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Können trifft Leidenschaft

19.06.2015 10:47 Uhr
© Foto: Andreas Heise

Der Doppeldecker Astromega zählt zu den ganz Großen seiner Klasse. Kein Wunder, was Van Hool anpackt, kann sich weltweit sehen lassen.

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Nun ist Scania auf die Qualitätsmeister aufmerksam geworden und hat mit eigener Antriebs- und Fahrwerkstechnik dem Bus frisches Leben eingehaucht.

Als vor einigen Jahren die ersten Scania/Van Hool-Reisebusse auftauchten, war die Verwunderung groß, aber auch das Interesse an dieser Kombination. Van Hool war und ist schließlich bekannt dafür, einen sehr bewährten Kurs zu verfolgen. Die Gründe für diese neue Allianz dürften auf beiderseitigem Interesse beruhen. So war Scania bisher in Skandinavien, Spanien und Großbritannien stark, tat sich aber besonders im deutsch­sprachigen Raum etwas schwer. Nach der Beendigung der Irizar-Kooperation fand Scania in Van Hool einen neuen Partner, der hierzulande längst einen hervorragenden Ruf hatte. Zudem hatte Scania keinen Reisedoppeldecker im Programm, wollte aber dieses wichtige Segment – vor allem auch im skandinavischen Raum – nicht kampflos der Konkurrenz überlassen. Zwar hat man in der großen VW-Familie mit dem Skyliner eigentlich ein spannendes Fahrzeug im Programm, doch vor zwei Jahren war die Neoplan-Doppelstockproduktion noch nicht in Sack und Tüten (das ist heute zum Glück anders) und was die strategische Busausrichtung des deutsch-schwedischen Konzerns angeht, nun, da läuft derzeit wohl noch ein Findungsprozess.

Auf der anderen Seite konnte auch Van Hool nichts Besseres passieren, denn wenn es den belgischen Busexperten besonders im deutschsprachigen Raum an etwas mangelte, dann beim Thema Vertrieb und Service. Durch die Scania-Kooperation kann dieses Dilemma zumindest teilweise gelöst werden. Und was den Doppeldecker betrifft: Die Kombiantion Van Hool/Scania ist ein wirklich großer Wurf. Äußerlich ist so ziemlich alles beim Alten ­geblieben, wobei – alt wirkt der Astromega jedoch mitnichten. Er ist genauso kantig, markant und männlich, wie man es von diesem Bus erwartet. Zugleich aber passt er hervor­ragend in die Zeit. Wer sich ein bewegtes Bild machen will, kann mit seinem Smartphone den nebenstehenden QR-Code scannen.

Natürlich wäre es spannend, die cw-Werte des Astromega zu wissen, hier dürfte ein Neoplan Skyliner gnadenlos vorbeiziehen, was nicht uninteressant vor dem Hintergrund ist, das ein Doppeldecker in der Regel mit Tempo 100 auf der Autobahn unterwegs ist. Verbräuche konnte die OMNIBUSREVUE leider nicht ermitteln, da der Astromega lediglich im Rahmen eines zirka 160 Kilometer kurzen Fahrberichtes getestet wurde, Gewichte und Verbrauchsmessgerät waren nicht an Bord. Angetrieben wird der Bus von einem 490 PS starken Scania DC 13, der es auf beachtliche 2.550 Nm bringt. Die spürt man deutlich. In Verbindung mit dem Zwölfgang-Opticruise entfaltet der Bus eine Leichtigkeit, die man einem Doppeldecker kaum zutrauen würde. Anders als bei der reinen Van Hool-Version sind nun Scania-eigene Achsen verbaut. Vorn verrichtet die AMI 700 mit Einzelradaufhängung souverän ihren Dienst und die ADA-Antriebsachse, eine starre Hypoid­achse, ist ein laufruhiger Geselle. Anders als das Van Hool-Pendant, das sich doch recht lautstark im Fahrgastraum zu Gehör meldete.


Scania Astromega

Scania Astromega Bildergalerie

© Foto: Sascha Böhnke

Stabiles Fahrverhalten, jedoch hohes Leergewicht

Typisch Doppeldecker ist dessen sehr niedrig aufgehängter Aufbau. Gut, dass es an allen vier Ecken Anfahrkufen gibt. Denn auf jeden Fall sollte man die sehr geringe Bodenfreiheit an den Überhängen im Kopf haben. Insgesamt jedenfalls wirkt das Fahrverhalten sehr stabil, sehr ruhig, gemeine Schlaglöcher, kurze Schläge und lange Bodenwellen werden souverän überfahren. Der Astromega war schon immer eine sehr stabile Angelegenheit, daran hat sich auch mit den Scania-Zutaten nichts geändert. Allerdings erscheint der Bus mit ­einem angegebenen Leergewicht (vollgetankt, Ersatzrad, Fahrer) von 19.820 ­Kilogramm doch sehr schwer. Ist der Bus voll besetzt, dann funktioniert das nur, wenn man alle Fahrgäste inklusive Gepäck mit nur jeweils 75 Kilogramm ver­anschlagt. Die Fahrgäste sitzen übrigens auf Van Hool-Bestuhlung. Die „Grande Luxe TX“ gehen in Ordnung, auch wenn sie in Sachen Ergonomie und Sitzkomfort noch einen Tick zulegen könnten. Im Unterdeck ist der Platz doppeldeckertypisch knapp bemessen, eng wird es auch, wenn man ständig an der Küche am Werkeln ist, doch die beiden Treppen fordern nun einmal konzeptbedingt ihren Tribut. Gegen Aufpreis lässt sich der Bus auch mit ­einem Glasdach versehen. Dann steht dem ­absolut himmlischen Sehvergnügen nichts mehr im Weg. Das gilt auch für die Innen­beleuchtung, denn die LED-Lichtbänder lassen sich in der Farbe fast beliebig verstellen. Der Fahrer kann sich freuen. Sein Arbeitsplatz entspricht sehr modernen Kriterien. Das Scania-­Cockpit ist durchdacht, sieht zudem auch noch richtig schick aus, was ebenfalls für das Zentraldisplay gilt und wurde von Van Hool gekonnt in ein sehr sauber verarbeitetes ­Gesamtkonzept verpackt. Von Van Hool selbst kommt der runde Multifunktionsknopf auf der linken Fensterbrüstung. Über ihn lassen sich beispielsweise die Spiegel, die Klimaanlage und die Beleuchtung steuern. Dafür ist ein ­extra Display notwendig. Das ist schade, denn der Minimonitor wirkt nicht so hochwertig wie der Rest. Auch erfordert das Verstellen der einzelnen Parameter zwingend eine gründliche Einweisung, sofern man nicht in einer ­konkreten Situation, womöglich noch unter Zeitdruck, verzweifeln will. Die Sicht nach außen und hinten geht für einen Doppeldecker in Ordnung. Ungewöhnlich sind die vier Spiegel, jeweils zwei oben und zwei unten. Wer einen solchen Bus nicht täglich fährt, wird eine Weile brauchen, sich damit anzufreunden, prinzipiell aber gibt es dadurch so gut wie keine nicht einsehbaren Bereiche mehr. Am Heck sorgen seitlich und hinten ­zudem drei Kameras für ein sicheres Gefühl beim Abbiegen – das ist top! Überhaupt ist Sicherheit ein großes Thema beim Astromega. ESP ist natürlich vorhanden, ein Spurverlassenswarner ist auch an Bord (allerdings waren die Vibrationen beim Testbus kaum zu spüren) und recht neu ist der ­Abstandsregeltempomat inklusive Notbrems­assistent. Die Regelungen des Tempomaten erfolgten recht feinfühlig. Und dann gibt es noch „Scania Active Prediction“, einen GPS-basierten Tempomaten. Wie schon bei Daimler und nun auch bei MAN sind hier topografische Daten hinterlegt, sodass die automatisierte Schaltung genau weiß, wann sie auskuppeln, wann ­herunter- oder wann rechtzeitig raufschalten muss. Das funktioniert im Scania Astromega ausgezeichnet. Sehr unschön war aber die ­damit verbundene maximale Höchstgeschwindigkeit von 95 km/h. In der Praxis wird damit wohl kein Fahrer dieses so wichtige Feature nutzen, zumal dieser Wert laut Scania auch nur in der Werkstatt verändert werden kann. Das können die anderen bisher getesteten ­Systeme deutlich praxisnäher und sind vor ­allem auch einfach selbst verstellbar. Insgesamt jedoch stimmt das Gesamtpaket. Das Getriebe, die Schaltung, die Achsen und der Motor passen einfach gut zu diesem Bus, dazu kommt Busmanufaktur vom Feinsten. Nichts klappert oder ächzt auf schlechten Straßen, man kann noch so kritisch in die Ecken schauen – die Liebe zum Detail ist Van Hool-sprichwörtlich. Der Astromega ist ein klassischer Doppelstockbus, angekommen im Euro 6-Zeitalter. (sab)
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