Können Unternehmen dem Arbeitnehmer Vorgaben machen, wie er sich in der Freizeit zu verhalten hat und falls ja, wie weit kann dies gehen? „Das Arbeitsverhältnis regelt den Austausch von Leistung (Arbeiten) und Gegenleistung (Lohn zahlen). Dies sind die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten, aufgrund derer die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis eingehen“, erklärt der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Fuhlrott vom Verband Deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA). Zusätzlich gebe es im Arbeitsverhältnis „aber auch Nebenpflichten“, so der Arbeitsrechtler, der betont: „Jede Partei muss auf die Rechtsgüter der jeweils anderen Seite Rücksicht nehmen.“
Genauso wie der Arbeitgeber seine Beschäftigten etwa nicht an defekten Maschinen arbeiten lassen darf, schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein Mindestmaß an Treue.
„Auch im Arbeitsverhältnis steht dem Arbeitnehmer daher im Grundsatz seine Meinungsäußerungsfreiheit zu: Danach ist selbst öffentliche Kritik am Arbeitgeber erlaubt, diese muss aber maßvoll erfolgen“, führt Fuhlrott aus. Dabei steige die Pflicht zur Loyalität mit der Position: „Eine Prokuristin ist stärker zur Rücksichtnahme verpflichtet als der Pförtner“, erklärt Fuhlrott.
Arbeitgeber darf nicht in das Privatleben hineinregieren
Wie ein Arbeitnehmer seine Freizeit gestaltet, ist aber seine Sache, betont der Arbeitsrechtexperte. Der Arbeitnehmer schulde keine „redliche“ oder „tadellose“ Lebensführung und in dessen Privatleben darf der Arbeitgeber nicht durch betriebliche Vorgaben „hineinregieren“, wie Fuhlrott an einem extremen Beispiel aufgezeigt: „Selbst das Begehen von Straftaten durch den Arbeitnehmer in seiner Freizeit hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren. Für das Arbeitsverhältnis dürfen hieraus im Grundsatz keine Konsequenzen folgen, auch wenn das Verhalten natürlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.“
Hiervon gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Gibt es Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, darf der Arbeitgeber selbstverständlich handeln. Einer Busfahrerin, die volltrunken in der Freizeit Auto fährt, ihren Führschein verliert und dann nicht mehr die berufliche Tätigkeit ausüben kann, droht die Kündigung (vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 3.7.14, Az.: 5 Sa 27/14), führt Fuhlrott als Beispiel an.
Partyfotos und Dschungelcamp
Fehlt es an einem solchen Bezug zum Arbeitsverhältnis, geht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten aber regelmäßig den Interessen des Arbeitgebers vor. Das findet seine Grenze erst dann, wenn das außerdienstliche Verhalten die Eignung für den Job entfallen lässt.
Ansonsten gilt laut Fuhlrott: „Peinliche Partyfotos, die im Betrieb kursieren, die Teilnahme an Fan-Krawallen oder am Dschungelcamp mögen zwar für die Karriere nicht förderlich sein – einen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag stellen sie regelmäßig nicht da. Die Volksweisheit ‚Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps‘ gilt daher tatsächlich in den meisten Fällen.“