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Travego Edition 1: Fährmann, da staunst Du!

25.05.2012 10:30 Uhr
Travego Edition 1: Fährmann, da staunst Du!
© Foto: Daimler

Man muss schon genau hinschauen, um den neuen Travego als solchen zu erkennen. Der tiefe Blick lohnt jedoch, denn die Neuheiten, die in diesem Bus stecken, kann man guten Gewissens als gewaltig bezeichnen. Konsequenter als je ein Mercedes-Bus zuvor verkörpert der Travego Edition 1 gelebte Busleidenschaft auf höchstem Niveau.

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Es ist Ende April: Auf dem Rhein bei Rüdesheim treffen zwei technische Schwergewichte aufeinander: Die 2008 gebaute Fähre Rheintal mit einer Leistung von vier mal 180 kW bringt es auf eine Länge von 58,40 Meter, der nagelneue Travego Edition 1 leistet immerhin 350 kW bei einer Länge von 14 Metern. Nein, wir wissen nicht, welchen Abgasstandard die vier Schiffsdiesel erreichen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber ist es nicht Euro 6. Den schafft bei diesem Duell nur der Travego. Damit ist der Bus zugleich der erste serienmäßige Reisebus überhaupt, der diese strenge, ab 2014 verpflichtend geltende Abgasnorm erreicht. Die OMNIBUSREVUE hatte jetzt Gelegenheit, den Bus bei einer ausführlichen Fahrvorstellung zu testen.

Um einen Euro-6-Travego auch als solchen zu enttarnen, empfiehlt sich eine Annäherung von hinten. Hier verraten nämlich die beiden großen Lüftungsgitter auf der Motorklappe den hohen Kühlbedarf der aktuellen Maschine. Das linke Gitter ist dabei allerdings nur Zierde, die Kühlluft holt sich der neue OM 471 hauptsächlich durch die rechten Gitter. Durch eine sogenannte Schottwand im Motorraum und eine geschickte Kühlluft-Führung im Inneren wird eine optimierte Kühlleistung erreicht, die so kräftig ist, dass die Temperaturen im Motorraum eines Euro-6-Aggregats niedriger sind als bei herkömmlichen Motoren. Insgesamt stieg die Kühlleistung um 30 Prozent. Der OM 471 ist der stärkste Motor der neuesten Generation. Im dreiachsigen Travego löst er den bisherigen V8 ab, soll aber verbrauchstechnisch betrachtet günstiger dastehen. Hinzu kommt, dass der AdBlue-Verbrauch um 40 Prozent gegenüber Euro 5 reduziert werden konnte. Auch leistungsmäßig braucht sich der OM 471 nicht zu verstecken: Das maximale Drehmoment von 2.300 Nm ist mehr als beachtlich und das Beste daran, es wird schon bei sehr niedrigen Drehzahlen erreicht. Schon bei knapp 900 U/min sind 1.000 Nm erreicht, ab 1.000 U/min liegt dann das maximale Drehmoment an. Im Rahmen eines echten Supertests, den wir mit dem Travego Edition 1 auf der anspruchsvollen OMNIBUSREVUE-Teststrecke noch durchführen werden, werden wir dann die Verbrauchsdaten auch von unabhängiger Seite ermitteln und hier mitteilen.

© Foto: Sascha Böhnke

Gewicht und Geräuschniveau konnten weiter gesenkt werden

Neu beim Dreiachser ist die Position der Tanks für Diesel und AdBlue. Diese befinden sich nun vor der Vorderachse, was im alltäglichen Fahrbetrieb eine Erleichterung darstellt, denn eine Wegeverkürzung bedeutet auch Zeit­ersparnis. Im Gegenzug wanderten die beiden Batterien nach hinten. Notwendig wurde der Platztausch durch das erhöhte Gewicht im Heck durch die neuen und zusätzlichen Euro-6-Komponenten. Insgesamt betrachtet aber wurde der Bus leichter, was unter anderem durch eine Optimierung von Klimaanlage und Seitenscheiben erreicht wurde. Während unserer ersten Fahrt im neuen Travego machte das starke Aggregat eine gute Figur. Zugegeben, der Bus war nicht beladen, doch auch so ließ sich die Kraft spüren, die im Heck schob. Dazu kommt: Subjektiv betrachtet konnte das Geräuschniveau im Fahrgastraum weiter gesenkt werden, auch hier wurde also optimiert. Und da sind wir auch schon mitten im spannenden Thema des Fahrerarbeitsplatzes. Der hat nämlich, zumindest optisch, haptisch und vom Bedienkonzept her, die größten Änderungen erfahren. Eingefleischten Travego-Fahrern wird es sofort auffallen: Da fehlt ­der Joystick-Hebel der Gangschaltung. An seiner Position befindet sich nun eine kleine Ablagemulde, der Schalthebel nennt sich jetzt Lenkstockhebel und sitzt rechts unter dem neuen Lenkrad. Um es vorwegzunehmen, das neue Cockpit stammt in wesentlichen Teilen vom neuen Actros. Doch alle Achtung: Dafür dass es sich um Brummi-Teile handelt, haben die Lkw-Kollegen einen ausgezeichneten Job gemacht. Denn insgesamt betrachtet zählt der Fahrerarbeitsplatz jetzt zu den ausgereiftesten, die wir je in einem Bus gefunden, gefahren und getestet haben. Um das Cockpit kennenzulernen, muss die Zündung eingeschaltet werden. Was früher der Zündschlüssel mit klassischem Bart war, ist heute ein elektronischer Schlüssel, bei dem der Bart ab ist. Er ist ein rechteckiger Kasten, der in einen Schlitz links an der Schalttafel gesteckt wird. Daneben dann ein großer, runder, silberner Knopf. Ein kurzer Druck – und die Zündung ist an. Zweimal kurz gedrückt – und die Zündung ist wieder aus. Funktioniert gut. Aber: Aus dem Actros wissen wir, dass es den elektronischen Zündschlüssel auch in einer Luxus-Version mit eigenem Mini-Display gibt. Damit lassen sich zahlreiche Funktionen steuern. Beim Bus suchen wir das – noch – vergeblich. Das ist sehr schade, denn nun hat man gleich zwei recht klobige Kästen am Schlüsselbund. Den neuen Zündschlüssel und die Fernbedienung für die Türen.
© Foto: Sascha Böhnke

Neuer Fahrerarbeitsplatz mit Zentraldisplay

Ist die Zündung an, erwacht das neue Anzeigeinstrument zum Leben. Was auffällt: Statt zwei gibt es nun vier Zeigerinstrumente. Die beiden großen Zeigerinstrumente informieren über Geschwindigkeit und Drehzahl, die beiden kleineren darunter über den Füllstand von Diesel und AdBlue. Eine Lösung, die uns ausgesprochen gut gefallen hat, bisher waren die Füllstände ja nur über das Zentraldisplay abzurufen. Die neue Variante sieht nicht nur schick aus, sie ist auch praktisch. Neu ist auch das Zentraldisplay. Hier dominieren die Farben schwarz, grau und blau. Die Navigation durch die einzelnen Menüs wurde noch einmal deutlich optimiert und lässt sich nach kurzer Einarbeitungszeit fast intuitiv erledigen. Geblättert wird per Schalter, die sich auf dem neuen Lenkrad befinden. Rechts sind die Bedienungen für Tempomat, Abstandsregelung und Speed-Limit, auf der linken Seite lassen sich die Anzeigen aufrufen. Die haben es übrigens in sich, es ist nämlich so manch Interessantes hinzugekommen. So lassen sich per Tastendruck die eigenen Fahrerdaten bezüglich Lenk- und Ruhezeit abrufen. Das ist eine wirklich tolle Sache, denn bisher erforderte es stets umständliches Blättern im unübersichtlichen Menü des Digitalen Tachografen, um sich diese Werte anzeigen zu lassen. Nun ist man sofort auf der informell sicheren Seite, eine wie wir finden, gelungene Zusammenarbeit von zwei digitalen Geräten. Neu ist beim Travego die serienmäßige Reifenluftdruck-Kontrolle. Auch diese Werte lassen sich übersichtlich anzeigen, zusätzlich stehen ­neben den Ist- auch noch die Soll-Werte. Natürlich wird der Fahrer bei einem Druckverlust in einem Reifen automatisch Informiert. Auch das ist alles keine Luxus-Spielerei, sondern eine konsequente Umsetzung des Mercedes-eigenen Sicherheitsanspruchs. Die nächste Neuerung befindet sich im Anzeige­menü des Abstandsregeltempomats. Wenn sich ein Fahrzeug im Radarbereich vor dem Bus befindet, wird dieses als stilisierter Lkw angezeigt. Außerdem sieht man jetzt deutlich neben der Entfernung des vorausfahrenden Fahrzeuges zum eigenen Bus auch dessen ­Geschwindigkeit. Damit lässt sich der eigene Fahrstil unter Umständen vorausschauender anpassen. Schon bei der allerersten Einführung des Abstandsregeltempomats hatten wir uns auch diese Information gewünscht – nun gibt es sie! Als nächste Sicherheitssensation besitzt der Travego erstmals ABA 2, den Activ Brake Assist der zweiten Generation. Den gibt es zwar nicht serienmäßig, doch wenn der Unternehmer den Abstandsregeltempomaten bestellt, dann gibt’s ABA 2 gratis dazu. Verbessert wurde zudem die Qualität der Rückfahrkamera. Das Anzeigebild im Zentraldisplay ist nun wesentlich schärfer und klarer als bisher, auch bei Sonneneinstrahlung konnten wir alles deutlich erkennen. Kein Vergleich mehr zu den Monitorbildern aus den Anfangszeiten solcher Systeme. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Monitorbild der Überwachungskamera von Tür zwei.
© Foto: Sascha Böhnke

Lenkstockhebel mit drei Stellungen

Nachdem die Systeme gecheckt sind, kann abgefahren werden. Also Türen schließen. Hierbei fällt auf, dass die beiden Tür-Taster zu weit links positioniert sind, sie werden komplett vom Lenkrad verdeckt. Schön wäre, wenn man die mit den Tastern für die Hebe- und Senkfunktion tauschen könnte, die werden nämlich deutlich seltener betätigt. Der von uns gefahrene Bus war ausgestattet mit dem automatisierten Schaltgetriebe GO 250-8 Powershift aus dem Hause Mercedes-Benz. Der Unterschied zum bisherigen Achtgang-Getriebe GO 240-8 ist seine Freigabe für maximale Motordrehmomente bis 2.500 Nm. Neu ist ein Kriechmodus. Dieser hat uns im Test sehr gut gefallen, denn dadurch werden auch Rangierfahrten auf schwierigem Terrain erleichtert. Rangiert wird hierbei hauptsächlich per Bremspedal-Betätigung. Sehr gut gefallen hat uns auch die enorme Bremskraft des Wasser-Retarders. Das Bremsmoment beträgt bis zu sagenhaften 3.500 Nm. Komplett neu ist die Schaltung. Natürlich: Am Anfang ist die Bedienung etwas gewöhnungsbedürftig, doch im Gegensatz zur bisher bei Daimler verwendeten Joystick-Schaltung lassen sich nun die Gänge deutlich intuitiver einlegen. Was uns bisher stets störte und von uns auch bemängelt wurde, war das Zwei-Knopf-System am Joystick, welches bei Fahrern, die nicht täglich damit unterwegs waren, zu einer intensiven Beschäftigung mit der Logik, die dahinter stecken sollte, führte. Beim Travego Edition 1 ist nun alles anders. Zwar sieht man den Lenkstockhebel nur, wenn man den Kopf zur Seite legt, dadurch aber, dass seine Bedienung in­tuitiv erfolgt, macht das nichts. Es gibt nur drei klar beschriftete Stellungen: D, N und R. Dazu ein Schiebeschalter, mit dem man zwischen Automatik und manuellem Eingriff wechselt. Die Gänge werden manuell einfach per Hochziehen oder Runterdrücken gewechselt. Glückwunsch, Mercedes – so sieht professionelles Arbeiten aus. (sab)
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