„Wir sind noch lange nicht über dem Berg und die uneinheitlichen Regelungen in den Bundesländern erschweren den Restart in der Touristik massiv“: So lautete das einheitliche Fazit der Speaker beim ersten virtuellen Presse-Roundtable, in dem das neue Aktionsbündnis Tourismusvielfalt (ATV) die aktuelle Situation der Tourismusbranche vor dem Hintergrund ihrer Komplexität erörterte. Im ATV haben sich 28 touristische Verbände zusammengeschlossen, aus der Bus- und Gruppentouristik sind der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) und der Internationale Verband der Paketer (VPR) mit dabei. Die Bündnispartner stehen für rund zehntausend Unternehmen, die für über eine Million Arbeitsplätze verantwortlich sind. ATV-Sprecher Michael Buller betonte, dass die Dauerkrise durch die Corona-Pandemie nicht auf Knopfdruck zu lösen sei. „Wir brauchen daher die Zusammenarbeit und das Gehör aller touristischen Verbände“.
Für die Bundestouristik machte Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des bdo, im Roundtable auf die noch immer dramatische Lage durch die Corona-Krise aufmerksam. „Das größte aktuelle Problem ist, dass beim jetzt einsetzenden Restart eine Koordination der Bundesländer fehlt“, kritisierte sie. „Durch einen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen ist in der Praxis trotz erfolgter Freigaben kein wirtschaftlicher Betrieb möglich.“ Dies treffe nicht nur die Busbranche hart: Aufgrund der engen Verbindung der Busunternehmen zu anderen Teilen der Reisewirtschaft - wie z.B. Hotellerie, Gastronomie, Freizeitparks oder Kultureinrichtungen – leide das gesamte System weiter mehr als nötig.
„Stehen vor einem Scherbenhaufen“
„Wir stehen vor einem Riesen-Scherbenhaufen“, fasst Zeèv Rosenberg, Vorstand und stellvertretender Präsident der Hospitality Sales & Marketing Association (HSMA) Deutschland und hauptberuflich als Projektleiter bei der AMANO Group in Berlin als Projektleiter tätig, die desolate Lage in der Hotellerie zusammen. Da rund 30 Prozent der Mitarbeiter aus der Branche entflohen seien, stelle die Kompensation des Personalmangels für die Betriebe ein großes Problem dar. Jürgen Gevers, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU), berichtete für sein touristischen Segment von einer Zuspitzung der Mitarbeiterknappheit. „Viele Fachkräfte sind aufgrund unzureichender Öffnungsperspektiven in andere Branchen abgewandert“, so Gevers. „Die Mitarbeiter-Knappheit wird noch sehr lange ein Problem sein.“
Petra Thomas, ATV-Sprecherin und Geschäftsführerin von Forum Anders Reisen, gewährte beim Roundtable einen Einblick in die Situation der Reiseveranstalter. „Hier gilt es erst einmal, alle Akteure wieder zusammenzutrommeln, da es in vielen Ländern keine oder nur geringe staatliche Hilfe gab, und das wirtschaftliche Überleben bei vielen alles andere als gesichert ist“, lautete ihre aktuelle Einschätzung. „Dafür braucht es weitere staatliche Überbrückungsgelder, die Förderung darf nicht zu früh aufhören, um die Unternehmen in der anhaltenden Krise nicht allein zu lassen.“
Forderung nach einheitlichen und transparenten Rahmenbedingungen
Abschließend forderte Anke Budde, Vizepräsidentin und Geschäftsstellenleiterin bei der Allianz selbständiger Reiseunternehmen (asr), für den Reisevertrieb verbindliche, einheitliche und transparente Rahmenbedingungen der Politik als Grundlage für einen erfolgreichen Restart. „Wir brauchen nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch international einheitliche Regelungen für den Reiseverkehr“, lautete ihre Forderung.