimm, hier zählt eben der reine Nutzen. Eine gleichmäßige Ausleuchtung des Fahrgast­raums wird mit Leichtigkeit erreicht. Dazu passen auch gut die LED-Leseleuchten und die hintergrundbeleuchteten Taster der Service-Sets. Es ist faszinierend, welche „Erleuchtung“ bei Dunkelheit passiert. Lassen die ­dunkel getönten Scheiben tagsüber keine neugierigen Blicke nach innen zu, wirkt der Bus nachts geradezu einladend transparent. Keine negativen Überraschungen erwarten den Fahrer. Sein Arbeitsplatz wird konventionell beleuchtet, lediglich die Vielzahl an Schaltern, rund um ihn verteilt, dürfte Van Hool-Neulinge anfangs ein wenig verwirren. In der Windschutzscheibe spiegelt sich nichts, das ist aber auch kein Wunder, der helle Fahrgastraum befindet sich schließlich eine Etage höher. Das einzige, was ­etwas störte, waren die sehr hell strahlenden Begrenzungsleuchten am Heck des Fahrzeugs.
© Foto: Sascha Böhnke

So einfach wie nötig und so luxuriös wie wirtschaftlich vertretbar

Die Scheinwerfer liefern ein ausgewogenes Fahrbahnlicht, die Rücklichter sind standardmäßig als LED-Einheit ausgeführt. Eine Besonderheit sind die Leuchten am Dachrand, die sowohl die rechte als auch die linke Gehwegseite sehr hell ausleuchten. Diese Leuchten haben uns schon bei anderen Van Hool-Bussen gefallen. Gut, dass der Hersteller diese helle Tradition beibehalten hat. Und so beweist dieser Bus wieder einmal recht deutlich: Innovationen können auch dort stattfinden, wo man sie auf Anhieb gar nicht erwarten würde. Im Jahr 2011 eigentlich eine Selbstverständlichkeit sind Heck-Toiletten. Im Flugzeug oder in der Bahn muss der Fahrgast ja auch keine schwankende Treppe überwinden, um sein Geschäft zu erledigen. Überhaupt zeigt der Testbus vieles von dem, was einen attraktiven Reisebusverkehr ausmacht und dennoch längst nicht selbstverständlich ist. Dazu zählt ein ausreichend großer Sitzabstand, Unterhaltungssysteme an jedem Fahrgastplatz, wie man sie mittlerweile auch in der Economy-Class bei Langstreckenfliegern kennt, mit zahlreichen TV-Programmen, individuellen Spielfilmen, Radioprogrammen und auch Unterhaltungsspielen ausgestattet. Selbstverständlich kann sich der Fahrgast auch das Bild der Frontkamera oder die Fahrtroute auf den kleinen Bildschirm holen. Wer nun argumentiert, mit solchen Ausstattungsmerkmalen könne man keine Schulklassen befördern, hat sicher recht, wenn er mit einem erhöhten Wartungsaufwand und damit verbundenen Kosten argumentiert, vergisst aber, dass die Kinder von heute die Fahrgäste von morgen sein können. Die Idee, die hinter diesem ­Altano steckt, lautet daher: So einfach wie nötig und so luxuriös wie wirtschaftlich vertretbar. Das, was dabei herauskommt, erstaunt. Insgesamt hat es uns gefreut, dass sich Van Hool auch im tiefsten Winter nicht vor der harten Teststrecke unseres Magazins gedrückt hat. Und das ist auch gut so, denn Qualität funktioniert zu jeder Jahreszeit. Wenn Sie nun Lust bekommen haben, diesen Bus noch etwas genauer kennenzulernen, dann schauen Sie doch mal auf www.bustv.de vorbei. BUS TV stellt den T917 Altano in einem ausführlichen Fahrzeugporträt vor. Zu Wort kommt auch Jochen Milster, Chef des Hit-Reiseclubs. Das Unternehmen hat sich auf hochwertige Reisen spezialisiert und befördert 150.000 Busreisende jährlich. Unser Urteil: Fast scheint es so, als könne ein Van Hool nicht altern. Kein Wunder, der Hersteller versteht es, seinen Bussen immer zum richtigen Zeitpunkt eine Frischzellenkur zu verpassen. LED-Beleuchtung, ESP und Details wie das Glasdach zählen dazu. Der Altano mit seinem Unterflur-Cockpit zählt zu einer raren Spezies, die aber eine treue Fangemeinde hat. Die überzeugt nämlich der riesige Kofferraum und die zusätzlichen Sitzplätze, die man sonst nur in einem Doppeldecker bekommt. Im Gegensatz zu diesem ist der Altano nur 3,73 Meter hoch und passt damit nicht nur unter fast jede Brücke, sondern auch in jede Bushalle. Der gefahrene Bus überzeugte durch sein ausgereiftes Fahrwerk und eine traumhafte Innenausstattung. Wer als Fahrgast einmal diesen Standard erlebte, natürlich in Verbindung mit entsprechend geschultem Personal, wird wiederkommen. Dieser Bus hätte es verdient. (sab)
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