Während der letztjährigen Busworld in Kortrijk war auch eine Setra TopClass ausgestellt. Ausgestattet mit jeder Menge Extras, die dieses Fahrzeug gehörig aufwerten. Dabei ist nicht die Rede von 1+1-Bestuhlung oder einer Lounge im Heck oder einer Bar im Kofferraum. Das sind Extras, die in den Bereich der Sonderfahrzeuge gezählt werden können. Mit dem Messefahrzeug wollte Setra zeigen, wie sich Luxus im bezahlbaren Rahmen realisieren lässt. Gut, 437.000 Euro sind eine stolze Summe für einen Bus, in dem dann nur noch 40 Fahrgäste Platz finden. Allerdings liegt der Fokus eines solchen Busses dann ganz klar in der Individualität.
12, 5 Meter misst die kürzeste verfügbare TopClass. Dabei ist der S 515 HDH nicht das meistverkaufte Fahrzeug dieser Kategorie, diesen Rang nimmt ganz klar der S 516 HDH ein. Kein Wunder, er kann mit vier bis fünf Sitzplätzen mehr bestuhlt werden und das bei einer immer noch sehr praxistauglichen Länge von knapp über 13 Metern. Drei Achsen haben die Fahrzeuge der TopClass ohnehin, Sparpotenzial gibt es hier also nicht. Was also könnte der Grund sein, einen S 515 HDH zu ordern? Ganz klar, es ist dessen Wendigkeit. Nur 19,5 Meter beträgt der Wendekreis, das ist durchaus bemerkenswert und bereits bei der ersten Testfahrt deutlich zu spüren. Volle, zugeparkte Städte oder enge Serpentinenstraßen stellen für diesen Bus kein Hindernis dar. Die aktiv gelenkte Nachlaufachse sorgt für ein sensationelles Rangier Handling. War der S 516 HDH vor einigen Jahren im Supertest bereits problemlos zu fahren, setzt der knapp einen Meter kürzere Zwilling diesbezüglich noch eine Schippe drauf.
Der im Heck arbeitende OM 471 schöpft aus 12,8 Litern Hubraum 350 kW (475 PS) Leistung und erreicht dabei 2.100 Newtonmeter. Noch mehr ginge natürlich auch, nämlich 2.500 Newtonmeter bei 375 kW Leistung, doch eigentlich braucht man das nicht. Denn auch beim „Kleinen“ gilt: Leistungsreserven satt beim Beschleunigen, am Berg, beim Überholen. Und obwohl die Maschine ein wahrer Kraftprotz ist, regelt die Elektronik am glatten Berg den Anfahrvorgang so sanft und schnell, dass es nicht zu einem Durchdrehen der Antriebsachse kommt. Droht dieses, wird blitzschnell die dritte Achse entlastet und die Antriebs Schlupf-Regelung fängt an zu arbeiten. Dabei ist es dem Bus egal, ob der Fahrer wie von Sinnen auf das Gaspedal tritt oder eher feinfühlig – er strebt stets souverän vorwärts. Das Powershift-Getriebe hat längst bewiesen, dass es entwickelt wurde, um auch anspruchsvollste Reisende sanftmütig zu befördern und es lässt dabei ein gewisses Maß an Schnelligkeit nicht vermissen.
Natürlich verfügt auch der S 515 HDH über sämtliche kraftstoffsparende Helfer wie seine längeren Brüder. Dazu zählt PPC – Predictive Powertrain Control. Dieses System greift auf im Fahrzeug hinterlegte Höhendaten zu und wählt entsprechend der aktuellen Topografie den richtigen Gang und die richtige Schalt strategie. Dazu zählt auch, dass beispielsweise bei einem leichten Gefälle ausgekuppelt wird und der Bus ohne Motorschleppverlust länger rollen kann. Sollte der Bus zu schnell werden, wird der Gang eingelegt und zusätzlich per Retarder abgebremst. Andererseits schaltet PPC vor steilen Anstiegen rechtzeitig einen oder zwei Gänge herunter, um einen Schaltvorgang direkt in der Steigung mit den entsprechenden Geschwindigkeitsverlusten zu vermeiden. Bergab kann der Bus dabei durchaus Tempo 104 erreichen, was allerdings in Europa im zulässigen Toleranzbereich liegt. Selbst wenn also der Fahrer länger als eine Minute mit Tempo 104 den Berg herunterrollt und einen Eintrag auf der Fahrerkarte bekommt, geahndet wird so etwas nicht, hier gilt beim Bus Tempo 106 km/h.

Klein, aber oho
Die Fahrgäste bekommen von der geballten Technik um sie herum kaum etwas mit. Sie dürften vielmehr das Panorama genießen. Knapp 13 Quadratmeter misst das Glasdach, es ist ein echtes Highlight, welches immer mehr Unternehmer zu ihrem Fahrzeug bestellen. Und ja, die Aussicht nach oben ist wie das Schauen in eine weitere Dimension. Der gefahrene Bus war zudem mit in der Höhe und an den Seiten verstellbaren Kopstützen ausgestattet, interessanterweise werden diese nicht von allen Fahrgästen geschätzt. Eine sehr sinnvolle Einrichtung des Testbusses war das WC aus der HD-Baureihe. Macht das im HDH Sinn? Absolut, die Fahrgäste dürften sich freuen. Denn im Gegensatz zur HDH Toilette kann diese deutlich einfacher betreten und verlassen werden und das bereits auf der vorletzten Stufe. Es gibt eine vernünftige Tür und keine umständlich zu bedienende Faltversion, mit der nicht nur ältere Reisende so ihre Probleme haben. Allerdings kostet dieses WC eine Sitzreihe. Ein Reisebegleiter wird sich im Testbus ebenfalls sehr wohl fühlen, dazu trägt auch die verbaute Stehküche bei. Zugegeben, ein Luxus, der eine Sitzreihe kostet und entsprechend selten geordert wird, doch das Catering unterwegs wird damit auf ein vernünftiges Arbeitslevel gehoben. Zahlreiche Ablagen, Fächer und Arbeitsplatten machen die Zubereitung nicht nur von Würstchen deutlich einfacher, als es bei der herkömmlichen Podestküche der Fall ist. Dass es einen Würstchenkocher auch in diesem Luxus-Gefährt noch immer gibt, wirkt dabei schon fast ein wenig herzlich. Insgesamt zeigt der hier vorgestellte Setra S 515 HDH, wie man auf gut zwölf Metern mit Ausstattungsoptionen, die allein der Hersteller bietet, einen hochwertigen Reisebus noch einmal deutlich aufwerten kann. Sicherlich wird nicht jeder einen „kurzen“ Bus mit nur 40 Fahrgastsitzen ausstatten. Doch mitunter kommt es eben auf das Entscheidende Mehr an Wenigkeit, an Handlichkeit an. Und es kommt eben auch – und zwar gar nicht so selten – auf die kompromisslose Wertschätzung der eigenen Gäste an. Ihnen ein perfektes Reise-, Seh- und Fahrerlebnis bieten zu können, rechtfertigt ohne Frage das Besondere. Unser Urteil: Ein HDH mit einer Länge von 12,5 Metern und einer 5-Sterne Bestuhlung mit 40 Sitzen, das ist Luxus pur, den sich der Unternehmer erst einmal leisten muss, es aber eben auch kann. Der Gegenwert ist ein Fahrzeug, das äußerst wendig und kompakt ist. Überhaupt spielt im 5-Sterne-Segment das Thema Massenbeförderung eher keine Rolle, hier ist Individualität gefragt. Und mit der kann der S 515 HDH punkten. Die große Toilette fordert zwar den Verzicht auf zwei Sitzplätze, erleichtert aber deutlich die Benutzung. Die Stehküche bietet deutlich bessere Arbeitsbedingungen für den Bediener und das Glasdach ist heute schon fast ein Muss für gehobene Reisen. (sab)