Als einen „ein klugen, mutigen und notwendigen Schritt“ bezeichnete Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), den Beschluss der Verkehrsminister der Länder für eine Preiserhöhung des Deutschlandtickets. „Die Erhöhung des Preises des Deutschlandtickets um neun Euro zum 1. Januar 2025 ist aus wirtschaftlicher Sicht für Verkehrsunternehmen, Verbünde und Kommunen zwingend. Für das nächste Jahr ist das Deutschlandticket damit finanziell gesichert“, sagte Wortmann.
Das Ticket bleibe für die Kunden „auch mit dem neuen Preis hochattraktiv und ermöglicht es uns, dies weiter erfolgreich am Markt zu etablieren“, so Wortmann weiter, der forderte: „Jetzt muss der Bund die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, um das Deutschlandticket dauerhaft zu sichern. Dazu muss er das Regionalisierungsgesetz schnell anpassen und so seine Mitfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro jährlich und dynamisiert sowie die Überjährigkeit der Mittel gewährleisten. Vor allem aber bleibt die dauerhafte Finanzierung eines hochwertigen ÖPNV-Angebots die von Bund, Ländern, Kommunen und Branche gemeinsam zu lösende Aufgabe. “
Verbände fordern Planbarkeit und Verlässlichkeit
„Die Preiserhöhung ist happig, aber jetzt haben wir wenigstens Klarheit“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer des Lobbyverbands Allianz Pro Schiene. „Nun brauchen wir dringend das parteiübergreifende Signal der Verkehrsminister, das Deutschlandticket zu einem dauerhaften Angebot zu machen. Die Menschen im Land erwarten Verlässlichkeit.“
Der Allgemeine Deutschen Automobilclub (ADAC) sprach sich für einen längerfristig stabilen Preis aus. „Mit der Verteuerung des Deutschlandtickets um neun Euro muss eine Preisgarantie für mehr als ein Jahr einhergehen“, sagte der ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. Um die Akzeptanz des Deutschlandtickets nicht zu gefährden, dürfe aber auch der dringend notwendige Ausbau des ÖPNV-Angebots vor allem im ländlichen Raum nicht in Vergessenheit geraten.
Für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs plädierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. „Für mehr Busse und Bahnen mit kurzen Taktzeiten und attraktiven Netzen sowie das dafür nötige Personal brauchen wir vor Ort deutlich mehr Mittel. Die können nicht über den Ticketpreis kommen, sondern müssen von Bund und Ländern bereitgestellt werden“, unterstrich Dedy gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“. Ein günstiges Ticket nütze wenig, wenn das Angebot nicht stimme. Bund und Länder müssten mehr Geld in die Hand nehmen.
"Das wichtigste Kriterium für den Erfolg des Deutschlandtickets ist, neben einem guten Verkehrsangebot, die Verlässlichkeit. Verlässlichkeit für die Kunden, aber auch für die Leistungserbringer."
Thomas Prechtl, Präsident des BSN
Preiserhöhung stellt bisherigen Erfolg in Frage
Der Bundesverband SchienenNahverkehr (BSN) als Vertreter der Leistungserbringer für den schienengebundenen Personennahverkehr sieht keine Alternative zur Erhöhung des Deutschlandticket-Preises. „Das wichtigste Kriterium für den Erfolg des bundesweit einheitlichen ÖPNV-Tickets ist, neben einem guten Verkehrsangebot, die Verlässlichkeit. Verlässlichkeit für die Kunden, aber auch für die Leistungserbringer, also die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen“, erklärte Thomas Prechtl, Präsident des BSN.
Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands (DTV), sagte zur Preiserhöhung: „Mit dem Deutschlandticket haben wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Mobilität gemacht. Die hohe Nachfrage hat gezeigt, dass die Menschen bereit sind, umweltfreundliche Alternativen zum Auto zu nutzen. Eine Preiserhöhung auf 58 Euro stellt diesen Erfolg jedoch infrage. Wir riskieren, dass viele Menschen ihr Abo kündigen und wir einen Teil der Fahrgäste wieder verlieren. Der DTV hätte sich gewünscht, die Finanzierung des Deutschlandtickets so zu sichern, dass es für alle erschwinglich bleibt. Nur so können wir einen nachhaltigen Tourismus erfolgreich gestalten und unsere Umwelt schützen.“
"Für Autos sind manche Politiker bereit zehn Jahre Deutschlandticket zum bisherigen Preis locker zu machen. Die Verkehrswende scheitert also nicht am Können, sondern am Wollen."
Detlef Neuß, Bundesvorsitzender von Pro Bahn
Fahrgastverband: Verkehrswende scheitert am Wollen
Der Fahrgastverband Pro Bahn hat die Preiserhöhung kritisiert. „Eine Erhöhung um fast zwanzig Prozent ist für viele Fahrgäste ein Schlag in die Magengrube und treibt viele neu gewonnenen Fahrgäste zurück ins Auto“, kritisierte Detlef Neuß, Bundesvorsitzender von Pro Bahn. „Die Länder argumentieren aktuell gerne, dass durch die Erhöhung Mittel für die Bestellung zusätzlicher Verkehre oder den Ausbau der Infrastruktur geschaffen würden, doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass vor dem Deutschlandticket nichts davon geschehen ist“, so Neuß.
Es entstehe der Eindruck, dass „viele Länder gerne in den bequemen Modus vor dem Deutschlandticket zurückmöchten, als man weniger tun musste, weil kaum Züge überfüllt waren und das Angebot weniger gut angenommen da die Ticketpreise deutlich höher waren“, fügte Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands, hinzu. Der Verband hat daher auch wenig Hoffnung, dass nun auf die Preiserhöhung eine Angebotsoffensive folgt.
Ein besonders fader Beigeschmack entstehe beim Blick auf Forderungen einer Abwrackprämie von 6000 Euro pro Auto. „Für Autos sind manche Politiker bereit zehn Jahre Deutschlandticket zum bisherigen Preis locker zu machen. Die Verkehrswende scheitert also nicht am Können, sondern am Wollen“, bilanziert Neuß.