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Der Vieleskönner FMD

20.11.2014 13:07 Uhr
© Foto: VDL

Obwohl der VDL FMD äußerlich eher unscheinbar vorfährt, handelt es sich dennoch um ein hochspannendes ­Fahrzeug. Denn gerade in Zeiten, in denen das Thema Wirtschaftlichkeit immer wichtiger wird, beginnen immer ­mehr Unternehmer, sich nach zuverlässigen Bussen umzuschauen, die sich vielseitig einsetzen lassen.

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Ein Mitteldecker kommt zum Test der OMNIBUSREVUE. Also eine Fahrzeugkategorie, die es bisher nicht allzu häufig zu sehen gibt und wenn, dann meist in einer Einfachst-Version, die die Einsatzzwecke doch arg einschränkt. Anders VDL. Abgeleitet vom VDL Futura FHD erinnert dieses Fahrzeug sehr stark an einen Reisebus – und das ist er im Grunde auch. VDL gibt sich da übrigens sehr selbstbewusst und sieht den FMD als Nachfolger des Futura Classic, also DEM Bova-Bus der vergangenen Jahrzehnte schlechthin. Ob das funktionieren kann?

Die aktuellen Verkaufszahlen scheinen den Niederländern jedenfalls Recht zu geben, denn der FMD entwickelt sich zu einem echten Newcomer-Star. So wurde der sich schon länger im Markt befindende FHD2 2-Achser bisher 95 mal zugelassen, der wesentlich jüngere FMD bereits 43 mal. Der dreiachsige FHD wurde bisher nur 26 mal gebaut. Möglicherweisewerden die Kunden immer preissensibler, Geld muss immer mühsamer verdient werden. In Deutschland lässt sich das gut auch am Beispiel Fernbus ablesen. Da werden die Tickets teilweise verschleudert auf Teufel komm raus, nur, um Marktanteile zu sichern – Ausgang ungewiss. Da sind natürlich zum einen preiswerte Busse gefragt, aber auch Busse, die auf der Langstrecke wirtschaftlich unterwegs sind.

Beides will VDL mit dem FMD bieten. Beim Kaufpreis könnte das schon einmal klappen. 255.000 Euro muss der Unternehmer für den hier gefahrenen Testbus auf den Tisch legen. Das ist wirklich nicht viel, wenn man bedenkt, dass da schon eine Menge an Extras mit dabei ist. So ein WC, ein Rollstuhl-/Kinderwagen-Lift, zwei LCD-Monitore, Begleitsitz, Schnellwechselsysteme an den Sitzen gegenüber dem Mitteleinstieg, ein extra breiter Mitteleinstieg, die ZF AS-Tronic und so weiter. Für ein solches Geld bekam man früher nicht viel und wenn, dann handelte es sich oft um Exoten mit einem miserablen Service-Netz. Von letzterem kann man bei VDL in Deutschland nicht sprechen. Die Kooperation mit den DAF-Werkstätten läuft in der Regel ausgezeichnet, hier kann VDL auf eine mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung setzen

Wie wichtig das – nicht neue – Mitteldecker-Segment ist, erkennen übrigens immer mehr Bushersteller. Gut zu beobachten war das unter anderem auf der diesjährigen IAA Nutzfahrzeuge in Hannover. Da standen der hier vorgestellte FMD, einer der beiden Van Hool EX ebenfalls als Mitteldecker und auch Setra präsentierte die ComfortClass 500 MD-Busse. Daneben gibt es ja bereits zahlreiche Busse wie den Volvo 9500, den Neoplan Jetliner oder den Tourismo RH. Nur war bisher eben deren Einsatz hauptsächlich auf die heimische Region beschränkt. VDL will das ändern. Eine Grundvoraussetzung, um auch mal außer Sichtweite des heimischen Kirchturms zu fahren, ist ausreichend Kofferraum. Mit WC und Mitteltür bietet der FMD knapp über acht Kubikmeter. Das ist ordentlich und dürfte für den Fernlinieneinsatz, aber auch für ausgedehnte europäische Wochenend-Reisen, reichen. Zum Vergleich, der Bova Futura Classic kam mit
8,5 Kubikmetern auf fast die gleiche Größenordnung. Nun bekommt man den FMD2-129 zwar auch mit üppigen 9,1 Kubikmetern Gepäckraumvolumen, dann aber ohne WC und damit ist der Bus wieder unattraktiv für zahlreiche Anwendungsfälle.



© Foto: VDL

DAF-Paccar-Motoren überzeugen durch Sparsamkeit und Laufruhe

Äußerlich erinnert der FMD sehr stark an den FHD. Kein Wunder, der Baukasten lässt grüßen. Und das ist auch gut so, denn letztlich profitieren alle davon – optimierten Herstellungsprozessen mit entsprechend günstigen Fertigungskosten sei Dank. Wenn nicht gerade ein etwas höherer FHD daneben steht, ist der Unterschied kaum sichtbar, lediglich an Front und Heck sind einige Designelemente ein wenig anders gestaltet. Den Fahrgästen wird der Unterschied höchs-tens beim Einsteigen auffallen, denn beim FMD beträgt die Fußbodenhöhe rund 1,20 Meter im Gegensatz zu 1,45 Meter. Die Stehhöhe innen ist bei beiden Versionen identisch, nämlich 1.940 Milimeter. Der Futura Classic kam hier auf „nur“ 1.900 Milimeter. Ist man erst einmal an Bord, fühlt man sich auf Anhieb wohl. Das Interieur erinnert nicht nur an das eines vollwertigen Reisebusses, es entspricht ihm auch durchaus. Es ist alles da, was der Fahrgast braucht. Bequeme Reisesitze, in der Türkei gefertigt, funktionale Service-Sets und natürlich Doppelverglasung. Die verwendeten Materialien wirken strapazierfähig, gleichzeitig aber freundlich. Die Verarbeitung war zumindest beim Testbus solide ausgeführt. Zwar hörte man auf der mit Tempo 70 durchfahrenen Kopfsteinpflasterstraße in der sächsischen Schweiz ein deutliches Kunststoff-Ächzen im Gebälg, doch solche Extremfälle treten im Betriebsalltag nicht häufig auf und auf allen anderen Straßen blieb der Bus ruhig. Apropos Qualität: In der Vergangenheit hatten VDL-Busse ja immer wieder mit Korrosions-Schäden zu kämpfen und verärgerten damit so manchen treuen Kunden. Hier hat VDL bereits vor einiger Zeit starke Besserung gelobt, was sich unter anderem auch im Produktionsprozess niedergeschlagen hat. Die Fertigung wurde optimiert und auf mehr Qualitätskontrollen wird geachtet. Das ist auch wichtig, denn eine KTL-Tauchlackierung gibt es nicht. Wie fährt sich nun der VDL FMD? In einem Satz geschrieben könnte es heißen: So, wie man es von einem modernen Reisebus erwarten würde. Geht man ins Detail, sieht das wie folgt aus: Angetrieben wurde der Bus von einem Paccar MX 11-270. Diesen neuen DAF-Motor gibt es in unterschiedlichen Leistungs­stufen, VDL hatte sich beim Testbus für eine der leis-tungsärmeren Varianten entschieden mit 370 Pferdestärken und einem daraus resultierenden Drehmoment von 1.600 Newtonmetern. Klingt erst einmal nicht viel und tatsächlich, ist es auch nicht. Das spürt der Fahrer allerdings erst, wenn es bergig wird. Dann nämlich steigt auch die Drehzahl in die Höhe, um in Schwung zu bleiben. Gut, dass die ZF AS-Tronic mit ihren zwölf Gängen an Bord war, da konnten große Drehzahlsprünge mit entsprechendem Leistungsverlust aufgefangen werden. Dennoch sollte der ­vorausschauende Fahrer an der einen oder anderen Steigung oder auch vor Spitzkehren den manuellen Modus aktivieren, um unnötige Schaltvorgänge von vornherein auszuschließen. Aber – und hier wird es interessant – wenn der Bus gemütlich auf der Autobahn bei Tempo 100 vor sich hin rollt, dann liegt die Drehzahl im zwölften Gang bei gerade einmal 1.200 Umdrehungen pro Minute. Das schont den Geldbeutel! Die gemessenen Verbräuche sind einen Blick wert. Zuvor muss erwähnt werden, der Testtag war wettermäßig ideal, ein windstiller, sonniger Herbsttag mit einer Außentemperatur von circa 23 Grad Celsius. In der Stadt und auf der schweren Landstraßen-Etappe konnte der Testfahrer keine ungewöhnlich tiefen Ersparnis-Ausschläge feststellen, anders auf der Autobahn. 19 Liter, 20 Liter und 16 Liter betrug der Durchschnittsverbrauch auf den relativ ebenen Autobahnen nach/von Berlin, von Nossen über Leipzig nach Linthe. Das sind super Werte und so erstaunte es am Ende nicht, dass ein Gesamtdurchschnittsverbrauch von nur knapp über 24 Litern zu verzeichnen war. Ein Grund dafür ist natürlich der ausgezeichnete Paccar-Motor, ein anderer aber, viel wesentlicherer ist die geringe Fahrzeughöhe von gerade einmal 3,50 Metern. Ist ja auch normal, ab etwa Tempo 60 kommt das Thema Aerodynamik, Windwiderstand voll zum Tragen. VDL wirbt bereits seit einiger Zeit mit strömungsgünstigen Formen, nun kommt noch die geringe Bauhöhe dazu. Und hier wird es unter anderem für alle die interessant, die einen Bus suchen, der in der Regel nur mit mäßig viel Gepäck beladen wird, aber dennoch einen überproportional hohen Autobahnanteil zu verzeichnen hat. 3,50 Meter Höhe bedeuten im Umkehrschluss bei VDL auch eine Fußbodenhöhe von 1,20 Meter. Damit lässt sich ebenfalls gut arbeiten – Stichwort Lift. Der FMD hatte einen im Mitteleinstieg verbaut und nutzt damit den Platz gut aus. Teure Eingriffe in die Fahrzeugstruktur sind nicht notwendig, dazu kommt der Bus mit einem ebenen Boden. Das macht es grundsätzlich einfach, Sitze zu entfernen und Platz für Rollstühle oder Kinderwagen zu schaffen. Inwieweit die dann auch professionell gesichert werden können beziehungsweise als vollwertiger Sitz genutzt werden dürfen, steht auf einem ganz anderen Blatt, aber damit haben alle Bushersteller zu kämpfen. Der OMNIBUSREVUE jedenfalls ­gefällt die bei VDL gezeigte Lösung sehr gut. Es gab am Anfang zwar einige Probleme – der Lift wollte nicht ausfahren – doch der Hersteller versicherte, es habe sich lediglich um ein Software-Problem gehandelt, der verbaute Lift leiste üblicherweise völlig problemlos in hunderten Bussen gute Dienste.
© Foto: VDL

Lift für Rollstühle oder Kinderwagen im Mitteleinstieg verbaut

Den Fahrer erwartet ein Arbeitsplatz, mit dem er gut arbeiten kann. Zwar ist das Cockpit ein wenig einfacher gehalten, als im FHD, doch wirklich störend ist das nicht, denn sämtliche Bedienelemente sind vorhanden und gut erreichbar. Etwas unverständlich ist, weshalb wichtige Funktionen wie der Schalter für das ASR nicht mehr da sind, sondern nur umständlich über das Display durch das Durchblättern mehrerer Menüpunkte aktiviert/deaktiviert werden kann. Das soll kundenspezifisch programmierbar sein beziehungsweise die Anzahl der Schalter reduzieren, so VDL. Aber mal ganz ehrlich, Grundfunktionen müssen intuitiv auffindbar sein. So, wie das beispielsweise mit den Ablagen der Fall ist. Die gibt es nämlich zahlreich und auch ausreichend groß dimensioniert. Im Testbus nicht vorhanden, aber prinzipiell zu haben, ist zudem ein sehr großes Fach direkt rechts neben dem Fahrersitz. Die Sicht in die Spiegel ist ausgezeichnet. Links war zusätzlich ein Weitwinkelspiegel verbaut, den braucht man eigentlich nicht, praktischer ist da ein Rampenspiegel, dann lässt es genauer rangieren. Serienmäßig wird manuell geschaltet, wie aber bereits erwähnt, ergibt mit einem kleinen Motor die ZF AS-Tronic mehr Sinn. In Kürze erhältlich sein sollen sowohl ein Spurverlassenswarner sowie ein Abstands­regeltempomat. Beides hatte der Testbus noch nicht an Bord. Hier muss man einfach zugutehalten, dass VDL dabei an die Zulieferer gebunden ist. Die Kapazitäten und vor allem finanziellen Mittel, solche Systeme selbst zu entwickeln, wie es die großen Bushersteller mit Lkw-Sparte können, haben die Niederländer einfach nicht. Dafür aber ist mittlerweile ESP, bei VDL heißt das auf englisch ESC, angekommen und funktioniert auch sehr gut. Wenn der Fahrer wirklich einmal zu zügig unterwegs ist, dann erfolgt ein recht sanfter, dennoch aber bestimmter Bremseingriff über das Motormanagement-System sowie die Bremsen. Die Federungsabstimmung kann als recht gut bezeichnet werden, der Aufbau wankt auch in schnell durchfahrenen Kurven nur ein wenig. Etwas unangenehmer fiel da höchstens die noch ausbaufähige Anbindung der Vorderachse auf. Das mag man zwar hauptsächlich bei einer mit für den normalen Personenverkehr unüblichen Tester-Fahrweise bemerken, doch grundsätzlich kann es nie genug an Fahrstabilität geben. Der Tank für AdBlue befindet sich hinter der Hinterachse, die Einfüllstutzen für den Dieselkraftstoff sitzen dagegen vor der Vorderachse. Auch wenn der AdBlue-Verbrauch in der Regel sehr gering ist, gelegentlich muss der Fahrer dennoch Harnstoff nachtanken und dann wird er sich ein wenig über die unpraktische Anordnung ärgern. Beim Testbus gab es zudem keine Xenon-Scheinwerfer und kein Abbiegelicht. Klingt auf den ersten Blick nicht weiter tragisch, doch mehr Sicherheit bieten sie. Unser Urteil: Mit der FMD-Reihe hat VDL ein mehr als interessantes Segment ins Rollen gebracht. Nun ist ein Mitteldecker keine neue Erfindung, doch wie es der niederländische Hersteller geschafft hat, Wirtschaftlichkeit mit einem Hauch von Reiseluxus zu paaren, ist bemerkenswert. Ob Pendlerverkehre, Fernlinieneinsätze oder eine Fernreise über das Wochenende – mit dem FMD ist das alles möglich. Mit dem (zugegebenermaßen nicht immer unproblematischen) Verzicht auf ein wenig Kofferraumvolumen bekommt der Unternehmer im Gegenzug eine ganze Menge: nämlich einen leichteren Bus, eine bessere Aerodynamik und damit ausgezeichnete Verbrauchswerte. Der im Testbus verbaute Motor mit seinen 370 PS stößt zwar in den Bergen an seine Grenzen, fahren lässt es sich dennoch gut. Mittlerweile ist auch die AS-Tronic ordentlich abgestimmt, da macht der Bus auch den Gästen Spaß.
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