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S 416 GT-HD: Heck-Türer mit Pfiff

24.11.2011 14:52 Uhr
© Foto: Sascha Böhnke

Noch gar nicht so lange hat Setra diesen Bus im Programm: Der S 416 GT-HD in der zweiachsigen Variante ist ein Bus für Sparfüchse.

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Dazu liefert das Fahrzeug alle Zutaten, die der Unternehmer sowohl für ein Fünf-Sterne-Menü als auch einen deftigen Eintopf benötigt. Er ist ein echter Alleskönner. Dazu überraschte beim Test der Verbrauch. Normalerweise bewegen sich die Verbräuche unserer Kandidaten auf der Superteststrecke der OMNIBUS­REVUE bei durchschnittlich 28 bis 31 Litern auf 100 Kilometer. Das ist, zugegeben, recht viel, die Route hat es aber auch in sich. So durchfahren wir einen 140 Kilometer langen Abschnitt im Bereich der sächsischen Schweiz, der es mit den Alpen locker aufnehmen könnte. Durchschnittsverbräuche um die 45 Liter sind hier die Regel. Anfang November jedoch trat mit dem Setra S 416 GT-HD/2 ein Fahrzeug an, das den bisher besten Wert noch einmal um zwei Liter nach unten toppen konnte. Kaum zu glauben, aber die Resultate waren eindeutig. 26,4 Liter/100 Kilometer sind nicht wegzudiskutieren. Dabei handelte es sich beim Motor nicht etwa um ein kleines Neun-Liter-Aggregat, sondern um den bekannten OM 457 LA, der in EEV-Version und 428 PS verbaut war. Gut, die Klimaanlage musste nur leicht arbeiten, es herrschte kaum Wind und auch Regen vermieste nicht den Test. Doch unter solchen Bedingungen testeten wir auch schon andere Busse. Was hier stimmte, war das Gesamtpaket: der mittlere Motor in Verbindung mit dem ausgezeichneten Getriebe GO 240-8 PowerShift und einer Achsübersetzung von i=3,909. Das ist nicht zu kurz und nicht zu lang. So hat eine noch längere Achse zwar den Vorteil, auf der Autobahn die Drehzahl etwas reduzieren zu können, in den Bergen oder der Stadt hat man als Fahrer allerdings das Gefühl von Kaugummi unter den Rädern. Im aktuellen Fahrzeug davon keine Spur, auch wenn es beim Anfahren an der Ampel etwas zäh wirkte. Die gemessenen ­Beschleunigungswerte jedoch sprechen eine andere Sprache, hier entpuppt sich der Bus als sehr anzugsfreudig.

Setra S 416 GT-HD

Setra S 416 GT-HD Bildergalerie

© Foto: Daimler

Der S 416 GT-HD/2 durchläuft einen fortwährenden Erneuerungsprozess

Damit ist Setra also noch einmal eine echte Überraschung gelungen und das kurz vor Schluss, denn die Tage der Baureihe 400 der ComfortClass sind gezählt. Die „Final Edition“, die auf der Busworld in Kortrijk gerade vorgestellt wurde, bedarf kaum einer Erläuterung. Und dennoch wäre es grundlegend falsch, den S 416 GT-HD/2 zum Alteisen zu zählen. Denn der Bus hat es in sich. So findet bekanntlich bei Evobus ein fortwährender Erneuerungsprozess statt, der den Bus höchs­tens optisch altern läßt, was aber im Falle eines Setra eh kaum gilt. Schon vor Jahren spendierte man dem Fahrzeug eine Vorbauverlängerung, davon profitieren Fahrer, Beifahrer und auch eventuelle Unfallgegner, denn im Vorbau wurde der Front Collision Guard (FCG) verbaut. Natürlich besitzt der Bus auch Daimlers ­neueste Sicherheitstechnik ABA, den Active Brake Assist. Solche Features muss man bei anderen Herstellern mit der Lupe suchen – mit einer sehr starken. Der Testbus besaß allerdings darüber hinaus noch weitere Besonderheiten. So war der 13,02 Meter lange Zweiachser mit einem Heckeinstieg hinter der zweiten Achse ausgerüstet, wodurch sich der Kofferraum – stets ein sensibles Thema – auf ordentliche 11,3 Kubik­meter erhöht. Durch diese Türanordnung ergibt sich zwangsläufig die Möglichkeit, eine Hecktoilette und eine Heck-Stehküche zu verbauen. Dadurch schlägt der Unternehmer gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Er besitzt einen wirtschaftlich attraktiven Bus, der sich aber völlig problem- und kompromisslos auch auf sehr hochwertigen Fernreisen einsetzen lässt. Gut, der Preis von 315.000 Euro für den Testbus mag auf den ersten Blick abschrecken, doch zwei Argumente lassen sich dagegen aufführen. Zum einen die Ausstattung: Luxus-Küche, Einzelbestuhlung Voyage Plus, Leichtmetallräder, Litronic-Scheinwerfer, ABA, Spurassistent, Videoüberwachung, Panoramakamera, Navigations­system, Metallic-Lackierung und ein spezieller Bodenbelag in blauer Grasoptik. Zum anderen erzielt ein Setra erfahrungsgemäß einen sehr hohen Wiederverkaufswert. Das gefahrene Fahrzeug war mit nur 42 Fahrgastsitzen bestuhlt. Für einen Unternehmer, der Wert auf höchsten Fahrgastkomfort legt, ist das eine perfekte Größenordnung. Schließlich ist nichts unerträglicher, als seinem Nachbarn zu dicht auf der Pelle hocken zu müssen. Glücklicherweise wenden sich immer mehr Busunternehmer von solchen Massentransportern ab. Doch wenn der Bus mit seinen maximal 55 möglichen Sitzplätzen ausgestattet wird, dann dürfte sich ein Gewichtsproblem eröffnen. Denn bei einem Leergewicht von knapp über 13,5 Tonnen ist es eine leichte mathematische Aufgabe herauszufinden, dass der Bus schnell überladen wird, erst recht wenn mit Gepäck gereist wird. Dies gilt zumindest in Deutschland, wo ein zulässiges Gesamtgewicht von 18 Tonnen gilt. In Frankreich darf es ja eine Tonne mehr sein – und dann passt es wieder. Doch die ComfortClass lebt ja bekanntlich von ihrer Variantenvielfalt. Insgesamt sieben Versionen können geordert werden. Und wenn es mit dem Gewicht nicht stimmt, darf es auch ein Dreiachser sein.
© Foto: Sascha Böhnke

Ausgezeichnet ge­fallen hat die Kraftstrang-Kombination

Auf dem Testparcours des ADAC Fahrsicherheitszentrums Berlin-Brandenburg ­leistete sich der Bus keine Schwäche. Natürlich merkte man deutlich den recht großen Radstand von knapp sieben Metern. So hat ESP deutlich mehr auf der glatten Kreisbahn zu ackern, wenn der Bus willentlich verrissen wird. Und auch die Pylonengasse will mit ­Finger- beziehungsweise Fußspitzengefühl bewältigt werden. Dafür sitzt der Bus auf der Straße wie hingegossen. Ausgezeichnet ge­fallen hat uns die Kraftstrang-Kombination. Und wir können auch in diesem Bericht nicht anders, als das Getriebe Powershift zu loben. Die Schaltvorgänge fanden butterweich statt, Pendelschaltungen sind Fehlanzeige und auch bei atypischen Fahrzuständen bewies das GO 240-8, dass es sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Allerdings macht es Rangierfahrten unter Last nicht beliebig lange mit. Recht frühzeitig erscheint eine gelbe Warnanzeige, die den Fahrer zur Mäßigung mahnt. Zweimal im Test verlor der Bus an einer Straßenkreuzung seinen eingelegten Gang, dieses Problem konnten wir willentlich aber nicht mehr erneut provozieren. Auf unserer Bergetappe mussten wir nur unter wirklich schwierigen Bedingungen die Automatik deaktivieren, um ein selbstständiges Hochschalten vor einer Steilkurve zu verhindern. Wer mit dem Bus und seinem Joystick-Konzept vertraut ist, für den geht das intuitiv, alle anderen, die einen Setra oder einen Mercedes-Benz nur gelegentlich steuern, müssen sich eindenken. Wer aber nun, so wie wir, bereits einen Blick auf das neue automatisierte Schaltkonzept der künftigen Generationen geworfen hat, weiß, hier wird sich eine Menge verändern – Stichwort Lenkstockhebel-Bedienung. Reichen 428 PS bei 18 Tonnen? Sie reichen. Dass wir auch mit dieser Leistung zügig unterwegs sein konnten, beweist unser Messprotokoll, welches gefahrene Durchschnittsgeschwin­digkeiten ergab, die wir auch bei anderen Tests erzielten. Und um es an dieser Stelle noch einmal hervorzuheben: Den sensationell geringen Verbrauch erzielten wir konsequent in allen Teil-Etappen. Egal, ob Stadt oder ­Autobahn.
© Foto: Sascha Böhnke

Heck-Küche und blauer Kunstrasen

Noch einige Zeilen zur Innenausstattung: Einen blau gefärbten Kunstrasen vermutet man möglicherweise überall, nur nicht in einem Setra. Wer aber diese Kombination einmal erlebt hat, spürt sofort, das kann funktionieren. Ob so ein Belag auch reinigungsfreundlich ist, steht auf einem anderen Blatt. Sehr gut hat uns die Heck-Küche gefallen. Hier lässt es sich vernünftig arbeiten, natürlich zu Lasten von Sitzplätzen. Einiges verändert wurde auch bei der Beleuchtung. Die Service-Sets und die Nachtbeleuchtung werden mit LEDs realisiert. Das sieht nicht nur gut aus, sondern spart auch Energie und Wartungskosten. Ein Tagfahrlicht sucht man vergeblich, was auch für die LED-Rücklichter gilt. Dafür glänzt der Bus mit Kurvenlicht und die Litronic-Scheinwerfer sorgen für eine optimale Ausleuchtung der Fahrbahn. Gesessen wird auf den hauseigenen neuen Voyage-Plus-Sitzen, die natürlich wie der gesamte Bus in Blau-Türkis gehalten sind. Die Sitze bieten einen guten Seitenhalt und eignen sich gleichermaßen für Kurz- und Langstrecken. Das ist ja das Gute an diesem Bus: Er taugt als vollwertiger VIP-Reisebus genauso wie für den kleinen Ausflugsverkehr. Insgesamt konnte der S 416 GT-HD/2 überzeugen. Der Bus befindet sich auf einem extrem hohen technologischen Niveau. Wenn wir hier von „ausgereift“ schreiben, dann ist das auch so gemeint. Ob man sich den Bus nun in der zwei- oder der dreiachsigen Version anschafft, hängt sicherlich vom Einsatzzweck ab. Was für den Zweiachser spricht, ist ohne Frage seine sehr hohe wirtschaftliche Komponente. Durch die Verlängerung auf 13 Meter sind dem Unternehmer mehr Verwendungsmöglichkeiten entstanden, mit denen er natürlich verantwortungsvoll umgehen sollte. Knapp zehn Jahre hat die ComfortClass nun schon auf ihrem nicht vorhandenen Buckel. Die sieht man ihr nicht an. Möglich, dass sich das mit dem Erscheinen ihres Nachfolgers ­ändert, wir aber glauben es eher nicht. (sab)
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