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Scania i4 – der Schöne

25.11.2008 12:59 Uhr

Als der Scania Irizar i4 vor kurzem durch Berlins Naherholungsgarten Märkische Schweiz rollte, war ihm eines sicher: Ungeteilte Aufmerksamkeit von Touristen und Einheimischen. Kein Wunder, schließlich ist es nicht irgendein Überlandbus, der mit seinem frischem Auftreten neue Kunden gewinnen will.

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Mit dem Scania i4 ist seit kurzem ein äußerst interessanter Überlandbus auch auf deutschen Straßen unterwegs. Sein auffälligstes Merkmal ist das Design, das eindeutig die Irizar-Handschrift erkennen lässt und schon dem Scania PB ein unverwechselbares Gesicht gegeben hat. Damit wurde dem i4 eine ganz wesentliche Eigenschaft mit auf seinen Linienweg gegeben, nämlich die Möglichkeit, auch auf touristischen Pfaden wandeln zu können. Eine Eigenschaft, die ganz dem Trend entspricht, dem immer mehr Busunternehmer folgen. Denn Doppel- oder Mehrfachverdiener sind nicht nur praktisch, sie sind auch in Sachen Wirtschaftlichkeit unschlagbar. Mehr Gründe als genug also für Scania, diesem wichtigen Markt etwas mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken. Seit einem Jahr ist der Bus, hauptsächlich auf skandinavischen Straßen, unterwegs, nun soll das Fahrzeug auch hierzulande Käufer begeistern. Die OMNIBUSREVUE hatte die Möglichkeit, direkt nach der IAA Nutzfahrzeuge den dort ausgestellten i4 einem Supertest zu unterziehen. Von der Messe auf die Teststrecke, nach diesem Motto muss der Schönling beweisen, dass er hält, was er so vollmundig verspricht. Denn eines muss man den spanischen Aufbauern lassen: Was Formen angeht, verstehen sie es wie kaum ein anderer, feurige Leidenschaft und zeitloses Design zu verbinden. Allerdings neigen die temperamentvollen Südländer auch gerne zu ein wenig Nachlässigkeit in Sachen Verarbeitungsqualität. Das findet sich dann in Form des einen oder anderen recht großen oder unregelmäßigen Spaltmaßes oder unsauber aneinandergefügter Elemente auch beim Scania Irizar i4 wieder. Nichts Schlimmes, aber etwas ärgerlich dennoch. Zwar liegt der Bus mit einem Preis von 249.000 Euro in der getesteten Version nicht in den absoluten Top-Regionen, jedoch wie heißt es – hier etwas abgewandelt – die Qualität ist nicht genug!


Scania Irizar i4

Scania Irizar i4 Bildergalerie

Viel Mühe steckt im Innenraum

Hat man sich nun von den runden Formen genug inspirieren lassen, die übrigens nicht nur mit dem hohen PB sondern eben auch auf einem eher flachen i4 funktionieren, kann man endlich dem Fahrer entgegentreten. Natürlich mit einem Lächeln, denn auch das hat man sozusagen von außen, der Front, mit nach innen genommen. Damit dieses nun nicht gleich verfliegt, haben sich die Entwickler bei der Konzipierung des Innenraumes auch viel Mühe gegeben. Herausgekommen ist ein durchaus funk­tioneller, aber auch ansprechender Fahrgastraum. Durch den Mittelgang kommt man nicht nur recht einfach in beziehungsweise aus den Sitzen, zugleich sieht man auch mehr beim Blick nach außen als bei ähnlichen Konzepten, wenn man steht. Die Sitze wirken einfach, lässt man sich jedoch nieder, merkt man schnell, es lässt sich auch längere Zeit recht bequem aushalten, zumal die Rückenlehnen verstellbar sind. Kleine Gepäckstücke können in stabil wirkenden Ablagen, die auch Schlechtwegstrecken weitgehend klapperfrei wegstecken, untergebracht werden. Für größere Utensilien ist der Kofferraum mit seinen 3,5 Kubikmetern Fassungsvermögen gedacht. Der Testbus verfügte über verstellbare Luftdüsen für jeden Fahrgastsitz, auf Leseleuchten wurde verzichtet, die sind aber, wie auch eine Servicetaste, gegen Aufpreis erhältlich.

Detail-Highlight Fahrerarbeitsplatz

Den Fahrer erwartet ein neuer Arbeitsplatz mit alten Bekannten. Da wäre zum einen das neue Armaturenbrett mit einem äußerst schicken Kombi-Instrument. Es zählte bereits auf der IAA zu den Detail-Highlights bei Scania. Doch erst im Fahrbetrieb merkt man, dass hier ein wahrhaft praktisches Element den Weg in die Cockpits gefunden hat. In der Normalanzeige leuchtet in sattem Blau und kräftigem Rot der Scania-Greif in die Runde. Ansonsten verraten zahlreiche Statusanzeigen, wie es um Druck, Füllstände, Verbräuche und sonstige Ereignisse steht. Die Menus lassen sich einfach über Taster am Lenkrad aufrufen. Um das gelungene Zentraldisplay wurden einige Zeigerinstrumente platziert, die durch Anordnung und Auswahl den Fahrer nicht über- oder unterfordern. Die Anzeigen lassen sich sowohl bei hellem Sonnenschein als auch in dunkler Nacht gut ablesen. Für die dunklen Zeiten kann das Display stufenlos auf augenfreundliche Helligkeit gedimmt werden. Schade nur, dass dann um so deutlicher die rechte Gangbeleuchtung auffällt, die sich unangenehm genau auf Augenhöhe in der Frontscheibe spiegelt. Besonders auf dunklen Landstraßenetappen fällt das negativ auf. Dafür spiegelt sich der Rest des Innenraums nicht, was ja auch von Vorteil ist. Auch der Scania Irizar i4 hat die typische Schalterklaviatur auf der linken Seite verpasst bekommen. Die liegt zwar griffgünstig in Fahrernähe, ist aber durch die dichte Anordnung von gleichen Schaltern sehr un­übersichtlich und zudem noch mit teilweise widersprüchlichen Symbolen belegt. Wenigstens den im Linienbus häufig zu betätigenden Türschaltern hätte man einen separaten Platz spendieren können. Gut gefallen hat dann wiederum die Spiegelsicht. Sie sind nicht riesig, decken aber so gut wie jeden Bereich ab. Nur in Linkskurven kann es zum Verdecken des Gegenverkehrs kommen. Ablagen und Fächer für den Fahrer sind vorhanden, allerdings hätten es ruhig ein paar mehr sein können. Gut gefallen hat übrigens auch der gesamte Frontbereich. Das Design passt zum Bus und die Verarbeitung erstaunte.

280 PS - sie reichen

Der Testbus war mit einem Neun-Liter-stehenden-Scania-Motor ausgestattet, der gerade mal 280 PS und 1.400 Nm auf die Achse bringt. Reicht das? Erstaunlicherweise schon. Sicherlich gewinnt man damit keine Rennen, doch für ein flüssiges Mitschwimmen im Stadt- und Überlandverkehr reicht das allemal. Leider aber nicht für die Beschleunigungsmessfahrt auf der Teststrecke. Hier erreichten wir nur Tempo 70, dann war die Bahn zu Ende. Etwas irritierte dann aber doch der Bremsweg von etwa 37 Metern, ein Wert, den andere Busse normalerweise aus Tempo 80 noch unterbieten können. Aber es war etwas morgenfeucht, so dass dieser Wert noch einmal nachgeprüft werden sollte. Was aber während der Fahrt gar nicht gefiel, war die viel zu geringe Bremsleistung des Retarders. Aus schneller Fahrt bedient, musste stets unterstützend die Fußbremse miteingesetzt werden. Aber das fiel uns schon häufiger auf, wenn wie hier ein ZF Vollautomatikgetriebe verbaut war. Fahren lässt es sich mit solch einer Getriebe­variante natürlich problemlos. Zwar hatte man häufiger das Gefühl – allein durch die Wandlergeräusche – in einem BVG-Doppeldecker zu sitzen, doch die Schaltvorgänge geschahen stets sauber, ruckfrei und auch in bergigen Abschnitten ohne zu murren. Der Gesamtdurchschnittsverbrauch lag bei 31,49 Litern. Das ist für diese Strecke ein durchschnittlicher Wert, der natürlich immer auch von der Fahrweise des Fahrers beeinflusst wird. Und die ist während einer Testfahrt natürlich immer etwas schärfer als im Normalbetrieb. Als Getriebealternativen bietet Scania neben dem ZF 6HP604C NBS das Scania Opti­cruise Getriebe, welches bekanntlich ein automatisiertes Schaltgetriebe darstellt oder aber ein mechanisches Siebengang-Getriebe Scania GR 875 R mit pneumatischer Schalthilfe. Letzteres ist zwar für unsere Verhältnisse ein wenig ungewohnt, funktioniert aber dennoch prächtig.

Der i4 bremst sanft aber wirkungsvoll

Bewegen lässt sich der Scania Irizar i4 sehr problemlos. Auch schnelle Kurven nimmt der schwedisch-spanische Experte gelassen und bremst allzu forsche Fahrer dank optionalem ESP sanft aber wirkungsvoll ein. Im Gegensatz zu manchen Mitbewerbern wird hier nicht mit der Brechstange, sondern eher mit einer Art weichem Lasso eingefangen, was einem fahrgastorientierten Fahrkomfort natürlich entgegenkommt. Angekündigt wird der ESP-Eingriff über eine extrem gut wahrnehmbare Signalisierung im Multifunktionsdisplay. Angenehm fiel auf, dass der Aufbau stets stabil blieb. Bodenwellen, auch die unangenehmen, lang gezogenen, konnte man mit dem i4 entspannt nehmen, ein Aufschaukeln, Nicken oder Seitenwanken war nicht zu beobachten. Dafür sorgt mit Sicherheit das Fahrgestell, das zwar straff, aber dennoch komfortabel eingestellt ist. Etwas Übung erfordert beim Rangieren höchstens der recht lange Radstand und der lange Überhang vorn. Der Wendekreis liegt im oberen Bereich, hier sind Dreiachser dann schon im Vorteil. Ausgestattet war der Testbus mit einer einflügeligen pneumatisch betätigten Außenschwenktür vorn und einer zweiflügeligen Außenschwenktür hinten. Nun erreichen solche Türsteuerungen in punkto Öffnungs- und Schließzeit keine Werte, mit der beispielsweise eine schnelle Außenschwenkschiebetür angeben kann, doch überland geht sowieso alles gemächlicher zu, so dass diese Zeiten billigend in Kauf genommen werden können. Nicht so schön ist der etwas enge Bereich im vorderen Einstieg. Der sollte dann lieber nur im Einbahnstraßenprinzip betreten werden. Dafür gefällt der Bereich am Mitteleinstieg. Beim Testbus war in der Treppe mit den relativ niedrigen Trittstufen ein Rollstuhllift verbaut, der sich komplett in die Treppe einfahren lässt. Dafür muss allerdings auf der linken Fahrzeugseite etwas Kofferraum­platz geopfert werden. Insgesamt aber gefällt dieses Liftkonzept, denn es kann unsichtbar in das bestehende Fahrzeug integriert werden. Der Platz im Inneren reicht dann aber gerade so für zwei Rollstühle oder zwei Kinderwagen. Wer mehr will, muss dann auf Sitzplätze verzichten. Beleuchtet wird der Scania Irizar i4 übrigens mit normalen H4-Scheinwerfern. Hier dürfte es ruhig etwas mehr, also Xenon sein, schließlich hat man dem Bus am Heck auch eine komplette Partie LED-Leuchten spendiert. Der Leuchtmittelwechsel hinten sollte in der Werkstatt erfolgen, da man ohne Werkzeug nicht weit kommt, vorn dagegen muss nur eine Flügelmutter gelöst werden, dann lässt sich der Lampenträger einfach ausklappen und gibt sein Innerstes frei. Der Preis des schönen Überlandspezialisten beginnt bereits bei etwa 200.000 Euro. Das ist eine deutliche Ansage. Für unseren Boliden muss man knapp 250.000 Euro hinlegen, was zwar kein Schnäppchen ist, aber immer noch eine interessante Alternative darstellt. Serienmäßig gibt es immer eine Klimaanlage und Doppelverglasung, die Gepäckablagen über den Sitzen im vorderen Bereich bis zur Mitteltür. Die Aufpreisliste lässt sich bekanntermaßen nach eigenen Vorstellungen strecken.

Fazit

Insgesamt hat es der Bus geschafft, zu überzeugen. Nicht nur in Sachen Schönheit, sondern auch aus technischer Sicht. Dazu kommt ein modulares Konzept, welches gleich sieben Längenvarianten von 10,7 Meter bis 15 Meter Länge des i4 ermög­licht, drei Bodenhöhen und drei Mittel­türvarianten. Trotz der unterschiedlichen Bodenhöhen bleiben Scheiben, Klappen, Außenhülle gleich. Gut, wenn man meh­rere Höhen im Fuhrpark hat und Ersatz benötigt. Ein wenig erinnert der Scania Irizar i4 an den MAN Lion’s Regio. Auch der weiß ja durch sanfte Formen zu gefallen. Doch unter der sprichwörtlichen Haube stecken völlig unterschiedliche Ansätze. Wenn nun noch der Service den Unternehmer überzeugen kann, dann sollte es eigentlich keinen Grund mehr geben, weshalb nicht auch ein Scania Irizar i4 das Bild auf deutschen Landstraßen bereichern kann. Das Zeug dazu hat der Bus auf jeden Fall und beweist wieder einmal eindrucksvoll: Eleganz und Wirtschaftlichkeit müssen sich nicht ausschließen.

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