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bdo-Experten-Forum: Privatisierungswelle oder Rekommunalisierung?

10.11.2016 16:11 Uhr
bdo-Experten-Forum: Privatisierungswelle oder Rekommunalisierung?
© Foto: Andreas Heise

Beim bdo-Experten-Forum am 8. November in Berlin standen VO 1370, PBefG und Direktvergaben im Mittelpunkt.

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Mit 140 Teilnehmern war die Veranstaltung sehr gut besucht – ein Beweis dafür, welch eine wichtige Rolle die Themen derzeit spielen. Schon vor dem bdo-Experten-Forum ÖPNV waren die Lager geteilt. Auf der einen Seite steht der Mittelstand, der sich durch eigenwirtschaftliche Anträge gegen kommunale Direktvergaben wehrt. Auf der anderen Seite stehen die Kommunen, die darin eine gefährliche Privatisierungswelle sehen.

Im ersten Teil des bdo-Experten-Forum diskutierten Vertreter aus Politik und Wirtschaft über die Verordnung 1370, die seit nunmehr zehn Jahren in Kraft ist. Jan Scherp, stellvertretender Leiter der Generaldirektion Mobilität und Verkehr bei der EU-Kommission, betonte, dass einer aktuellen Studie nach die VO 1370 auf europäische Ebene grundsätzlich positive Auswirkungen gehabt habe. Hinsichtlich Deutschland sagte Scherp: „Es ist die Aufgabe nationaler Politik, mittelständische Strukturen zu erhalten und zu fördern.“  Den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre nannte er eine „löbliche nationale Initiative“. Inwieweit kommunale Direktvergaben zugenommen hätten, sei empirisch zu prüfen. Scherp verwies außerdem auf den Bericht zur Umsetzung der VO 1370, den die EU-Kommission für 2019 plant.

Wie der Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU) wiederum berichtete, wird die Bundesregierung am 1. Januar 2017 einen Evaluierungsbericht vorlegen, der sich mit dem PbefG und seinen Auswirkungen befasst. Alle Länder, Markteilnehmer und Verbände hätten hierzu bereits Einschätzungen geliefert. Christian Schreyer, Transdev, fand während der Podiumsdiskussion deutlich Worte: „Eigenwirtschaftliche Anträge werden als Lohndumping hingestellt. Das stimmt nicht. Es ist kein Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten.“ Dass im Zuge der VO 1370 Direktvergaben an interne Betreiber die Ausnahme vom Wettbewerb bilden sollen, könne er nicht bestätigen. Anja Ludwig, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des bdo, sprach von einer „regelrechten Direktvergabe-Welle“. bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard verwies darauf, dass seit der Veröffentlichung der VO 1370 in 96 Prozent der Fälle Aufträge direkt an kommunale Verkehrsunternehmen vergeben wurden, in nur vier Prozent der Fälle an private Verkehrsunternehmen. „Ich habe den Eindruck, es gärt in Deutschland“, musste während der Diskussion auch Jan Scherp von der EU-Kommission feststellen.

Im zweiten Teil, in dem das PBefG im Fokus stand, sprach sich der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (BMVI) hinsichtlich des Streitthemas Dienstleistungsauftrag versus allgemeine Vorschriften für klare Regelungen aus, damit die Beteiligten nicht ständig vor Gericht landeten. Nach Meinung von Hilmar von Lojewski, Deutscher Städtetag, sei das §8 Abs. 4-Verfahren zu hinterfragen. Für Raunen im Saal sorgte Lojewskis Aussage „Wenn sie eigenwirtschaftlich fahren, dann fahren sie mit Subventionen.“ Martin Schäfer, VDV-Fachbereichsleiter Personenbeförderungsrecht, öffentliches Verkehrswirtschaftsrecht und Ländernahverkehrsrecht, sprach davon, dass der VDV einen Beschluss zum PBefG gefasst habe. Man spreche sich für Tariftreue bei gleichzeitiger Tarifpluralität aus und schlage eine Präzisierung beim Punkt „wesentliche und unwesentliche Abweichungen“ im PBefG vor. Man wolle dies noch in der jetzigen Legislaturperiode lostreten. Ferlemann hingegen sieht eine Änderung des PBefG vor den anstehenden Bundestagswahlen als unrealistisch an.

Fazit: Der Evaluierungsbericht Anfang 2017 bleibt mit Spannung abzuwarten – ob es noch vor den Bundestagswahlen zu einer Änderung des PBefG kommen könnte, ist strittig.

Im anschließenden Praxisteil des bdo-Experten-Forum ÖPNV gab es konkrete Antworten zu allgemeinen Vorschriften, zu den Chancen und Risiken im Genehmigungswettbewerb, zu gemeinsamen Direktvergaben/ÖPP, zu KMU-Direktvergaben und zu Kleinstvergaben. (ah)

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