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Wasserstoffbusse: Keyou-Projekt erreicht nächste Phase

14.11.2023 16:15 Uhr | Lesezeit: 4 min
Hubert Aiwanger, Keyou, Stadtbus, Wasserstoff, Solaris
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am Steuer des auf Wasserstoffantrieb umgerüsteten „Solaris Urbino CNG“
© Foto: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

Das Projekt „Zwölf-Meter-Stadtbus mit Wasserstoffmotor“ von Keyou ist nach drei Jahren abgeschlossen, im kommenden Jahr wird die Straßenzulassung für erste Praxistests erwartet. Zum Abschlusstermin in München kam Mitte November auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und fuhr den Pilotbus selbst einmal Probe.

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In München ist nach drei Jahren Laufzeit Mitte November das Projekt „Zwölf-Meter-Stadtbus mit Wasserstoffmotor“ zu Ende gegangen. „Wir konnten beweisen, dass die Technologie des Wasserstoffmotors praktisch funktioniert und auch im ÖPNV eine kosteneffiziente und robuste Alternative zu Batterie-elektrischen oder Brennstoffzellenfahrzeugen darstellt“, zieht Thomas Korn, CEO und Mitgründer der Keyou GmbH, Bilanz. Für die Praxiserprobung wartet der Münchener Wasserstoffexperte nun auf die Straßenzulassung für seinen Pilotbus. "Mit der Zulassung rechnen wir im ersten Quartal 2024 und wir haben bereits viele Anfragen von Interessenten, die den Bus gern erproben möchten", berichtete Projektmanagerin Justyna Wozniak von Keyou bei der Abschlussveranstaltung zu dem Projekt am 13. November auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr München im Gespräch mit der OMNIBUSREVUE.

"Wir haben 2019 angefangen, als das Wasserstoff-Thema tot war", gab Keyou-Chef Korn einen Rückblick. Im September 2020 erwarb das Unternehmen einen Zwölf-Meter-Stadtbus des Modells „Urbino CNG“ von Solaris ohne Motor und Getriebe und stattete ihn im Projektverlauf mit einem von Keyou auf Wasserstoff umgerüsteten 7,8-Liter-Motor der Marke Deutz, einem Voith-Getriebe sowie einem H2-Speichersystem des Herstellers Hexagon aus. Durchgeführt wurden die Integrationsarbeiten für das Prototypenfahrzeug vom Keyou-Partner Paul Nutzfahrzeuge. 

Reichweite von mehr als 350 Kilometern

Heute wird der auf Basis einer Dieselmotorplattform entwickelte Motor in dem Stadtbus als Mild-Hybrid-Variante betrieben und ist laut Keyou-Chef Korn der weltweit erste seiner Art mit Voith-Technologie. Herzstück ist das Keyou-inside-System, das künftig motoren- und herstellerunabhängig für die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen eingesetzt werden kann. Der Pilot-Wasserstoff-Stadtbus hat eine Leistung von 210 Kilowatt, ein Drehmoment von 1.000 Newtonmeter und erreicht mit einem Druck von 350 bar in einem 40-Kilogramm-Wasserstofftank eine Reichweite von mehr als 350 Kilometern. Betanken lässt sich das Fahrzeug laut Keyou binnen 15 Minuten. Fahrgastzahlen, Heiz- und Klimakomfort und die Kosten über die Lebensdauer unterscheiden sich demnach nicht von einem herkömmlichen Dieselfahrzeug. Emittiert wird nur Wasserdampf. Nach EU-Norm gelten die H2-Fahrzeuge als Zero-Emission.

Campus Neubiberg: Modellstadt für die Mobilität der Zukunft

Umfassend getestet wurde der Pilotbus auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr München. Im Zuge des Projekts „MORE“ (kurz für „Munich Mobility Research Campus“) hat sich der Campus zu einer Modellstadt für die Mobilität der Zukunft entwickelt. Erforscht werden vor Ort ganzheitliche Lösungen von der Raum- und Verkehrsplanung über die lokale Erzeugung von CO2-neutralen Energieträgern, innovativen Antriebssträngen über das autonome Fahren bis hin zu Management und Vernetzung der Verkehrsinfrastruktur, Fahrzeuge und Nutzer. Einbezogen wird dabei die gesamte Bandbreite an Fahrzeugtypen, auch Nutz- und Baufahrzeuge sowie sogar Flugzeuge. Die Forscher erzeugen vor Ort unter anderem ihren eigenen Wasserstoff und betreiben eine Photovoltaikanlage, berichtete Prof. Dr. Eva-Maria Kern, Präsidentin der Universität der Bundeswehr München. Für Bundeswehr-Fahrzeuge selber würde die Wasserstoff-Technologie aufgrund ihrer Explosivität aber weniger in Frage kommen, hier setze man eher auf E-Fuels.

Aiwanger fuhr den Bus auf der Keyou-Teststrecke

Das Keyou-Projekt wurde im Rahmen des bayerischen Verbundforschungsprogramms, Förderlinie „Mobilität – innovative Antriebstechnologien für mobile Anwendungen“, vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert. Projektträger war Bayern innovativ. Bei der Abschlussveranstaltung am 13. November war auch der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, zugegen und fuhr den Bus auf der Keyou-Teststrecke sogar persönlich Probe.

Dem Thema Wasserstoff gegenüber zeigte sich Aiwanger aufgeschlossen: „Es wird auch die Batterie geben, aber ich bin überzeugt, dass auch Wasserstoffverbrenner Teil der Lösung sind. Wasserstoff in der Mobilität überzeugt und funktioniert auch als Geschäftsmodell. Gleichzeitig unterstützen wir als Staatsregierung den flächendeckenden Ausbau der Wasserwirtschaft. Unser aktuelles Förderprogramm für den Bau von bis zu 50 Elektrolyseuren wird gut angenommen. Zusammen mit unserer Tankstellenförderung – mittlerweile haben wir in Bayern 19 Wasserstofftankstellen bezuschusst – entsteht eine vollständige Wertschöpfungskette, die den Einsatz von Wasserstofffahrzeugen wirtschaftlich möglich macht.“

Und er wurde noch deutlicher: "Die Dekarbonisierung werden wir mit Strom allein nicht schaffen. Wir brauchen alles, verschiedene Systeme und Technologien nebeneinander, je nach Einsatzzweck", führte Aiwanger weiter aus und ergänzte: "Die Preisdebatte ist kein Argument. Wenn wir unabhängig werden wollen von Fracking-Gas oder Öl aus Russland, müssen wir umdenken. Wir können ja nicht die gesamte Flotte nach Afrika exportieren und alle Nutzfahrzeuge durch Elektro-Fahrzeuge ersetzen. Umrüstung macht Sinn, denn erstens haben wir die deutschen Motoren und zweitens können wir hier weltweit Vorbild sein. Entweder wir jammern noch drei Jahre lang und verzichten auf unseren Wohlstand oder wir suchen solche praktikable Lösungen."

Wer heute gegen Wasserstoff argumentiere, provoziere eine Deindustrialisierung. Nun gelte es, "in Bayern Ökosysteme aufzubauen, um zu zeigen, dass es geht". "Jetzt müssen wir Wasserstoff organisieren und Erdgasleitungen auf H2 umrüsten", betonte der Minister. Aiwanger gab im Rahmen der Veranstaltung noch einen Ausblick: "Im nächsten Schritt werden wir 150 Millionen Euro in den Aufbau einer Elektrolyseur-Infrastruktur stecken, das heißt PI mal Daumen knapp in jedem Landkreis einen Elektrolyseur. Dann haben wir hier eine Infrastruktur, auf die auch dann die Automobilität aufsetzen kann, sodass wir nicht nur Nutzfahrzeuge betanken können, sondern auch Autos."

Komplette Mobilitätslösung im Pay-per-use-Modell

Bereits seit 2015 entwickelt Keyou H2-spezifische Technologien, Komponenten und Brennverfahren, mit deren Hilfe konventionelle Verbrennungsmotoren zu emissionsfreien Wasserstoffmotoren transformiert werden können. Mit dem „Hydrogen Mobility as a Service“-Ansatz bietet Keyou eine komplette Wasserstoff-Mobilitätslösung im Pay-per-use-Modell. Neben der reinen Umrüstung beinhaltet diese auch die Bereitstellung des Kraftstoffs, die Versicherung sowie Service und Wartung.

Die Umrüstung zum Wasserstoffbus kostet laut Keyou übrigens derzeit einige 10.000 Euro. Der Anbieter, aber auch Wirtschaftsminister Aiwanger erwarten hier aber Skaleneffekte, wenn größere Stückzahlen produziert werden.

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