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Irisbus Crossway: Ein Fall für Zwei

24.08.2009 09:43 Uhr
© Foto: OMNIBUSREVUE

Den Überlandbus Crossway gibt es seit Kurzem auch als Low Entry. Grund für die OMNIBUSREVUE, sich beide Fahrzeuge einmal genauer anzuschauen. Ist es ein Produkt, das den Sprung aus der Nische nicht schaffen wird oder hat der Crossway das Zeug, etablierten Mitbewerbern das Leben schwer zu machen?

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Als unbekannte Größe kann Irisbus nun wirklich nicht bezeichnet werden. Auch wenn heutzutage im Vergleich zum gesamten deutschen Markt der Hersteller mit seinen italienisch/französischen Wurzeln noch immer eher selten anzutreffen ist. Dabei hat es Irisbus nach Angaben von Volker Seitz, dem Marketing Manager Irisbus Deutschland in aller Stille geschafft, im 1. Quartal dieses Jahres zur Nummer 3 unter den Busherstellern in Deutschland zu werden. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass in diese Statistik alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen einfließen. Letztes Jahr konnte Irisbus in Deutschland 300 Busse verkaufen. Diese Zahl soll auch in diesem Jahr erreicht werden, was vor dem Hintergrund eines insgesamt stagnierenden oder fallenden Marktes durchaus beachtlich ist. Irisbus konnte 2008 seinen Marktanteil in Deutschland auf 4,2 Prozent ausbauen (Vorjahr: 2,8 Prozent) Insgesamt erzielte Irisbus 2008 einen Umsatz von 1,192 Milliarden Euro, das sind 6,8 Prozent weniger als 2007. Dieses Ergebnis konnte durch den Absatz von 9.475 Bussen erzielt werden (2007: 10.077), davon 3.353 Reisebusse, 2.053 Stadtbusse, 891 Fahrgestelle und 3.178 Minibusse. Als Gründe für den Rückgang sieht das Unternehmen die Folgen der Weltwirtschaftskrise, die wesentlichen Einfluss auf die Automobil­industrie hatte und sich im letzten Quartal 2008 insbesondere in den Kernmärkten ­Italien und Spanien auswirkte. Vom Crossway, der der Nachfolger des Axer ist, wurden in Deutschland knapp 100 Fahrzeuge verkauft, davon entfielen im vergangenen Jahr 50 Busse an die Bundeswehr. Neben dem Crossway, der für Irisbus das Brot- und Butter-Auto ist, da er den wichtigen Überlandbereich abdeckt, setzt das Unternehmen auf Stadtbusse sowie als wichtiges Fahrzeug den Iveco Daily. Die Busse von Irisbus werden produziert im tschechischen Vysoké Myto, dem ehemaligen Karosa Werk. Neben dem Crossway produziert Irisbus dort den Arway Überland- und Reisebus.

Irisbus Crossway LE

Irisbus Crossway LE Bildergalerie

© Foto: OMNIBUSREVUE

Premiere 2006

Der Crossway feierte 2006 seine Weltpremiere. Er sollte nicht nur ein würdiger Nahfolger des Axer sein, sondern dessen Qualitäten in weiten Bereichen übertreffen. Ein Jahr später erschien der Crossway LE auf der Bus-Bühne. Mittlerweile haben beide Busse ihre ersten Kilometer auch bei uns abgespult, es ist damit an der Zeit, sich die Fahrzeuge etwas genauer anzuschauen.Dabei sollte der erste Blick mit einer Röntgenbrille erfolgen, denn nur so kann man unter das Blechkleid des Crossway schauen.­ Dort findet sich klassischer, solider Omnibusbau. Der Fahrgestellrahmen besteht aus verschweißten U-Längsträgern und Rohrquerträgern. Die Seitenwände besitzen eine Gitterrohrstruktur. Beachtenswert: Das gesamte Fahrzeug wird einem Kataphorese­tauchbad unterzogen, also Korrosionsschutz vom Feinsten. Dazu befindet sich im tschechischen Werk eine entsprechende „Riesenbadewanne“. Wenn nun nach dem Tauchbad nicht mehr allzu viel am Gerippe gebohrt wird, kann man von einer sehr wirkungsvollen Korrosionsvorsorge reden. Wo andere Hersteller auf Edelstahl oder nur eine partielle KTL-Tauchlackierung setzen, ist Irisbus konsequent. Über dem Gerippe sitzt das Blech-/Kunststoffkleid, welches in einer erstaunlich unauffällig modernen, und dabei doch gefälligen Art und Weise auch oder gerade auf der Linie überzeugt. Während der Reisebus Magelys mit seiner gewagten Formensprache polarisiert, schafft es der Crossway, ein breites internationales Publikum anzusprechen. Mit der entsprechenden Lackierung versehen, wird aus einem Überlandbus eine flotte Asphaltbiene. Dessen ist sich auch der Bus selbst bewusst und quittiert dies mit einem breiten Lächeln in der Front. Und wer den Bus nur noch von hinten sieht, ärgert sich ein bisschen weniger, denn die runden Formen entschädigen leicht. Äußerlich unterscheiden sich der Intercity Coach und der LE lediglich durch ihre Höhe. Dabei macht der LE einen noch besser proportionierten Eindruck. Gut ist, dass der LE rundherum mit den gleichen Scheibengrößen bestückt ist wie sein Überland-Kollege. Das minimiert zum einen Fertigungskosten zum anderen natürlich auch die Ersatzteilpreise. Die sollen übrigens laut Aussage von Unternehmern, die diese Fahrzeuge fahren, teilweise deutlich unter denen von Marktbegleitern liegen. Betritt man nun den Crossway Intercity Coach, empfängt den Fahrgast ein aufgeräumter Innenraum, dem man seine erst junge Entwicklungsgeschichte ansieht. Konsequent wurde beispielsweise im Bereich der oberen Gepäckablagen auf moderne Materialien und frisches Design gesetzt. Auch wenn man beim ersten Blick auf die zahlreichen hellen Kunststoffteile zweifeln mag, ob dieses Konzept auch auf Langlebigkeit getrimmt ist, dann kann man das getrost annehmen. Denn der von der OMNIBUSREVUE gefahrene Bus hatte bereits mehr als 1 ½ Jahre harten Linienalltag hinter sich. Da war noch alles an seinem Platz und bei der Fahrt über Stock und Stein klapperte lediglich der Münzhalter der Zahlkasse.
© Foto: OMNIBUSREVUE

Der LE

Ganz anders wirkt der Crossway LE, den wir in der Ausführung der Regionalbus Augsburg GmbH gefahren haben. Erstens ist es ein Niederflurbus im Bereich bis hinter die Mitteltür, zweitens fehlen die Gepäckablagen, stattdessen dominieren zahlreiche geschwungene Haltestangen das Bild. Sehr ungewöhnlich für einen Low Entry Bus sind die zahlreichen Sitze im Vorderteil. Lediglich ein Bereich rechts vor der Mitteltür ist für Rollstühle oder Kinderwagen reserviert. Zudem sind die Sitze auf Podesten angebracht. Was auf den ersten Blick vielleicht irritiert, ergibt auf den zweiten einen Sinn. Denn das Aufstehen fällt leichter und die Fahrgäste haben einen besseren Ausblick durch die Seitenscheiben. Die Sitze in beiden Fahrzeugen stammen aus tschechischer Produktion und machen einen äußerst robusten, aber stabilen Eindruck. Überhaupt geht es im Crossway nicht auf ganzer Linie übertrieben elegant zu. Die Form folgt der Funktion, lautet die Devise. So manche Abdeckung zeigt selbstbewusst ihre Befestigungen und die Türführungen im LE kommen gleich ganz ohne Verkleidung daher. Nicht sehr hübsch sind auch die Anzeigen für den Haltewunsch, die Uhrzeit oder den Innenspiegel. Natürlich funktioniert alles, doch spätestens bei solchen Details wird klar, wo Entwicklungs- und damit auch Fahrzeugkosten eingespart wurden. Interessanterweise aber dominieren die innovativen Designelemente, so dass solche Bemerkungen hauptsächlich einem Bustester auffallen. Obwohl der LE insgesamt einige Zentimeter niedriger als der Hochbodenbus ist, kann man auch im hinteren, erhöhten Bereich bei einer Körperhöhe von 1,88 m noch aufrecht stehen. Das ist Spitze. Obgleich der Bus keinen Anti-Vandalismus-Bereich aufweist, müssen Beschädigungen der Sitze dennoch kaum befürchtet werden, die Rückseite der Sitze besteht aus dunklem Kunststoff. Der Fahrerarbeitsplatz präsentiert sich sehr kompakt. Auf Anhieb spürt man hier den heißen Atem der Jugend, keine veralteten Armaturen, keine angestaubten, seit Jahrzehnten verbauten Schalter und Knöpfe. Die Anzeigen teilen sich Zeigerinstrumente und ein digitales Display in der Mitte. Per Lenkradbedienung lassen sich hier die verschiedensten Betriebsanzeigen einblenden. Die Schalter und Bedienelemente sind ergonomisch um den Fahrer herum angeordnet, nach einer kurzen Eingewöhnungszeit kommt man auch mit den Irisbus-typischen Besonderheiten gut zurecht. Wie auf den Fotos zu erkennen ist, hat Irisbus beim Crossway auch ausreichend Platz für Kassensysteme gelassen. In der Praxis hat sich das bei den Fahrern bewährt. Ablagen für den Fahrer gibt es im Hochbodenbus an den beiden vorderen Enden der oberen Gepäckablagen. Diese sind zwar nur gegen Aufpreis erhältlich, dafür lassen sie sich abschließen. Sonst befinden sich einige Ablagemöglichkeiten links neben dem Sitz. Lediglich ein Dokumentenfach in Sitzreichweite wäre noch wünschenswert. Gepäckfächer fehlen aufgrund der nicht vorhandenen Gepäckablagen im LE. Doch hier hat Irisbus in Absprache mit der RBA eine sinnvolle Türkonstruktion entwickelt, in der nicht nur Trinkflasche und Dokumente, sondern auch der obligatorische Bus-Pilotenkoffer einen Platz gefunden hat. Das Lenkrad lässt sich per Fußknopf einfach nach oben/unten/vorn/hinten verstellen, die Spiegel können optional elektrisch verstellt werden.
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Auf der Strecke

Fahren lässt sich der Crossway sehr unkompliziert. Bei der manuellen Schaltung fiel allerdings auf, dass man beim Anfahren und Bremsen sehr viel Gefühl mitbringen sollte. Die Anordnung des Kupplungspedals ist etwas gewöhnungsbedürftig, hier fühlt man sich in anderen Bussen zum Teil schneller wie zu Hause. Die Telma (elektromagnetische) Wirbelstrombremse verzögert den Bus beim Ziehen des Telma-Hebels ordentlich, wenn sie auf die Fußbremse vorgeschaltet ist, was ja der Fall sein sollte, dann kommt man auch schon mal auf den letzten Metern sehr zackig zum Stehen. Völlig unkompliziert lässt sich der LE mit Voith Diwa-Automatik-Getriebe fahren. Einsteigen, losfahren, wohlfühlen lautet hier die kurze, knappe, zutreffende Bemerkung. Das Fahrwerk bietet bei beiden Bussen Grund zur Begeisterung. Man hat sowohl im Überlandbus als auch im Niederflur-LE den Eindruck, im Reisebus zu sitzen. Kein Wunder, in beiden Bussen wurde eine Einzelradaufhängung verbaut. Die Fahrzeuge liegen in Kurven sicher in der Spur, das Lenkrad hat einen angenehmen Kontakt zur Fahrbahn, es muss nur wenig korrigiert werden. Auch die Seitenneigung kann als angenehm straff bezeichnet werden. Insgesamt weisen beide Busse einen gelungenen Kompromiss von straffer Federung und angenehmem Fahrkomfort auf. Leider bietet der Crossway nur standardmäßige Sicherheit beim Thema Bremsen. Natürlich hat der Bus Scheibenbremsen, ABS und ASR. Das war’s aber auch schon. Das elektronische Bremssystem EBS und ESP sind Fehlanzeige. Wer das möchte, muss zum größeren Bruder Arway greifen, hier sind die Systeme optional erhältlich. Allerdings muss gesagt werden, dass ESP im Linien- und Überlandlinienbusbereich auch heute noch eher die Ausnahme sind. Insgesamt bestätigt sich der überaus positive Gesamteindruck, den beide Busse hinterlassen haben. War es bisher häufig eine fehlende Förderung, die einen Einstieg von Irisbus bei deutschen Unternehmen ermöglichte, würde es schwer überraschen, wenn sich das bereits in naher Zukunft nicht ändern sollte. Denn Kunden, bei denen der Crossway läuft, äußern sich durchweg positiv über die Ausfallsicherheit, die gute Verarbeitungsqualität und ein extrem gutes wirtschaftliches Gesamtpaket von Anschaffungs- und Servicekosten. Es sollte nicht ver­wundern, wenn sich der bayerische Linien-Riese RBA auch in Zukunft vom Charme eines Crossway verführen lässt.
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