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49-Euro-Ticket: Wem nützt das eigentlich alles?

28.11.2022 12:46 Uhr | Lesezeit: 5 min
49-Euro-Ticket: Wem nützt das eigentlich alles?
Wem nützt was in Sachen 49-Euro-Ticket? Um es mit Shakespeare zu sagen: "Das ist die Frage" ...
© Foto: iStock/Stadtratte/Firn

Das 49-Euro-Ticket schlägt seine Wellen immer höher und in immer weitere Kreise – und dabei vermag das Wort „Kreise“ fast zu amüsieren, braucht man doch nur sein mittleres „e“ zu streichen, um aus dem „Kreise“ die „Krise“ zu machen.

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Während der Hessische Städtetag von Bund und Land schon mal eine Finanzierungsgarantie fordert, springt in Karlsruhe der Oberbürgermeister mit der Erkenntnis aus der Hecke, dass das 49-Euro-Ticket den Ausbau des ÖPNV nicht fördere, sondern gefährde. Derweil Verbraucherschützer und Fahrgastvertreter nach einer breiteren Beteiligung der Verbände an den „Vorbereitungen“ für das Ticket rufen. Viel Lärm um Nichts, könnte mancher meinen und sich fragen, wem das Ganze dient.

Zumal die Phrasen kaum leerer sein und kaum mehr Allgemeinplätze bedienen könnten. Auf dem Hessischen Städtetag ließ es sich Verbandspräsident und Fulda-OB Heiko Wingenfeld nicht nehmen, zu betonen, dass es wichtig sei, „das Ticket mit besseren Angeboten bei öffentlichen Bussen und Bahnen“ zu verbinden. Wo die herkommen sollen, müssen sich andere ausdenken. Wäre da nicht die Sache mit der Finanzierung, denn „aus Sicht der Städte sei die Finanzierung in jeglicher Hinsicht bislang unzureichend geregelt“.

Wer solche Forderungen braucht? Na, der Geldgeber – der, der das 49-Euro-Ticket finanzieren (und wollen) muss, einschließlich der viel beschworenen Verkehrswende. Und das sind eben nicht „Bund und Länder“, das ist der sogenannte „Steuerzahler“. Die gedeckelten drei Milliarden Euro für das 49-Euro-Ticket und die zugesagten Bundesmittel für den Nahverkehr reichten selbstverständlich nicht, weshalb Wingenfeld „die Länder“ in der Pflicht sieht, Einnahmeverluste bei den Verkehrsunternehmen durch die Kommunen auszugleichen. „Dafür müssen sie neben der Weiterreichung der Bundesmittel endlich auch zusätzliche eigene Mittel einsetzen.“ Aber wie lange ist ein nackter Mann kreditwürdig zu halten? Solange er „später“ alles zurückzahlen kann? Ehe er sich ein Hemd kauft, zum Beispiel?

Da erscheinen die Gedanken des Karlsruher Oberbürgermeisters Frank Mentrup beinahe schon wie das Licht der Erkenntnis am Ende des Tunnels. Das 49-Euro-Ticket müsse noch einmal infrage gestellt werden, sagt er, denn wenn das Land das Ticket mitfinanziere, dürfe es nicht, wie von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angekündigt, zu Abstrichen an anderer Stelle kommen. „Sonst können wir die Qualitätsstandards nicht mal aufrechterhalten.“

Aber vielleicht muss man das ja gar nicht? Mit der Verwaltung des Mangels hat man zumindest in einem Teil Deutschlands über 40 Jahre Erfahrung. Und möglich ist alles, wenn man nur will.

49-Euro-Ticket: Ein Drittel der Milliarden in „Tracking“ der Reisenden???

Aus Mentrups Sicht werde das 49-Euro-Ticket jedenfalls kaum zur Verkehrswende beitragen. Denn 49 Euro seien zu wenig, um die Ausgaben der Verkehrsbetriebe auszugleichen. Und gleichzeitig seien 49 Euro zu viel, um eine nennenswerte Zahl neuer Kunden zu finden. Nutzen würden das Ticket also vor allem Menschen, die ohnehin schon Monats- oder Jahreskarten haben und künftig für weniger Geld durch ganz Deutschland in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs reisen könnten. Also auch hier der nackte Mann als Back-up? Nun, nicht ganz. Da drei Milliarden schon zugesagt sind, muss man eigentlich nur mal schauen, wie viel von denen in welche „Maßnahmen“ fließen sollen.

Und da wartet Mentrup mit einer Überraschung auf: Ihm zufolge soll eine Milliarde Euro in eine übergeordnete Plattform zum Vertrieb des 49-Euro-Tickets investiert werden. Die Idee schließt die Entwicklung einer Überwachungsfunktion der Reisenden ein, analog dem Motto eines alten Hollywood-Streifens: „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Mentrup kritisiert das als Verschwendung. „Das Geld können wir besser woanders gebrauchen“, sagt er. Und er hat recht – aber je mehr etwas kostet, desto mehr lässt sich verdienen. Die Mangel- und Kreditwirtschaft hat das nun mal so an sich.

Das 49-Euro-Ticket als „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“?

Womit die „Verbraucherschützer“ und „Fahrgastvertreter“ auf den Plan gerufen sind. Man lasse sich das Wort „Verbraucherschützer“ im Zeitalter der Nachhaltigkeit auf der Zunge zergehen – wer verbraucht, lässt nichts übrig. Dürfen wir gespannt sein, wann sich die „Verbraucherschützer“ in „Nutzerschützer“ umbenennen? Oder in „Begünstigtenschützer“? Wer ist eigentlich der Begünstigte des ganzen 49-Euro-Ticket-Traras? Der, der es finanzieren muss, sicher nicht, denn der hat am wenigsten davon: Es ist der Fahrgast, der das Ticket finanziert und bezahlt. Nicht „der Bund“. Und auch kein „Land“. Wer also hat genau was von einem 49-Euro-Ticket?

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, hat davon zumindest eine Erwähnung in der Presse. Die Ausgestaltung des ÖPNV im Sinne der Verkehrswende sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sagt sie. Sie fordert einen „Runden Tisch“, um die „Verbraucherbedürfnisse“ stärker „einbringen“ zu können. Einbezogen werden sollen dabei auch andere Vertreter wie Jugend-, Senioren- und Behindertenverbände, so vzbv, der Pro Bahn und Verkehrsclub Deutschland (VCD) einmütig.

 Weil: Die „Verbraucherinteressen nicht unter die Räder kommen“ dürften. Aber ist es überhaupt das „Verbraucherinteresse“ aller, ein „Deutschlandticket einfach erwerben zu können“? Ein Ticket, das nur finanziert werden kann, wenn alle Steuerzahler (noch) mehr Steuern zahlen, weil „Bund und Länder“ Bedarf an Liquidität haben?  

Fragt sich an dieser Stelle, wer der Begünstigte wäre, wenn auf ein „Deutschlandticket-egal-für-wie-viel-Euro“ verzichtet und im Gegenzug die Steuerlast gesenkt würde. Die VCD-Vorsitzende Kerstin Haarmann findet es dennoch interessanter, sich über „das beste Ticket nützt nichts, wenn es den Leuten schwergemacht wird, sich eines zu kaufen“ Gedanken zu machen und zu fordern, dass „der Zugang (…) so einfach wie möglich gestaltet werden (müsse) – mit wenigen Klicks zum Onlineticket und einfacher Buchung am Automaten oder Schalter“. Während der Vorsitzende von Pro Bahn, Detlef Neuß, bereits rasche Klärungen zur Mitnahme von Fahrrädern, Kindern, weiteren Personen und Hunden anmahnt. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, sagte der Bild-Zeitung, es sei wichtig, dass die Online-Formulare barrierefrei seien. „Außerdem sollten diese Abos nicht nur online abgeschlossen werden können, sondern auch am Ticket-Schalter oder in den Kundenzentren. Das ist wichtig für alle Menschen, die aus verschiedenen Gründen keinen Zugang zum Internet haben.“ Probleme packt man nicht bei der Wurzel. Sondern an den Haaren. Die können zur Not ausreißen. Zumindest solange der Begünstigte vom Problem profitiert. „Wenn der Topf von drei Milliarden Euro jährlich alle ist, müssen sie („Bund und Länder“) nachschießen“, so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Mit Mitteln, die die steuerpflichtigen Fahrgäste „Bund und Ländern“ unvermeidbar zur Verfügung stellen müssen, möchte man ergänzen.  

Wem in aller Welt nützt das?

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