Um in den Urlaub zu kommen, ist das Auto ist nach wie vor das Hauptverkehrsmittel der Deutschen. Das gilt für alle Reisen, wie die Deutsche Reiseanalyse der FUR regelmäßig aufzeigt, das gilt aber auch für Bayern, wie Christian Nordhorn von Bayern Tourismus Marketing in seinem Impulsvortrag auf der Jahrestagung des LBO aufzeigte: 74 Prozent der Reisenden nach Bayern, das die meisten Gäste-Anküfnte in Deutschland aufweist, kommen mit dem Auto , nur acht Prozent kommen mit dem Bus. Für 71 Prozent der Deutschen ist es wichtig, dass die Anreise in den Urlaubsort unkompliziert ist, dazu gehört auch die Mobilität vor Ort.
54 Prozent der Bayern-Touristen gaben sogar an, dass das Hauptkriterium bei der Wahl des Verkehrsmittels die Mobilität vor Ort ist. Doch an der letzten Meile, für die der Bus wichtig wäre, hapert es oft noch. Auch das macht die Notwendigkeit deutlich, die einzelnen Verkehrsmittel besser als bisher miteinander zu verknüpfen - und zeigt, wie wichtig ein regelmäßig fahrender und verlässlicher Linienbus für diese letzte Meile ist. „In Bayern ist es natürlich nicht so, dass der Tourismus gar nicht in die ÖPNV-Planung eingeht, es gibt schöne Beispiele dafür“, sagte Nordhorn, „aber es wäre insgesamt schön, wenn man für den gesamten Freistaat von dieser einwohnerbasierten Planung auch noch die tourismusbezogenen Planungen mitnehmen könnte.“ Die Gäste führen 600, 700 Kilometer mit dem eigenen Pkw, weil sie am Ende Sorge hätten, die letzten sechs, sieben Kilometer nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Urlaubsort oder ihrer Unterkunft zu kommen.
Christian Zwanziger, tourismuspolitischer Sprecher der Landtagsfraktionen der Grünen sieht als wesentliches Problem den „sichtbaren Anschluss“, der oft für die Gäste nicht vorhanden sei. Wenn sie ihren Anschluss verpassten, wäre es kein Problem, „wenn man weiß: in vertretbarer Zeit kommt der nächste Bus“.
Gästekarten als Steuerungsinstrument
Den ÖPNV am Urlaubsort über Gästekarten kostenlos mit anzubieten, trägt dazu bei, den Verkehr zu entzerren und das Auto auch mal stehenzulassen. Erfahrungen zum Beispiel im Bayrischen Wald zeigen, dass Gäste dieses Angebot gern annehmen. Doch flächendeckend sind sie in Bayern noch nicht zu finden. Sebastian Erb von IRS Consult sieht im Freistaat ein Nord-Süd-Gefälle - im Süden entlang des Alpenbogens sei das Angebot gut vertreten, im Norden wie auch in anderen Bundesländern gebe es eher nur das eine oder andere Leuchtturmprojekt.
Noch sei es für den Gast ein Überraschungseffekt, den ÖPNV kostenlos in der Gästekarte mit dabei zu haben. „Aber irgendwann wird sich das auch umdrehen und der Gast verlangt das einfach“, ist Erb überzeugt. Warum es bislang noch nicht überall gut funktioniert mit der Einbindung des ÖPNV in die Tourismusstrategie liegt laut dem Berater auch an der fehlenden Vernetzung: dass es deutschlandweit viele Destinationen gibt, in denen die Entscheider im ÖPNV und die Touristiker sich nicht kennen und folglich nicht miteinander reden würden.
Doch Zwanziger knüpft den Erfolg von Gästekarten auch an den regelmäßigen Takt vor Ort: „Da nützt mir eine Gästekarte nur dann was, wenn ich dann bei der Recherche auf dem Sofa in Köln, in Hamburg oder anderswo schon feststelle, dass ich dann auch an jedem Wochentag das Schwimmbad vor Ort komme.Und ich glaub, da verlieren wir schon ganz viele“, so der Politiker. Er berichtete von beliebten Freizeiteinrichtungen, die den Gästen gut gefallen hätten, aber wegen nicht funktionierender ÖPNV-Infrastruktur schlechte Erfahrung mit An- und Abreise gemacht und deswegen schlechte Google-Bewertungen geschrieben hätten.
Die Informationen darüber, wann fährt was, ist auch für Erb ein ganz entscheidender Faktor für den Erfolg von ÖPNV in Tourismusregionen und die Akzeptanz von Gästekarten mit integrierter Nahverkehrsnutzung. „Und auch da tut sich jetzt sukzessive was im Tourismus“, ist der Berater überzeugt. Ergänzend zur Gästekarte gebe es auch zunehmend digitale Reisebegleiter und Mobilitätsinformationssysteme.
Vorbild Österreich
Gruppentouristiker Andreas Scherzer vom Tegernsee, der zwar in dem positiv hervorgehobenen Südteil Bayern am Alpenrand wohnt, ist dennoch nicht zufrieden mit dem Angebot vor Ort und blickt neidvoll in das Nachbarland Österreich. Am Tegernsee tummeln sich auf 8.000 Einwohner an sonnigen Wochenendtage rund 78.000 Gäste und ÖPNV sei fast nicht vorhanden. Am „Achensee gegenüber, da ist alles bestens, sie fahren mit Elektrobussen durch die Landschaft, sie haben alles in der Gästekarte integriert und wenn sie mit dem E-Bike fahren wollen, können sie das auch alles haben“, sagte der Chef von Scherzers Gruppenreise-Ziele.
Auch am Tegernsee könnte man den Verkehr entlasten, wenn ein Bus rund um die Uhr um den See fahren würde, am besten ein moderner, klimaneutraler Elektrobus, denn das erwarte der immer anspruchsvollere Gast von einer modernen Tourismusregion. Denn der nimmt die Situation vor Ort genau wahr, „dass wir da irgendwo ganz weit hinten stehen und die Entwicklung nicht mitmachen, wie sie eigentlich überall schon stattfindet“, ist Scherzer überzeugt. Die Lösung könnte für ihn so aussehen, dass einfach pauschal zehn Prozent von allen touristischen Umsätzen über die ganze Branche hinweg abgeführt und zielgerichtet in die touristische Infrastruktur investiert werden.
Der Reisebus muss als Problemlöser überzeugen
Doch auch eine weitere Ebene des nicht immer harmonischen Zusammenspiels von Bus und Tourismus wurde auf der LBO-Jahrestagung diskutiert, nämlich die touristischen Ein- oder Mehrtagesfahrten mit dem Reisebus. Der Bus könnte die Lösung sein, um starke Verkehrsbelastungen vor Ort einzudämmen, doch Busunternehmerin Patricia Ehbauer von Merz Reisen beobachtet ein Akzeptanzproblem in überlaufenen Destinationen, und davon gibt es viele, denn Europa sei voll, findet sie. Ironisch merkte sie an: „Wenn wir dann noch mit 40 Personen kommen, dann freut sich wirklich jeder.“ Sie setzt in ihrem Unternehmen auf qualitativ hochwertige Slow-Travel-Reisen und ermahnt ihre Kollegen, wie sie mehr auf die Nebensaison zu setzen. „Man muss nicht an Ostern nach Paris fahren, wo die ganze Welt in Paris ist“, sagt sie. Auch für die Reisegäste ist es angenehmer, wenn sie nicht überall anstehen müssen. Stattdessen müsse man „ein bisschen anders denken, antizyklische Reisen anbieten, dass auch der Bus, wenn er ankommt und 40 Leute aussteigen, akzeptiert wird.“
Dabei ist sie überzeugt, dass qualitativ hochwertiger Bus-Tourismus Gäste in die Urlaubsorte bringt, die gern gesehen sind. „Wir haben gutes Publikum. Wir haben Tagespreise von über 200 Euro, wir sind nicht die Kreuzfahrttouristen, die nur ausgespuckt werden und dann alle bei der Hapag Lloyd konsumieren, sondern wir lassen einfach auf Geld in der Destination“, sagt Ehbauer. Um die Akzeptanz von Busgruppen zu steigern, müsse man in der Bevölkerung deutlicher machen, „dass die Leute immer sehen, wir sind nicht die, die Aldi-Tütenträger im Bus drin haben, sondern dass das wirklich Leute sind, die sich bewusst entscheiden“ für eine Busreise. Es geht ihr darum zu zeigen, „dass wir halt einfach wirklich einen sehr guten Tourismus liefern, der viele Probleme lösen kann“.
Obwohl bei der Jahrestagung vieles angemahnt wurde, was für den Bus im ÖPNV und im Reiseverkehr noch nicht optimal läuft, gab es auch positive Ausblicke für die Busbranche. Die mehrjährigen Wartezeiten bei bestellten Reisebussen seien ein Zeichen, „dass sehr viele Busunternehmer gerade ihre Flotten aufrüsten, ihre Fahrzeuge auf den neuesten Stand bringen“, sagte Scherzer. „Das erzähle ich jedem Hotelier!“
Schon weil die Baby-Boomer-Jahrgänge in den nächsten sechs Jahren in den Ruhestand gehen, laut Scherzer 14 Millionen Menschen, sieht der Gruppenreisen-Profi vom Tegernsee rosige Zeiten auf Anbieter von Busreisen zukommen. „Diese Generation wird auch im Busreisebereich landen“, ist Scherzer überzeugt. Angesichts der schwachen Wirtschaft in sämtlichen Branchen ging Scherzer sogar so weit, über die Busbranche zu sagen: „Das ist die einzige Branche, die wachsen wird - so oder so. Da brauchen wir gar nichts machen.“ Nur wie sie wachse und in welche Richtung jeder Busunternehmer gehe, müsse er für sich entscheiden. „Und da wird nur der Qualitätsweg gewinnen“, ist Scherzer überzeugt.