Wer wird der Minibus des Jahres 2025? Dieser Frage stellten sich Mitte Oktober 24 Mitglieder der internationalen Jury Bus and Coach of the Year. Bereits zum vierten Mal wurde der Minibus des Jahres gesucht. Zum Minibus Euro Test 2024 kamen der rumänische Hersteller Aveuro, der französische Bushersteller Bluebus, der katalonische Aufbauhersteller Car-Bus, das ungarische Unternehmen Intertraction Electrics, der türkische Bushersteller Otokar sowie der deutsche Minibusproduzent Tremonia.
Otokar e-Centro C
Klein und knuffig wirkt er, der Otokar e-Centro C, wie er mit seinen runden LED-Scheinwerferaugen durch die Madrider Vorstadt kurvt. Kein Wunder, gerade einmal 6,60 Meter ist der Bus lang, große Seitenscheiben und eine kaum geneigte Front lassen etwas recht Spezielles vermuten. Und das ist er auch, bis zu 32 Fahrgäste passen in den Bus und das, obwohl er mit 2.240 mm schmal ist. Das ist aber auch seine große Stärke: Wendigkeit. Ob Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Bereiche oder verwinkelte Altstadtgassen, es gibt kaum einen Ort, an dem der e-Centro C nicht durchkommen würde.
Bis zu 200 Kilometer soll der Bus mit einer Akkuladung weit kommen. Die Energie wird in zwei Akkupacks mit jeweils 55 kWh gespeichert. Gespeist wird damit ein elektrischer Zentralmotor von Dana, der befindet sich im Heck. 90 kW leistet der Motor dauerhaft, 140 kW kurzzeitig. 1.200 Nm beträgt das maximale Drehmoment, und das spürt man auch: Das Fahrzeug beschleunigt grandios. Die Akkus sitzen im Boden, das macht den Bus sehr stabil, was sich auch während der Fahrt in Kurven zeigt. Die meisten Fahrgäste werden stehen, doch der Bus ist ohnehin nicht für längere Distanzen gedacht, das ist also kein Minuspunkt. Den Fahrer erwartet ein ordentlicher, einfach ausgestatteter Arbeitsplatz, klassische Spiegel gibt es nicht, hier sind MirrorCams die Wahl der Stunde. Schön ist, dass auf zu viele Anzeigenspielereien verzichtet wird, so bleibt man als Fahrer auf das Wesentliche konzentriert.
Bluebus
Auf ähnliche Abmessungen mit sogar nur 5,94 Metern Länge kommt der Bluebus 6 m. Knapp drei Meter ist er hoch, das liegt unter anderem auch daran, dass sich die Batterien auf dem Dach befinden. Sein Fahrgastraum wirkt deutlich heller als der vom Otokar, die Aussicht ist entsprechend großartig. Die Sitze kommen von Ster, neun Fahrgäste haben im Testbus sitzend Platz, allerdings gilt auch hier: Der Bus bedient eher kürzere Strecken. Der Fahrer kann sich über einen modernen Arbeitsplatz mit einem teildigitalen Cockpit freuen. Statt Drehzahlmesser rechts zeigt das Rundinstrument plakativ den Ladezustand der Akkus an. 126 kWh können die in bis zu drei Pakete aufgeteilten Batterien speichern. Der Zentralmotor befindet sich kurz vor der Hinterachse. Beide Achsen sind im Übrigen einzelradaufgehängt. Die Motorleistung beträgt wie beim Otokar 140 kW. Der Testbus hat bereits sämtliche
GSR-2-Komponenten verbaut, die auch recht zuverlässig arbeiteten, Fehlwarnungen gab es kaum. Was auffiel, war die sehr weiche Federung und die einen Tick zu softe Aufhängung. Speziell in Kurven neigte sich der Bus bedenklich. Hier spürt man das Akkugewicht auf dem Dach erheblich.
Aveuro
Der elektrische Minibus von Aveuro basiert auf einem Mercedes-Benz Sprinter. Dabei handelt es sich um einen Shuttlebus, der bis zu drei Rollstühle aufnehmen kann und dabei durch klappbare Luxussitze in kürzester Zeit die Anforderungen an den jeweils durchzuführenden Verkehr erfüllen bzw. ändern kann. Eine solche Lösung spart Zeit und Platz für Aufbewahrung und nicht zu guter Letzt auch jede Menge Muskelkraft. Der Innenraum wirkt hochwertig, an der Decke sorgen Leuchtelemente für einen tagesähnlichen Eindruck, auch wenn das Dach geschlossen ist. Etwas störend wirkt die überdimensionale Abtrennung zum Fahrerbereich, so ist man im Bus zumindest optisch ein wenig eingeschränkt. Angetrieben wird der Bus von einem direkt an der Hinterachse angeflanschten E-Motor von Mercedes-Benz, er leistet 150 kW. Die Akkus befinden sich im Unterbodenbereich, was für eine sehr gute Stabilität sorgt. 113 kWh fassen die Akkus, der Hersteller verspricht jedoch eine ausgezeichnete Reichweite durch einen sparsamen Umgang mit der Energie. Überhaupt ist es für den Vertreter von Aveuro wichtig, zu betonen, dass man das Chassis als solches inklusive E-Antrieb, dass wie erwähnt komplett von Mercedes-Benz stammt, nicht anfasst, um es den Kunden später im Betrieb so einfach wie möglich zu machen.
Der Fahrerarbeitsplatz wirkt sprintertypisch durchdacht. Was störte, waren die zahlreichen akustischen Warnmeldungen durch die verbauten GSR-Systeme, hier ist noch Feintuning angesagt.
Car-Bus Zeroid
Car-Bus hat eine neue Marke im Programm: Zeroid. Dahinter verbirgt sich ein Unternehmen, welches sich auf die Produktion elektrischer Transporter spezialisiert hat. Von diesem Unternehmen bezieht Car-Bus das Chassis und baut darauf seinen eigenen Buskörper auf. Was man wissen sollte, ist, dass die Fahrzeugbasis in China gefertigt wird und auf dem nicht mehr ganz so aktuellen Sprinter dort basiert. Das spürt man auch sofort im Cockpitbereich, hier kommt einem vieles bekannt vor und wirkt entsprechend nicht mehr aktuell.
Neu ist die elektrische Basis. 140 kWh fasst die Batterie, der Motor liefert 70/150 kW mit 340/1.200 Nm Drehmoment. Car-Bus stellt mit dem eUrban einen Heckniederflurbus mit 15 Fahrgastsitzen und einem Rollstuhlplatz im Heck vor. Insgesamt können 21 Fahrgäste im 7,58 Meter langen Bus befördert werden. Die Seitensicht für die Passagiere ist ausgezeichnet, die Sitzen sind einfach, aber strapazierfähig und praxistauglich. Fahren lässt sich der Bus gut, lediglich die Bremse wirkt sehr weich und lässt einen guten Druckpunkt vermissen.
Tremonia City 75 Electric
Sowohl der in Dortmund produzierte Tremonia City 75 Electric als auch der Mercedes-Benz Reform-S City Max vom ungarischen Hersteller Inter Traction Electrics basieren auf dem Sprinter, allerdings fährt der Bus von Tremonia (im Grunde Nachfolger der Minibussparte von Mercedes-Benz Dortmund) batterieelektrisch vor, während der Reform-S City Max von einem OM 654 Diesel angetrieben wird. Beim Tremonia handelt es sich um einen LE mit Niederflurbereich vorn, der Reform-S hat seinen Niederflurbereich im Heck, ist also ein typischer Heckniederflurbus.
Beim Fahrerarbeitsplatz findet sich im Wesentlichen das Mercedes-Benz-Layout mit entsprechenden Anpassungen beim Cockpit und dem Multimediadisplay. Beide Busse machen einen sehr ausgereiften und modernen Eindruck, beide Antriebsformen finden ihre Abnehmer.
Reform-S
Der Reform-S ist im Feld der sechs Teilnehmer der einzige Dieselbus, alle anderen haben einen E-Antrieb. Ist nun das eine oder andere besser oder schlechter? Beide Antriebsarten haben ihre Vor- und Nachteile in vielen Bereichen. Und kein Hersteller wird einen Bus bauen, der keine oder nur wenig Abnehmer findet. Deswegen hat auch Tremonia noch Diesel-Sprinter im Portfolio. Der Tremonia wird von Elinta-Antriebstechnik bewegt. Angetrieben wird er von drei NMC-Batterien mit einer Gesamtkapazität von 126 kWh und einem flüssigkeitsgekühlten 160-kW-Motor. Die Akkus sitzen unter dem Bus verteilt, der Motor befindet sich kurz vor der Hinterachse, die per kurzer Kardanwelle angetrieben wird.
Obwohl die Busse unterschiedliche Fahrgastraumkonzepte vorweisen, wirken beide sehr hochwertig. Allerdings spendiert Tremonia den Fahrgästen deutlich größere Scheiben, wodurch das Innere heller und lichtdurchfluteter wirkt.
Interessant ist durchaus der direkte Fahrvergleich, einmal mit Dieselmotor, einmal mit E-Motor. Natürlich ist es deutlich entspannter, fast lautlos durch die Stadt zu gleiten. Doch auch der Diesel wirkt nicht aus der Zeit gefallen. Das Automatikgetriebe macht einen guten Job und ist nie unangenehm laut zu vernehmen. Aus objektiver Sicht betrachtet erledigen beide Busse ihren Job hervorragend. Und auch wenn hierzulande den ungarischen Hersteller noch kaum einer kennt – da liegt Potenzial im Raum. Zumal dort auch moderne Großbusse auf MB-Chassis gefertigt werden.