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Bus of the Year 2011: Citea: Das Lächeln eines Siegers

19.03.2011 12:53 Uhr
Bus of the Year 2011: Citea: Das Lächeln eines Siegers
© Foto: Sascha Böhnke

Der VDL Citea hat kürzlich ein Facelift erfahren. Daneben aber erhielt er auch so manch interessante Neuerung im Verborgenen. Im Supertest stellt sich der Bus kalten Herausforderungen.

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Ein Test im Winter, das ist immer etwas ganz Besonderes. Denn diese Jahreszeit stellt besondere Anforderungen an Fahrer und Fahrzeug. Viele Hersteller schicken aufgrund der ungünstigen Witterungs­verhältnisse nur zögerlich Testkandidaten auf die Runde, denn optimal sind Bedingungen wie Schneefall, niedrige Temperaturen oder vereiste Fahrbahnen sicherlich nicht. Gerade im Winter treten konzeptionelle Schwächen wesentlich deutlicher zu Tage, als das bei einem Schönwetter-Test der Fall ist. Da sind die Winterreifen, die das Geräuschniveau anheben, aber auch den Verbrauch ungünstig beeinflussen. Allerdings ist der Bremsweg bei niedrigen Temperaturen kürzer, als man mit vergleichbaren Sommerreifen erreichen würde. Am Testtag herrschten in Berlin Morgentemperaturen von minus zwölf Grad, die sich im Laufe des Tages bei minus fünf bis sieben Grad Celsius einpendelten. Deutlich sieht man auf Etappe 1 deswegen auch den anfangs erhöhten Verbrauch, es dauert halt seine Zeit, bis sich die Systeme erwärmt haben. Dazu zählen auch Öle und Fette. Wie gut ist die Heizung? Ein Stadtbus ist mit geringem Tempo unterwegs, der Motor wird deswegen nur zögerlich auf Temperatur kommen und das Innere mit Wärme versorgen. Funktioniert die Scheibenwaschanlage oder offenbaren sich Düsenprobleme bei Minusgraden? Alles Gründe, einen Bus nicht zum Test zu schicken. Doch der Unternehmer hat keine Wahl: Im täglichen Leben muss er auch im Winter raus – und eben mit all den hier angerissenen Problemen kämpfen. Deswegen Hut ab vor VDL, die mit ihrem „Star“, dem „Bus of the Year 2011“, im Februar nach Berlin kamen. Für die OMNIBUSREVUE war dieser Test auch eine spannende Angelegenheit, schließlich ist unser Magazin das deutsche Mitglied der internationalen Jury Bus and Coach of the Year, die den Citea im vergangenen Jahr in Bukarest auf den Thron hievte. Würde sich der Bus auch abseits des Test-Events behaupten können, auch fast voll beladen noch eine gute Figur abgeben oder sich als Blender ent­puppen? Um es vorwegzunehmen: Der VDL Citea machte auch in Berlin seine Sache sehr gut. Abgesehen von einigen Mängeln im Detail können wir den Jury-Entscheid auch nach dem deutschen Supertest-Termin noch einmal voll und ganz untermauern.
© Foto: VDL

Leichtbau-Bus mit 11.160 Kilogramm Gewicht

Doch der Reihe nach. Äußerlich hat der Citea eine sanfte Auffrischung erfahren, die besonders an Front und Heck sichtbar wird. Die Zeiten glatter Flächen scheinen bei VDL nicht nur im Reisebus- sondern auch im Stadtbusbereich vorbei zu sein. Die Ähnlichkeit mit dem neuen VDL Futura ist vorhanden, besonders das markante VDL-Logo in der Frontmitte fällt auf. Das Frontdesign wirkt durch seine ausgeprägten einzelnen Teile erstaunlicherweise nicht filigran, sondern eher robust-rustikal, was aber der Erscheinung als markant-männlichem Produkt durchaus entgegenkommt. Die Passanten entlang der Teststrecke jedenfalls schauten mehr als interessiert. Hinter dem neuen Designkonzept steckt System. Denn der Citea ist ein Leichtbau-Bus. Gerade mal 11.160 kg wiegt der Citea unbeladen, das ist ein ordentlicher Wert. Zudem lassen sich so gut wie alle Karosserieteile einfach austauschen. Sie bestehen weitgehend aus Kunststoff und werden, was die Seitenteile angeht, einfach gesteckt. Das aber war auch schon beim Vorgänger, dem Ambassador, der Fall. Doch nicht nur bei Reparatur eines Schadens ist der Meister schnell zugange, auch im Rahmen von Service- und Wartungsarbeiten glänzt der Citea. So ist die Frontverkleidung in mehreren Teilen abnehmbar und auch das Wechseln der Leuchtmittel erfolgt durch einfaches Ausschwenken der entsprechenden Träger. Im Heckbereich, der ebenfalls komplett renoviert wurde, lässt sich mit nur wenigen Handgriffen die Stoßstange entfernen, die Werkstatt wird’s freuen. Auffallend war beim Testbus der rechte Außenspiegel. Er stammt von der Firma Mekra und wurde auch schon beim MAN Lion’s City gesichtet. Gleich zwei Dinge sind bei diesem Spiegel erwähnenswert: Erstens klappt er nach hinten, wenn der Busfahrer zu dicht an ein tief hängendes Hindernis fährt oder ein Passant ungünstig steht. Und zweitens ist dieser Spiegel serienmäßig! Gegen Aufpreis gibt es dann auch noch einen hängenden linken Spiegel. Das kann man sich durchaus über­legen, denn durch die aktuelle Anordnung des Spiegels direkt in Fahrersichthöhe am Rahmen wird doch ein ganzes Stück Sicht genommen. Doch mit diesem Problem haben fast alle Hersteller von Stadtbussen zu kämpfen. Ansons-ten gefällt rund um den Bus die Verarbeitung. Die Spaltmaße halten sich an die üblichen Normen und auch die größeren Außenflächen kommen ohne wellige Oberflächen aus. Betritt man den Innenraum, empfängt einen eine helle, freundliche Atmosphäre, die im großen und ganzen funktionelle Nüchternheit ausstrahlt. Gesessen wird auf Kiel Ideo 30-Sitzen, die wirken sowohl strapazierfähig, leicht, als auch in Maßen bequem. Der Testbus ist für den Einsatz in Großstädten ausgelegt, drei doppelbreite Türen und mit entsprechend ­vielen Stehplätzen prädestinieren ihn für Einsätze in Berlin oder aber auch in Italien oder Frankreich. Ansonsten verzichtet der Citea auf verspielte Details, VDL setzt ganz klar auf Funktion und Wirtschaftlichkeit. Dazu zählt auch ein spezieller Bodenbelag, durch den sich der Bus unaufwändig reinigen lässt. Für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste ist im Bereich der Mitteltür eine manuelle Klapprampe verbaut. Die Sicht nach außen ist normal, durch helle Verkleidungsmaterialien wirkt das Ganze sehr freundlich.
© Foto: VDL

Erhöhte Sitzposition und aufgeräumter Arbeitsplatz

Etwas ungewohnt sind die beiden kleinen Stufen hinauf zum Fahrerarbeitsplatz. Doch die Idee, die dahinter steckt, ist gut. Denn die Sitzposition ist im Vergleich zu sonstigen Niederflurbussen leicht erhöht, das verbessert sowohl die Sicht nach außen als auch die Posi­tion gegenüber aufmüpfigen Fahrgästen, die dem Fahrer nun fast auf Augenhöhe gegenüberstehen. Der Arbeitsplatz wirkt aufgeräumt und modern. Ein VDV-Cockpit ist nicht verbaut, VDL setzt vielmehr beim Instrumententräger auf eine eigene Entwicklung, die aber VDV-Standards wie eine als Einheit verstellbare Lenkrad/Träger-Kombination adaptiert. Die Instrumente sind gut ablesbar, zwischen Drehzahlmesser und Geschwindigkeitsanzeiger befindet sich ein Farbdisplay, auf dem unterschiedliche Betriebszustände abgerufen werden können. Gut gefallen hat uns die Anzeige, die über den Offen-/Zu-Zustand der drei Türen informiert. Im Test-Film zum VDL Citea auf www.bustv.de gehen wir auf dieses Feature näher ein. Wenn man sich die unterschiedlichen Anzeigen im Display noch per Tastendruck auf am Lenkrad befindlichen Tastern holen könnte, müsste man nicht recht umständlich an den kleinen Knöpfen unter dem Monitor herumfummeln. Nicht so gut gefallen hat uns die Anordnung des Innenraumkamera-Monitors, der etwas lieblos oberhalb der Instrumente angeschraubt wurde. Hierfür sollte sich durchaus noch ein etwas professioneller wirkender Platz finden. In der Tür zum Fahrerplatz ist Raum für einen Pilotenkoffer. Das ist gut, tröstet aber doch nicht über das Fehlen eines Flaschenfachs oder wenigstens einer Mulde für Kleinutensilien hinweg. Da zeigen andere Hersteller, wie es auch besser geht. Dafür entschädigt die Rundumsicht. Die Spiegel wurden bereits besprochen und auch nachts hat man als Fahrer im voll beleuchteten Innenraum keine Probleme. Zwar finden sich Spiegelungen an der Frontscheibe, doch nur im unkritischen ­oberen, rechten Bereich. In Sachen Licht ­haben sich die VDL-Entwickler übrigens bei der Außenbeleuchtung etwas einfallen lassen. Der Innenraum wird nämlich durch über den Fenstern angebrachte Lichtleisten erhellt. Die beleuchten auch den Bürgersteig links und rechts des Fahrzeugs. Das funktioniert sehr gut, wie wir uns bei der Nachtfahrt selbst überzeugen konnten. Der Testwagen war mit herkömmlichen Halogenscheinwerfern ausgestattet, gegen Aufpreis ist aber auch Xenon-Licht lieferbar. Extrem hell strahlte die Matrix-Anlage an der Front. Sie ist in Multicolor-Ausführung zu haben und dürfte zu wirklich jeder Tages- und Nachtzeit für optimale Fahrgast­information sorgen. Fahren lässt sich der Citea mühelos. Die Kombination von Motor/Getriebe/Achse kann beim Testbus als gelungen bezeichnet werden. 6,1:1 ist stadttauglich. In Verbindung mit seinen 1.275 Nm, die über ­einen bemerkenswert großen Drehzahlbereich abgerufen werden können, beschleunigt der Bus extrem schnell und lässt sich mühelos in den fließenden Verkehr einfädeln. Die mit dieser Übersetzung gemessenen Verbräuche von im Durchschnitt 50 Litern/100 Kilometer gehen in Ordnung. Zur Erklärung für den Verbrauch: Die Teststrecke der OMNIBUSREVUE bildet einen reinen Stadtzyklus ab. Wir haben insgesamt 89 Haltestellen angefahren und 68 Mal an Ampeln et cetera gehalten. Für die reine Etappen-Messung ergibt das bei einer Länge von 47 Kilometern einen Stopp alle 300 Meter. Klar ist, hier hat es der Fahrer in der Hand, beziehungsweise im Gasfuß, was letztlich durch die Dieselleitungen fließt. Die OMNI­BUSREVUE hatte das große Glück, ­einen absolut vergleichbaren Bus auf der Teststrecke zu fahren, bei dem die Hinterachse ein wenig länger übersetzt und die Schaltstrategie eher für bergige Strecken ausgelegt war. In diesem Fall schnellen die Verbräuche locker um rund 10 Liter/100 Kilometer nach oben. Es ist also von großer Bedeutung, welche Kraftstrang-Konfiguration man als Unternehmer wählt. Der 9-Liter-Motor von DAF gefiel uns ausgesprochen gut, sowohl was seine Dynamik als auch den Geräuschpegel betraf. Dennoch dürfte in eher ebenen Regionen auch der 6-Liter-Motor ausreichen. Das bewies vor kurzem der Mercedes-Benz Citaro auf unserer Berliner Testrunde.
© Foto: Sascha Böhnke

Gutmütiges Fahrverhalten, leichtgängige Lenkung

Das Fahrverhalten des Citea kann als sehr gutmütig bezeichnet werden. Stets hat man als Fahrer das Gefühl, mit dem Fahrzeug gut kommunizieren zu können. Sowohl der Kontakt per Lenkrad als auch per „Popometer“ funk­tioniert ausgezeichnet. Die Lenkung ist nicht zu leichtgängig und erfordert auch nur geringe Korrekturbewegungen. Ausgezeichnet mit dem Bus sind die ZF-Achsen abgestimmt. Hier gefiel uns besonders die Einzelradaufhängung vorn, die einen für einen Linienbus fast schon traumhaften Fahrkomfort vermittelt. Die guten Fahreindrücke auf der Straße konnten sich übrigens auf dem ADAC-Fahrsicherheitsgelände für Nutzfahrzeuge in Linthe manifestieren. Bevor der Bus aus der Kreisbahn unkontrolliert nach außen abdriftete, machte sich die kritische Fahrsituation durch ein leichtes Arbeiten und damit verbundenes Rutschen an der Vorderachse bemerkbar. Das geschah aber erst jenseits von Tempo 45 und zeigte, dass der Citea auch bei schnell durchfahrenen Kurven eine gute Figur macht, ohne seinen Fahrer dabei in heiklen Momenten durch fehlende Vorwarnung im Stich zu lassen. Die mit Tempo 40 durchfahrene Pylonengasse stellte erwartungsgemäß für einen Niederflurbus überhaupt kein Problem dar. Dass der Bus bei sämtlichen Fahrmanövern natürlich arbeitete, zeigte er übrigens auch an: Einige Teile im Innenraum machten deutlich hörbare Geräusche, durchaus auch schon auf weniger schlechten Straßen. Hier ist die Qualitätsabteilung bei VDL gefordert, doch eine saubere Verarbeitung auch unter der ­Haube ist kein Hexenwerk und da sind wir äußerst zuversichtlich. Insgesamt hat der Citea das Zeug, auch im deutschsprachigen Raum ein wenig von seinem Exoten-Status zu verlieren. International ist er ja schon durchaus erfolgreich unterwegs. So wurden bisher etwa 800 Citeas verkauft, davon gingen 518 nach Dubai und 217 zu TEC in Belgien. Für Dubai werden in diesem Jahr noch 75, für TEC noch 150 Busse geliefert. Die übri­gen Citea fahren in Holland, Deutschland, Dänemark (dort auch als LE), Italien, der Schweiz und Frankreich. Zu Verkaufsabsichten in diesem Jahr hält sich VDL noch bedeckt, natürlich sollen es so viele wie möglich werden, man sei aber von laufenden Ausschrei­bungen abhängig. Neben dem reinen Niederflurbus SLF, den es nur in der Länge von zwölf Metern gibt, sind auch die LE-Varianten SLE mit zwei Achsen und XLE mit drei Achsen sowie dann einer Länge von bis zu 14,5 Metern erhältlich. Der Gelenkbus soll in zwei Jahren folgen. Unser Urteil: Der VDL Citea ist Bus of the Year 2011. Wer dieses Prädikat bekommt, muss überzeugen. Im harten Supertest der OMNIBUSREVUE schlug sich der Bus gut. Denn das Gesamtpaket stimmt. Da ist zum einen das moderne Design, mit dem der Citea auch noch in einigen Jahren eine attraktive Figur in der Stadt machen dürfte, auf der anderen Seite hat VDL solide Komponenten verbaut, die gut aufeinander abgestimmt wurden. Der 9-Liter-Motor von DAF ist ein wahres Kraftpaket, er katapultiert den Bus förmlich aus dem Stand heraus. In der Ebene tut‘s sicher auch das etwas kleinere Aggregat. Die optische Verarbeitungsqualität lässt keine Wünsche offen, lediglich unter der Haut sollte noch etwas Feinschliff erfolgen, dann knirscht es auch nicht mehr so arg im Gebälk beim Befahren von schlechten Straßen. Doch insgesamt hat der Citea das Zeug, ein kleines Wirtschaftswunder zu werden. (sab)
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