EuGH-Urteil: Volle Erstattung bei gravierenden Mängeln

03.11.2025 14:00 Uhr | Lesezeit: 2 min
Bagger in Tirana/Albanien
Im konkreten Fall des Europäischen Gerichtshofs beeinträchtigten Abrissarbeiten den Aufenthalt von Pauschalreisenden in Albanien massiv. Der Veranstalter musste den vollen Reisepreis erstatten (Symbolbild aus Tirana)
© Foto: picture alliance/AP/PhotoHektor Pustina

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einem Urteil die Rechte von Pauschalreisenden deutlich gestärkt: Auch bei teilweiser Leistungserbringung kann eine vollständige Rückzahlung des Reisepreises fällig werden, wenn die Mängel so gravierend sind, dass die Reise ihren Zweck verliert. Welche Punkte auch für Busunternehmen von Bedeutung sind.

Im konkreten Fall ging es um eine All-inclusive-Reise nach Albanien, bei der Urlauber durch Abrissarbeiten massiv gestört wurden. Albanische Behörden hatten den Abriss des Schwimmbeckens ihres Hotels angeordnet, Diese Bauarbeiten beeinträchtigten ihren Aufenthalt erheblich: Lärm, eingeschränkte Verpflegung und weitere Bauaktivitäten führten dazu, dass die Reise für die Gäste objektiv uninteressant wurde.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied, dass eine volle Erstattung des Reisepreises auch dann möglich ist, wenn einzelne Leistungen zwar erbracht wurden, deren mangelhafte Qualität jedoch so gravierend ist, dass die Reise ihren Zweck verliert. Ob dies zutrifft, muss das nationale Gericht im Einzelfall prüfen.

Für Pauschalreiseveranstalter, die Komplettangebote mit Unterkunft und Verpflegung anbieten, ist folgendes relevant:

  • Keine automatische Haftungsbefreiung bei Drittverursachung: Auch wenn ein Dritter (z. B. Behörden) für die Mängel verantwortlich ist, kann sich der Veranstalter nur dann entlasten, wenn die Umstände weder vorhersehbar noch vermeidbar waren. Ein Verschulden des Dritten ist nicht erforderlich.

  • Abrissarbeiten gelten nicht automatisch als „unvorhersehbar“: Wenn der Veranstalter oder Hotelbetreiber über die behördlichen Maßnahmen informiert war oder daran beteiligt war, kann keine Rede von einem „außergewöhnlichen Umstand“ sein. In diesem Fall bleibt die Schadensersatzpflicht bestehen.

  • Keine Strafschadensersatzpflicht: Die Richtlinie dient der Wiederherstellung des vertraglichen Gleichgewichts, nicht der Sanktionierung des Veranstalters.

Dieses Urteil verschärft die Anforderungen an Reiseveranstalter, sich über lokale Entwicklungen an Zielorten zu informieren und diese bei der Reiseplanung zu berücksichtigen. Für Pauschalreiseveranstalter wie es Busunternehmen mit touristischen Gruppenreisen sind, bedeutet das EuGH-Urteil: Transparente Kommunikation mit Partnern vor Ort und sorgfältige Risikoabwägung sind unerlässlich, um Haftungsrisiken zu minimieren.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23. Oktober 2025, Aktenzeichen C-469/24

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