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Insolvenzen: Energiekosten und Inflation gehen an die Substanz

13.12.2022 15:18 Uhr | Lesezeit: 6 min
Insolvenzen: Energiekosten und Inflation gehen an die Substanz
Staatliche Hilfsmaßnahmen haben in den letzten Jahren einen Anstieg der Insolvenzzahlen verhindert, so Experten (Symbolbild)
© Foto: freie-kreation/stock.adobe.com

Erstmals seit 2009 steigt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland wieder. Im kommenden Jahr dürfte es noch mehr Unternehmen treffen, doch werden die Sorgen vor einer Insolvenzwelle von Experten relativiert.

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Angesicht der explodierenden Energiepreise, einer Rekordinflation und dem Rückgang des Konsums durch die Verbraucher bangen viele Unternehmen um ihre Existenz. Eine Pleitewelle lässt sich anhand amtlich erfasster und von Experten hochgerechneter Zahlen zu Unternehmensinsolvenzen bisher allerdings nicht ausmachen. Doch dass es im laufenden Jahr erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 wieder mehr Firmenpleiten in Deutschland gibt, könnte der Auftakt einer Trendwende sein.

Rund 14.700 Unternehmen hierzulande – überwiegend kleine Firmen mit höchstens zehn Mitarbeitern – werden nach Schätzung von Creditreform bis zum Ende des laufenden Jahres den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben. Das wären nach Berechnungen der Wirtschaftsauskunftei etwa vier Prozent mehr als 2021.

„Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen bei vielen Unternehmen an die Substanz“, erläuterte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, anlässlich der Vorstellung der Zahlen am Dienstag, 13. Dezember, in Frankfurt. „Die mangelnde Planungssicherheit und die schwierige Wirtschaftslage treffen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen.“

Creditreform sieht Beschleunigung des Insolvenzgeschehens

Voraussichtlich 175.000 Arbeitsplätze werden nach Berechnungen von Creditreform im laufenden Jahr infolge von Insolvenz hierzulande wegfallen. Den deutlichen Anstieg zum Vorjahr (141.000 Arbeitsplätze) erklärte die Auskunftei damit, dass es 2022 mehr große Pleitefälle gab. Wie viele andere Marktbeobachter rechnet auch Creditreform mit einem weiteren Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im nächsten Jahr: Der Anstieg von 2021 auf 2022 sei moderat, „dürfte aber erst der Auftakt für eine weitere Beschleunigung des Insolvenzgeschehens sein“.

In dem noch stark von der Corona-Pandemie geprägten Jahr 2021 hatte es nach amtlichen Angaben in Deutschland mit 13.993 Fällen so wenige Firmenpleiten gegeben wie nie seit Einführung der aktuellen Insolvenzordnung im Jahr 1999. Dies erklärt sich maßgeblich durch

Ausnahmeregelungen: Um eine Pleitewelle infolge der Pandemie abzuwenden, hatte der Staat die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zeitweise ausgesetzt. „Die staatlichen Hilfsmaßnahmen verhinderten in den letzten Jahren einen Anstieg der Insolvenzzahlen. Und mehr noch: Sie führten zu einem paradoxen Rückgang der Fälle“, analysierte Creditreform. Dies könnte sich nun aber ändern.

Energiepreise als Risikofaktor

Steigende Insolvenzzahlen erwarten auch andere Experten. Der Informationsdienstleister Crif ging in einer Mitte November veröffentlichten Analyse davon aus, dass in Deutschland aktuell mehr als 300.000 Unternehmen finanzielle Probleme haben. Seit März 2022 habe sich die Zahl der Pleitekandidaten damit um 15,6 Prozent erhöht.

Der Kreditversicherer Allianz Trade schätzte in einer Studie im Oktober, bislang hätten staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Deutschland 2600 Unternehmen vor der Pleite bewahrt. „Sollte sich die Energiekrise noch weiter verschärfen und die Rezession stärker ausfallen als bisher erwartet, reichen die aktuellen Maßnahmen zum Abfedern einer Pleitewelle allerdings nicht aus und es könnten deutlich mehr Insolvenzen drohen“, warnte Allianz Trade.

„Die Insolvenzzahlen entwickeln sich bisher verhaltener als von vielen erwartet“, bilanzierte IWH-Forscher Steffen Müller im jüngsten Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. Die Insolvenzwelle sei bisher ausgeblieben. Ähnlich wertet es der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID): „Die moderate Steigerung der beantragten Unternehmensinsolvenzen in den letzten Monaten ist noch kein Indikator für einen langfristigen starken Insolvenzanstieg“, erläuterte der VID-Vorsitzende Christoph Niering Anfang dieser Woche. „Im langjährigen Durchschnitt ist sie ein nicht ungewöhnlicher Anstieg zum Jahresende.“

Auch Creditreform hebt hervor: Im historischen Vergleich sei die aktuelle Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland trotz des Anstiegs noch „auf einem sehr niedrigen Niveau“. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 gab es fast 33.000 Firmenpleiten.

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