Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck, das Landesmuseum Mainz und der Dom zu Speyer rücken mit drei Ausstellungen die Werke und das Wirken der Nazarener in den Blick. Anfang des 19. Jahrhunderts zog eine Gruppe junger Akademieschüler von Wien nach Rom. Sie verband der Wunsch nach einer Reform der Kunst, die sich wieder stärker religiösen Themen zuwenden und an den alten italienischen und deutschen Meistern wie Raffael oder Dürer orientieren sollte. Die Mitglieder des sogenannten „Lukasbundes“ ließen sich in einem leer stehenden Kloster in Rom nieder und erhielten von den Italienern aufgrund ihrer langen, gescheitelten Haare den Namen „I Nazareni“ – die Nazarener.
Berühmte Künstler wie Friedrich Overbeck, Peter von Cornelius, Wilhelm Schadow, Julius Schnorr von Carolsfeld und Philipp Veit zählten zu dieser Gruppe. Während sie in Rom große Wandzyklen in der Casa Bartholdy und dem Casino Massimo realisierten, blieben die Aufträge in Deutschland zunächst aus. Erst in den 20er und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden mehrere führende Nazarener an die Akademien in Düsseldorf, Frankfurt und München berufen. Da das Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz unter preußischer, hessischer und bayerischer Herrschaft stand, lag es im direkten Einflussbereich aller drei Schulen. Lehrer wie Schüler waren in der Region tätig und hinterließen vielfältige Zeugnisse nazarenischer Kunst. Zu den bedeutendsten zählen die Ausmalung des Doms zu Speyer und des Mainzer Doms sowie die der Apollinariskirche in Remagen.
Drei Ausstellungen präsentieren 2012 in Rheinland-Pfalz das reiche und einzigartige Erbe der Nazarener. „Die Eroberung der Wand. Nazarenerfresken im Blick der Gegenwart“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck zeigt von 25. März bis 9. September 2012 die restaurierten Fresken der zwölf Apostel von Johann von Schraudolph aus dem Speyerer Dom. Diesen werden eigens produzierte Arbeiten von zwölf Künstlerinnen der Gegenwart gegenübergestellt, darunter Sonja Alhäuser, Karin Sander, Heike Weber und Dorothee von Windheim. Das Landesmuseum Mainz, Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, präsentiert von 10. Juni bis zum 25. November 2012 unter dem Titel „Die Nazarener– Vom Tiber an den Rhein. Drei Malerschulen des 19. Jahrhunderts“ eine kulturhistorische Gesamtbetrachtung. Das Haus selbst verfügt über reiche Bestände nazarenischer Kunst, die teils auf seinen einstigen Direktor Philipp Veit, selbst Nazarener, zurückgehen. Gezeigt werden teilweise noch nie ausgestellte Exponate des Museums sowie exklusive Leihgaben beispielsweise aus Museen in Köln, Nürnberg, Trier und Wiesbaden sowie aus Privatbesitz. Im Dom zu Speyer sind ab Herbst/Winter 2012 die einst abgenommenen Fresken im restaurierten und wiedereröffneten Kaisersaal zu sehen.
„Kunstwerke im nazarenischen Stil finden sich in ganz Rheinland-Pfalz. Schon von daher ist es überfällig, sich mit dieser Kunstform stärker auseinanderzusetzen“, so die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen. „Alle drei Ausstellungsstätten haben das gemeinsame Ziel, das im ganzen Land verbreitete historische Erbe für das kollektive Bewusstsein zu erschließen. Sie bringen dem Betrachter bislang unbekannte Werke näher und tragen vielleicht auch dazu bei, das eine oder andere Vorurteil gegenüber dieser religiös geprägten Kunstform des 19. Jahrhunderts über Bord zu werfen. Sich den Kunstwerken dabei anzunähern, indem man ihnen etwa – wie im Arp Museum – zeitgenössische Kunst gegenüberstellt, ist für das Publikum sicher ein ganz besonderes Ereignis.“ Weitere Informationen unter http://www.arpmuseum.org und http:// www.landesmuseum-mainz.de. (ah)