Sind Gedanken über die Machbarkeit von Elektro-Reisebussen Schnapsideen oder lässt sich daraus etwas machen, das fährt? Das haben sich Heinz Kies und Sascha Böhnke gefragt. Für Heinz Kies steht fest: machbar ist etwas, das fährt, auf jeden Fall. „Man hat immer diese Reichweiten-Angst“, verrät er und verweist auf seine Erfahrungen mit dem eigenen Elektro-Auto. „Anfangs hatte ich die auch – immer Angst, dass die Reichweite nicht reicht. Aber wenn man dann mal gefahren ist, weit gefahren ist, mehrfach weit gefahren ist, und die Reichweite war kein Thema, dann verliert sich diese Angst. Und dann freut man sich nur noch auf den Tag, an dem man mit einem Bus mit Tempo hundert geräuschlos über Autobahnen schwebt … herrlich.“ Heinz Kies jedenfalls freut sich darauf.
Dennoch stehen Hersteller, die über die Entwicklung von Elektro-Reisebussen nachdenken, vor ziemlichen Herausforderungen. Erfahrungen mit Elektro-Stadtbussen oder auch Elektro-Lkw gemacht zu haben, ist zwar schön und bis zu einem gewissen Grad auch vorteilhaft. Der Reisebus ist insgesamt aber so anders, und auch die Erwartungen seiner Passagiere sind so anders als die Erwartungen von ÖPNV-Nutzern an ihre Busse, dass eine Menge übrigbleibt, was neu erfunden werden muss. „Die zwei größten Herausforderungen beim Elektro-Reisebus liegen im elektrischen Antrieb und im Thermomanagement“, sagt Heinz Kies. Und im Bereich der Erprobung der Prototypen. „Da sind wir Hersteller auf unsere Kunden angewiesen, darauf, dass sie mitziehen und bereit sind, Testflotten einzusetzen und mithin Fahrzeuge, die noch nicht das Gelbe vom Ei sein können, weil uns Herstellern einfach die spezifischen Erfahrungen dafür fehlen.“ Entwicklung braucht eben Er-Fahrung, und die gibt es nicht im Labor und auch nicht im Elfenbeinturm der Zeichenbretter. Da müssen reale Herausforderungen her. Erfahrung kommt aber schließlich auch von er-fahren – fahren ist reisen, und etwas er-fahren heißt, es sich durch Reisen aneignen. Im Grunde beste Voraussetzungen für die E-Reiseflotten der Gruppentouristik von morgen.
Die grundsätzliche Strategie ist zumeist, den Elektro-Reisebus nicht komplett neu zu erfinden, sondern einfach ein bewährtes, konventionelles Fahrzeug mit einem elektrischen Antrieb auszurüsten. „Dabei wird Euro 7 technologisch einen großen Einschnitt bedeuten“, ist Heinz Kies sicher. Der Grund: die Hürden, die die EU gestellt hat, sind so hoch, dass wohl kaum ein Hersteller auf zwei Hochzeiten tanzen wird. Sascha Böhnke bezeichnet die Geschwindigkeit, die die Politik für die „CO2-Neutralität“ vorlegt, vorsichtig als „überambitioniert“. Heinz Kies stimmt dem zu. „Es ist wirtschaftlich unmöglich, in beide Felder zu investieren – Euro 7 und Elektro. Wenn man bei den Verbrennern in die Euro 7 Technologie investiert, erzwingen die Finanzen einen Entwicklungsstopp bei batteriebetriebenen Fahrzeugen.“ Und das, wo das Zeitalter der Elektrofahrzeuge noch immer bis zum Hals in seinen Pionierzeiten steckt. Wobei die größte Herausforderung gar nicht mal die Fahrzeuge selbst betrifft, sondern die Ladeinfrastruktur. Ladestationen nur entlang der Autobahnen reichen keineswegs aus.
Wer vor diesem Hintergrund noch alles gefragt ist und was Heinz Kies und Sascha Böhnke zum Thema Elektro-Reisebusse weiters besprochen haben, gibt es auf die Ohren. Deshalb an dieser Stelle wie immer: Anschnallen, Gas geben, reinhören!