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Heuliez: GX 127: Bus-Art

24.02.2010 13:52 Uhr
© Foto: OMNIBUSREVUE

Seit einiger Zeit ist der Heuliez GX 127 auch in Deutschland erhältlich. Noch zählt er hierzulande allerdings zu den eher exotischen Stadtbussen. Dabei steht dem kleinen Franzosen strahlendes Rampenlicht viel besser als ein Schattendasein. Die OMNIBUSREVUE hat den Test gemacht.

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Seit gut vier Jahren gibt es ihn, den eigentlich ultimativen Midibus für den Linienverkehr. GX 127 heißt das Kleinod und gefertigt wird es bei Heuliez, dem französischen Maßschneider für hochwertige Stadtbusse. Knapp neuneinhalb Meter misst der GX 127, mit einer Länge von 10.645 Millimeter heißt das Fahrzeug dann GX 127 L. Diesen Bus hat die OMNIBUSREVUE über ihre anspruchsvolle Berliner Teststrecke geschickt und ließ auch den harten Handling-Parcours auf dem Gelände des ADAC Fahrsicherheitstrainings Berlin-Brandenburg in Linthe nicht aus. Allerdings ist der GX 127 L kein Billigbus. Das will er aber auch gar nicht sein, und hat er auch nicht nötig. Allerdings muss er sich in dieser Liga auch kritischen Bewertungen stellen. Doch der Reihe nach: Äußerlich wirkt der kleine Heuliez in seinen Proportionen sehr stimmig. Ob in der kurzen oder in der langen Variante – das Gesamtpaket stimmt. Dafür sorgen zum einen die großzügigen Fensterflächen, andererseits ist den Designern mit den Dreiecksfenstern im Bereich des unteren Drittels im wahrsten Wortsinn ein Licht aufgegangen. Solche Schau-Lösungen sind nicht nur ein Hin- sondern eben auch ein praktischer Hin-ausgucker. Der GX 127 protzt nicht mit übermäßig vielen Rundungen, diese wur­den eher unauffällig integriert, mehr Wert wurde auf eine funktionelle Sachlichkeit gelegt. Erstaunlich, wie das gelingt, ohne dass der Bus „kastig“ wirkt. Von hinten macht der Kleine auf dicke Hose. Das Heck wirkt bullig und versprüht zugleich französische Lebensart.

Heuliez GX 127

Heuliez GX 127 Bildergalerie

© Foto: OMNIBUSREVUE

Innenraum

Der Innenraum dann, den man über zwei Innenschwenktüren erreicht – optional kann auch eine Schwenkschiebetür geliefert werden – wirkt erfrischend freundlich. „Hier bin ich willkommen – hier will ich sein“, möchte man unbewusst ausrufen, denn auch mit seiner Breite von nur 2.330 Millimeter kommt kein Gefühl von Enge auf. Da kann man die Idee mit den zusätzlichen Dreiecksfenstern und lichtdurchlässigen Notausstiegen nur als genialen Schachzug werten. Standardmäßig wird der Bus mit einer getönten Einfachverglasung ausgeliefert, gegen Aufpreis gibt es Doppelverglasung. Optional ist zudem eine Klimaanlage für Fahrer und Fahrgäste erhältlich. Wenn der Bus vorwiegend in kalten Gegenden eingesetzt wird, kann Heuliez auch Wärmedämmung der Seitenwände liefern. Was der Fahrgast nicht sieht soll hier aber erwähnt werden: Die Konstruktion. Der GX 127 wird nämlich in einem recht besonderen Produktionsprozess gefertigt. Es ist sozusagen ein Modulbus. Denn das Fahrzeug wird im Werk aus sechs separat gefertigten Elementen zusammengesetzt. Also Fahrgestell, Dach, Seiten, Front und Heck. Auch der Fahrerarbeitsplatz wird als Ganzes verbaut. Die Karosseriestruktur besteht aus Edelstahl – und als wäre das nicht genug, wird das Gerippe auch noch einer Kataphoresebehandlung unterzogen. Wenn also Daimler und Co. auf korrosions­sicherer Seite unterwegs sind, dann lässt sich Irisbus erst recht nicht lange bitten. Wo kein behandelter Edelstahl verbaut ist, finden sich Verbundwerkstoffe. Front, Heck und seitliche Beplankung sind unter anderem aus solchem Kunststoff gefertigt. Das alles spricht für eine Eignung auch unter harten europäischen Witterungsbedingungen – über viele Jahre. Im Innenraum sowie außen wurde Wert auf Glattflächigkeit gelegt. Dafür hat man weitgehend auf Griffe, Hebel oder andere sichtbare Öffnungsmechanismen verzichtet. An deren Stelle treten kleine Löcher, hinter denen sich die Schlösser befinden, die mittels Pin/Stift geöffnet werden können. Dieses Prinzip findet sich übrigens auch im Irisbus Magelys. Das sieht gut aus und funktioniert auch in der Regel, doch diesen Spezialstift sollte der Fahrer besser nicht verlegen und wirklich kräftig drücken kann man mit dem Metall-Stiftchen auch nicht, sollte im unwahrscheinlichen Fall von Zug- oder Druckspannungen mal ­etwas klemmen.
© Foto: OMNIBUSREVUE

Aufgeräumter Fahrerarbeitsplatz

Aber dafür entschädigt ein aufgeräumter Fahrerarbeitsplatz. Der ist französisch-typisch recht hoch angeordnet. Für deutsche Fahrer mag das ungewohnt sein und große Zeitgenossen haben ein eingeschränktes Sichtfeld nach oben, ABER: man ist aggressiven Fahrgästen gegenüber nicht in einer tiefen Position, kann besser Platz nehmen und hat einen sehr guten Blick nach hinten. Zudem soll es auf Wunsch den Fahrerplatz auch in tieferen Positionen geben. Das Cockpit stammt von Actia und ist nach VDV-Standard gefertigt. Heißt, es lässt sich als Ganzes verstellen. Übermäßig viele Schalter und Hebel verwirren den Fahrer nicht, hier wurde großer Wert auf Praxis­tauglichkeit gelegt. Allerdings wirkt das monochrome Zentraldisplay in seiner Umgebung einen Tick zu antiquiert. Möglicherweise sieht das aber auch nur ein verwöhnter Tester so, denn funktionell ist der Arbeitsplatz allemal. Dafür spricht außerdem das Vorhandensein zahlreicher Ablagemöglichkeiten und großzügiger Staufächer auch für größere Taschen. Der Begriff Praxistauglichkeit trifft auch auf das Getriebe zu, das Heuliez-typisch von Allison stammt. Es muss nicht immer Voith oder ZF sein, möchte man an dieser Stelle ausrufen, denn die Automatik verrichtete im Testbus ihren Dienst extrem sauber und unauffällig. In Verbindung mit dem 194 kW starken Tector-Motor spielt es ein stimmiges Lied. Ob provozierte Lastwechsel oder langsame Stop-and go-Fahrten, das Allison T 280 R bringt nichts aus der Ruhe. Das gilt nicht für die Fahrgäste, wenn es der Fahrer drauf anlegt, denn die 265 PS treiben den Midi derart heftig vorwärts, dass Festhalten angesagt ist. Für einen Sechs-Liter-Motor ist eine solche Kraftentwicklung mehr als ordentlich, allerdings muss man das auch mit einem Kraftstoffverbrauch von gemessenen 47 Litern/100 km bezahlen. Zugegeben, Stadtverkehr, fast voll ausgeladen und eine aggressive Fahrweise sprechen eine heftige Sprache, doch etwas weniger darf es ruhig sein. Beim Thema Motorgeräusch hat sich der GX 127 gute Noten verdient. Im normalen Stadtbetrieb und auch in etwas höheren Geschwindigkeitsbereichen fällt der Tector nicht aus einem lautstärke­üblichen Rahmen. Den GX 127 gibt es in Deutschland mit einer Einzelradaufhängung vorn. Leider war der Testbus noch nicht mit dieser Verbesserung ausgerüstet. Das machte sich auf schlechten Straßen und in sehr schnell durchfahrenen Kurven bemerkbar. Hier wirkte der Bus dann doch recht unruhig. Gut gefallen hat aber die optimale Umsetzung der Lenkung und ihr direktes Verhalten. Als Fahrer hat man stets das sichere Gefühl, diesen Bus im Griff zu haben. In Sachen Elektrik setzt man beim GX 127 ganz auf Multiplextechnik. Das ist zwar komplexer als eine herkömmliche Verschaltung, bietet aber in Sachen Überwachung, Fehlerdiagnose und Update-Möglichkeiten wesentliche Vorteile. Der Elektrikschrank befindet sich hinter dem Fahrerplatz und damit im Trockenen. Auch ist durch diesen Unterbringungsort für Wartungsarbeiten eine gute Erreichbarkeit garantiert. Insgesamt ist der GX 127 L eine mehr als interessante Alternative zu bekannten Produkten. Er besitzt ein frisches Design und jede Menge neuer Ideen im Fahrgastinnenraum. Erhältlich ist der Bus in zwei Längen, wodurch er individuell einsetzbar ist. Mit seiner Breite von 2,33 Metern passt er auch auf Strecken, die durch enge Wohngebiete führen, zudem ist sein Wendekreis phänomenal klein. Erstaunlich: Der Bus wirkt wie ein Großer, besitzt jede Menge Qualitäten aus dieser Liga, zählt aber zu den Midi-Bussen mit all ihren Vorteilen. Großen Wert haben die Entwickler auf Langlebigkeit und eine damit verbundene hohe Wirtschaftlichkeit gelegt. Ein Gerippe aus Edelstahl, das zudem auch noch KTL-geschützt ist, findet man nicht alle Tage. Allein hierfür verdient der Bus vollstes Lob. Und schließlich sind es in der Summe nur wenige Punkte, die noch Verbesserungen bedürfen. Worauf es aber ankommt, nämlich auf ein stimmiges Gesamtpaket, da hat Irisbus seine Hausaufgaben gemacht. Der GX 127 ist hier ein echter Geheimtipp. Nun ist es an Ihnen, französicher Bus-Art auch in Germany eine Chance zu geben.
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