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Ein -Euro-Ticket: Uneinigkeit trotz Einigung

17.10.2022 11:58 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ein -Euro-Ticket: Uneinigkeit trotz Einigung
Einig scheint man sich in nur einem zu sein: ein -Euro-Ticket muss her. Und wenn es nur irgendeins ist.
© Foto: iStock/Tholer

An der Grundsatzeinigung über ein 49-Euro-Ticket für Busse und Bahnen gibt es Kritik – Sozialverbände und Verbraucherschützer halten es für zu teuer.

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Wie zu erwarten sind die „Finanzierungsfragen“ weiterhin offen, nachdem sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern auf das 49-Euro-Modell als Nachfolger des 9-Euro-Tickets verständigt hatten. „Auf Spitzenebene“ müsse die Finanzierung nun geklärt werden, heißt es in einer dpa-Meldung. Der Deutsche Städtetag fordere entsprechend dauerhaft mehr Geld vom „Bund“. Fragt sich nur noch, wer das eigentlich ist. Dieser „Bund“ scheint ja volle Taschen zu haben. Und wenn und weil er die hat, brauchen sich im Grunde niemand Sorgen über Finanzierbarkeiten zu machen. Das Geld wird fließen. In Strömen. Sozialverträglich. Klimafreundlich. Einfach. Und am besten: geplant schon ab 1. Januar 2023, wie Bundeverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bereits sagte.

Es sind die Verbraucherzentralen, die das „größere Augenmerk“ auf „soziale Aspekte“ fordern. „Der öffentliche Nahverkehr muss für alle erschwinglich sein, unabhängig vom Einkommen“, so die Leiterin für Verbraucherpolitik beim Bundesverband (vzbv), Jutta Gurkmann. Insbesondere Empfängern von Transferleistungen und Geringverdienern ohne staatliche Leistungen helfe ein 49-Euro-Ticket wenig. Der vzbv hatte ein 29-Euro-Ticket gefordert, „um einen wirklichen Anreiz für einen Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu schaffen“. Das klingt fast so, als würden Empfänger von Transferleistungen und Geringverdiener bislang konsequent Auto fahren.

Für eine 29-Euro-Lösung hatte auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, votiert. „So hätten auch Menschen mit wenig Einkommen weiterhin die Möglichkeit, kostengünstig den ÖPNV zu nutzen – sei es, um Familie und Freunde zu besuchen oder wichtige Arzttermine wahrzunehmen.“ Heißt das, „Menschen mit wenig Einkommen“ arbeiten nicht? Haben auch unwichtige Arzttermine? Und jede Menge Zeit, andere zu besuchen? Worum geht es beim wieviel-auch-immer-Euro-Ticket eigentlich wirklich? Fragen über Fragen. Nicht zuletzt erscheint auch dem Fahrgastverband Pro Bahn ein 49-Euro-Ticket für einkommensschwache Menschen zu teuer. „Das Prinzip Gießkanne wird damit nicht durchbrochen“, sagte der Pro-Bahn-Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann der dpa. „Wir bräuchten für diese Menschen ein günstigeres Angebot.“

Der „Bund“ hatte zugesagt, ein Nachfolgeticket des 9-Euro-Tickets mit 1,5 Milliarden Euro zu finanzieren – wenn die Länder mindestens den gleichen Betrag zur Verfügung stellen. Die Länder sind aber nur zu einer Mitfinanzierung bereit, wenn es vor dem Hintergrund gestiegener Energiekosten eine Verständigung über eine Anhebung der Regionalisierungsmittel in Milliardenhöhe gibt. Mit diesem Geld des Bundes bestellen sie Busse und Bahnen. Für die sie gar keine Fahrer haben …

Ein Regierungssprecher machte am Freitag deutlich, die Bundesregierung strebe eine Klärung in einem Paket an. Der Bund gehe von einer gütlichen Einigung aus. Die Länder und der Bund streiten derzeit noch über andere Finanzfragen zur Entlastung der Bürger, dabei geht es etwa um eine Ausweitung des Wohngelds. Ein entscheidendes Treffen der Regierungschefs der Länder und Kanzler Olaf Scholz (SPD) könnte es nach der neuen Steuerschätzung Ende Oktober geben.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, sagte der dpa, das 49-Euro-Ticket dürfe wichtige Investitionen in den Ausbau des Nahverkehrs nicht ausbremsen. Der ÖPNV sei schon lange „extrem unterfinanziert“.

(dpa)

Kommentar

Vielleicht könnte man von Vancouver in Kanada lernen. Der gesamte vordere Teil der Stadtbusse ist dort „disabled people“ vorbehalten, optisch durch Informationstäfelchen und eine viel Platz lassende Klappsitz-Ausstattung vom hinteren Busteil mit normaler Bestuhlung, wie wir sie hierzulande aus unseren Stadtbussen kennen, unterscheidbar. „Disabled people“ fahren dabei einfach „schwarz“, ganz offiziell. Oder mindestens geduldet. Die „Behinderung“ der „disabled people“ besteht zumeist zwar in Armut und „behindernden Folgen“ von Armut, weshalb es kaum verwundert, dass weit überwiegend Ureinwohner als „disabled“ auffallen. Aber im Angesicht der ganzen Krisen, die die Menschen in Deutschland beuteln und die die Zahl der von Armut Betroffenen unaufhaltsam weiter in die Höhe treiben, vielleicht eine Überlegung wert. Dann braucht sich auch niemand mehr um 20 Euro Differenz zu streiten. Oder überhaupt ein „Euro-Ticket“. Dann kann das kosten, was es wolle und ist trotzdem unschlagbar „sozialverträglich“.

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