Die Studie des McKinsey Center for Future Mobility zeigt einen dramatischen Wandel auf: Während der ÖPNV-Anteil bis 2035 von derzeit 15 auf 17 Prozent der gesamten Personenkilometer steigen könnte, von denen aufgrund des Ausbaus des busgebundenes ÖPNV-Angebots in vielen Städten mehr als die Hälfte aller ÖPNV-Kilometer mit Bussen zurückgelegt werden, erobern chinesische Anbieter bereits 21 Prozent des emissionsfreien Bus-Markts. Europäische Hersteller müssen Kosten senken und autonome Technologien entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der europäische Bus- und Reisebusmarkt steht also vor der größten Transformation seiner Geschichte.
Elektrifizierung als Kostenfalle
Die Dekarbonisierung der Busflotten in vielen Verkehrsbetrieben stellt europäische Hersteller vor massive Herausforderungen: Elektrobusse kosten oft doppelt so viel wie Dieselfahrzeuge. McKinsey prognostiziert, dass die jährlichen Verkäufe emissionsfreier Stadtbusse bis 2030 von derzeit 9.000 auf bis zu 21.000 Einheiten steigen müssen, um das europäische Ziel einer 100-prozentigen Emissionsreduktion für neue Busse zu erreichen - bis bis 2035 auf 24,00 Busse.
Chinesische Konkurrenz erobert Marktanteile
Besonders besorgniserregend für europäische OEMs: Chinesische Hersteller wie BYD und Yutong haben bereits 21 Prozent des EU-Markts für emissionsfreie Busse erobert – hauptsächlich durch aggressive Preisstrategien. 60 Prozent der europäischen Betreiber würden bei zehn bis 20 Prozent Preisersparnis zu chinesischen Marken wechseln.
Autonome Revolution steht bevor
Doch die größte Disruption steht noch bevor: Autonome Fahrzeuge wie Robo-Shuttles und selbstfahrende Stadtbusse könnten das Gesicht urbaner Mobilität grundlegend verändern. Robo-Shuttles könnten die Betriebskosten um bis zu 55 Prozent senken. Erste Pilotprojekte laufen bereits in Hamburg und München.
Laut McKinsey-Umfrage unter 213 europäischen Busbetreibern planen über 30 Prozent der europäischen Betreiber den Kauf autonomer Busse in den nächsten fünf Jahren. Berlin, Hamburg und München planen bis 2035 den Einsatz von 2.000 autonomen Fahrzeugen.
Strategische Neupositionierung notwendig
Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen europäische Hersteller ihre Gesamtkosten um bis zu 50 Prozent reduzieren. McKinsey empfiehlt drei zentrale Handlungsfelder:
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USPs schärfen: Neben dem Total Cost of Ownership rücken Sicherheitsfeatures, ADAS und Serviceangebote wie Ladeinfrastruktur und Batteriemanagement in den Fokus. Der Anteil solcher Value-Added-Services in deutschen Ausschreibungen stieg von 25 Prozent (2020) auf 40 Prozent (2024).
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Kosten optimieren: Durch Integration von Antriebssystemen, smarte Fertigung und KI-gestützte Prozesse lassen sich bis zu 50 Prozent der Produktkosten einsparen. Auch flexible Finanzierungsmodelle sind gefragt.
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Partnerschaften ausbauen: Kooperationen mit Tech-Unternehmen sind essenziell, um autonome Technologien zu integrieren. OEMs sollten ihre Fahrzeuge so gestalten, dass sie mit verschiedenen autonomen Technologie-Stacks kompatibel sind – also mit unterschiedlichen Software- und Hardwarelösungen für autonomes Fahren.
Die Studie warnt: Wer jetzt nicht investiert, verliert Marktanteile – sowohl im Zero-Emission-Segment als auch bei autonomen Lösungen.
Service-Geschäft gewinnt an Bedeutung
Gleichzeitig wandeln sich die Kundenanforderungen: Wertschöpfende Dienstleistungen machten 2024 bereits 40 Prozent der Bewertungskriterien bei deutschen Busausschreibungen aus – 2020 waren es nur 25 Prozent. Betreiber fordern zunehmend Komplettlösungen inklusive Ladeinfrastruktur und Flottenmanagement.
Die Branche steht also am Scheideweg: Wer nicht schnell handelt, riskiert den Verlust von Marktanteilen an kostengünstigere Konkurrenten und wird zum Zuschauer beim Übergang zu autonomen Systemen.