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9-Euro-Ticket: Der einen Leid ist der anderen Freud'

29.08.2022 16:41 Uhr | Lesezeit: 4 min
9-Euro-Ticket: Der einen Leid ist der anderen Freud'
Her mit mehr 9-Euro-Ticket: weil's einfach schön ist!
© Foto: iStock/sdominick

Ein Lob-Lied auf das 9-Euro-Ticket - wer den Schaden nicht hat, singt es laut. Aus vollem Hals.

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Die Popularität des bundesweit gültigen 9-Euro-Tickets sei ungebrochen und der positive Effekt zur Bekämpfung des Klimawandels nachweisbar. Das wollen aktuelle Ergebnisse einer bundesweiten Marktforschung belegen, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zusammen mit der Deutschen Bahn und den Marktforschungsinstituten Forsa und RC Research im Auftrag von Bund und Ländern realisiert. Die zentralen Erkenntnisse aus der Untersuchung hat der VDV heute gemeinsam mit Verkehrsminister der Länder vorgestellt. Seit Verkaufsstart Ende Mai seien rund 52 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft worden. Hinzu kämen mehr als zehn Millionen Abonnenten, die das vergünstigte Ticket jeweils monatlich über den Aktionszeitraum automatisch erhalten haben. Ungeachtet der laufenden Diskussionen über eine Nachfolgeregelung fordern Landespolitik und Branchenverband langfristige Finanzierungsgrundlagen für einen zukunftsfähigen öffentlichen Nahverkehr.

Ein solcher braucht zwar Unternehmen, die ihn schultern, aber was kostet die Welt, wenn man sich Zahlen und Ergebnisse stricken kann, wie man sie gern haben will? Ma braucht immerhin nur die "richtigen" Fragen stellen. Den "richtigen" Leuten, versteht sich. Und während zahllose Unternehmen unter dem grünen Wahn tragfähiger Klimapropaganda ächzen und nicht wissen, ob sie sich morgen noch den Sprit für ihre Öffentlichen Verkehre leisten können, freut sich die Politik über den "Verlagerungseffekt vom Pkw zum ÖPNV", welche "aktuelle Zwischenergebnisse einer bundesweiten Marktforschung mit 6.000 Interviews pro Woche" belegen sollen. Der VDV und die Deutsche Bahn haben diese Inteviews gemeinsam koordiniert. Demnach sollen 10 Prozent der Fahrten mit dem 9-Euro-Ticket eine Fahrt ersetzt haben, die sonst mit dem Pkw unternommen worden wären.

Insgesamt läge der Anteil der aus anderen Verkehrsmitteln verlagerten Fahrten bei 17 Prozent. „Die Ergebnisse der Marktforschung belegen deutlich: Die Menschen wollen den öffentlichen Nahverkehr, wenn das Ticket einfach und verständlich sowie überall flexibel nutzbar ist. Und sie sind bereit, ihr Auto dafür stehen zu lassen, wenn so ein Ticket nicht nur über den überschaubaren Zeitraum von drei Monaten geht“, bilanzierte Dr. Maike Schaefer in ihrer Funktion als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VMK) der Länder. „Jetzt müssen Lösungen erarbeitet werden, die den Nah- und Regionalverkehr in urbanen und ländlichen Räumen ausbauen und stärken. Das ist nur auf Basis einer langfristig gesicherten Finanzierungsgrundlage möglich, die den ÖPNV auf Dauer leistungsfähig und für alle bezahlbar macht. Hier ist insbesondere der Bund gefordert“, so die Senatorin für Mobilität der Freien Hansestadt Bremen weiter.

Da darf man sich einmal mehr fragen, wer genau mit "alle" gemeint sein mag. Wobei - mit ihrer Existenz zahlen allenfalls die Unternehmen. Und die haben "es" doch, wenn die Politik es so will.

"Preis ist Hauptargument für den Kauf, gefolgt vom Verzicht auf Autofahrten"

Da Politiker das Wahlvolk gewinnen müssen, wird diesem nach dem Mund geredet, ganz wie der Schnabel gewachsen ist. Dass es nicht ausreiche, den Fokus allein auf eine Nachfolgelösung für ein bundesweit attraktives Ticketangebot zu legen, lasse sich auch aus der aktuellen Auswertung der Marktforschung ableiten, heißt es in der Pressemitteilung des VDV zur Sache. Der Ticketpreis spiele für Neukundinnen und Neukunden eine deutlich geringere Rolle als für bestehende Abonnentinnen und Abonnenten. Er sei zwar mit 56 Prozent auch bei den Neukunden das Hauptargument für den Kauf, gleich dahinter nennen jedoch 43 Prozent der befragten Neukunden den Verzicht auf Autofahrten als Kaufgrund. Auch die Flexibilität sowie die bundesweite Gültigkeit werden als wichtige Kaufargumente genannt. Unter den Befragten, die das Ticket nicht gekauft haben, sind Hauptgründe gegen den Kauf des 9-Euro-Tickets fehlende Nutzungsanlässe (37 Prozent), die Vorliebe fürs Auto (35 Prozent) und umständliche Verbindungen (33 Prozent). Im ländlichen Raum dominieren als Nichtkaufgründe umständliche Verbindungen, Taktung, Fahrtdauer und Entfernung zur Haltestelle. Die Verkaufszahlen dort sind etwa halb so hoch wie in städtischen Gebieten.

Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann betont, dass ohne eine strukturelle Erhöhung der Regionalisierungsmittel durch den Bund die Debatte über eine Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket in eine Sackgasse laufe. „Die Attraktivität des ÖPNV, das heißt gute Taktungen, ein dichtes Liniennetz und schnelle Fahrzeiten können nur mit zusätzlichen Mitteln gewährleistet werden. Die enorm gestiegenen Energie- und Kraftstoffpreise verschärfen diese Finanzsituation weiter, so dass der Bund hier zuerst seine Hausaufgaben erledigen muss. Klar ist auch: Der Bund ist gefordert, einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag zu einer möglichen Nachfolge des 9-Euro-Tickets vorzulegen und die Kosten hierfür aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Finanzierungsverantwortung vollständig zu tragen.“

Viel Schwurbel für ganz kleines Geld - aber in den Tenor stimmt man auch von anderswo ein. Petra Berg, Ministerin für Mobilität des Saarlandes, legt den Fokus darauf, dass die Mehrheit der Fahrgäste vor allem alltägliche Fahrten wie Arztbesuche, Shopping und allgemeine Erledigungen mit dem 9-Euro-Ticket unternommen hat. Vor diesem Hintergrund forderte sie eine adäquate Anschlussregelung: „Es muss eine überzeugende Anschlusslösung für ein bundesweites Nahverkehrsticket gefunden werden, um die Bürgerinnen und Bürger weiterhin zu entlasten, die in Zeiten steigender Preise und Kosten darauf angewiesen sind. Zugleich muss dabei der Ausbau in den ÖPNV finanziell sichergestellt werden, denn allein der Ticketpreis genügt nicht, um die Menschen dauerhaft zum Umstieg zu bewegen.“

Auf das Engagement der Länder für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ging Winfried Hermann, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, ein: „Um eine Angebotsoffensive zu starten, ist die Unterstützung des Bundes unerlässlich. Die Länder tun viel, um Busse und Bahnen zu stärken. Ohne eine deutliche Anhebung der Regionalisierungsmittel kann aber das Angebot im öffentlichen Nahverkehr nicht ausgebaut werden. Angesichts langer Laufzeiten der Verträge mit Bahnunternehmen und der mehrere Jahre im Voraus notwendigen Bestellung von Zügen brauchen die Länder Planungssicherheit. Wenn es nicht gelingt, die Regionalisierungsmittel in den kommenden Jahren deutlich und kontinuierlich zu erhöhen, werden die Länder Züge abbestellen müssen. Das Ziel im Interesse der Fahrgäste und des Klimaschutzes lautet aber: Mehr Züge und bessere Takte.“

Natürlich darf bei so viel Applaus und tiefsten Forsetzungswillen eines nicht fehlen: Der CO2-Fußabdruck. Nach einer Hochrechnung des VDV hätten drei Monate 9-Euro-Ticket ähnliche CO2-Einsparungen gebracht wie ein Jahr Tempolimit auf Autobahnen bringen würde. Wow. Wie schade, dass Pflanzen so viel CO2 zum Wachsen brauchen, dass seit Beginn aller Messungen zuverlässig immer knapp 0,04 Prozent CO2 in der Luft enthalten ist, egal, was "der Mensch" in seiner ganzen Großherrlichkeit emittiert.

Alle verantwortlichen Akteure sollen jetzt zügig über die Fortsetzung und Weiterentwicklung eines solchen Angebots entscheiden, heißt es ebenfalls in der VDV-Pressemitteilung. "Wenn wir Verkehrswende und Klimawandel ernst nehmen, dann müssen wir jetzt handeln“, appellierte der Hauptgeschäftsführer des VDV. Anfang Oktober findet die Umstellung der Vertriebssysteme auf die ab Januar 2023 geltenden Tarife statt. Vor diesem Hintergrund schlug Wolff vor, den kommenden Monat zu nutzen, um spätestens bis dahin gemeinsam eine für die Verkehrsunternehmen wirtschaftliche und für die Fahrgäste attraktive Lösung zu erarbeiten.

Aha. Und wie gut, dass man Geld nur drucken braucht.

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