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Fahrermangel: bdo und BGL fordern Reform der Berufskraftfahrerausbildung

27.09.2022 12:13 Uhr | Lesezeit: 4 min
Fahrermangel: bdo und BGL fordern Reform der Berufskraftfahrerausbildung
Im Busgewerbe werden bis 2030 insgesamt 76.000 Busfahrer fehlen, warnt der bdo
© Foto: MAN Truck & Bus

Sowohl in der Busbranche wie auch im Straßengüterverkehr wird der Fahrermangel immer mehr zum Problem, die Branchenverbände bdo und BGL fordern daher von der Politik endlich wach zu werden.

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Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) haben auf den gravierenden Fahrermangel in der Busbranche und dem Straßengüterverkehr hingewiesen. Bereits jetzt könnt wegen des Fahrermangels Kundenanfragen nicht bedient werden, erklärten die beiden Verbände und forderten daher fordern zügige Reformen bei der Berufskraftfahrerausbildung.

Laut bdo fehlen in der Busbranche aktuell über 5000 Busfahrer. Durch die Differenz von zu wenig Nachwuchskräften und den vielen altersbedingten Abgängen kämen jährlich über 10.000 offene Stellen hinzu. Durch die geplante Verkehrswende werde sich der Fahrpersonalmangel im Busgewerbe bis 2030 auf insgesamt 76.000 fehlende Busfahrer erhöhen.

Im Straßengüterverkehr fehlen laut BGL derzeit bereits mehr als 80.000 Lkw-Fahrer. Da pro Jahr circa 30.000 bis 35.000 Lkw-Fahrer altersbedingt ausscheiden, jedoch nur etwa 15.000 bis 20.000 den Beruf neu ergreifen, verschärfe sich allein durch diese Differenz der Fahrpersonalmangel in der Logistik um etwa 15.000 fehlende Lkw-Fahrer jährlich. Für das Busgewerbe und den Straßengüterverkehr sei daher „ganz dringend Unterstützung seitens der Politik gefordert“, betonen die beiden Verbände.

Drei zentrale Maßnahmen

Eine pauschale Lösung für das Problem des Fahrermangels gebe es nicht, sagen bdo und BGL. Vielmehr müssen unterschiedliche Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene kombiniert werden. Die beiden Verbände schlagen daher in einem gemeinsamen Lösungsansatz drei zentrale Maßnahmen vor, um unnötige bürokratische Hemmnisse schnell und effektiv abzubauen:

  • Die Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung integrieren (2-in-1), d. h. beide Ausbildungen zusammen unterrichten und prüfen. Dadurch wird die Ausbildung erheblich verkürzt und vergünstigt - ohne negative Auswirkungen auf die Ausbildungsqualität.
  • Abnahme der Theorie- und Praxisprüfungen für Fahrausbildung sowie Berufskraftfahrerqualifikation auch durch qualifizierte Fahrschulen.
  • Zulassung von relevanten Fremdsprachen in der Prüfung, ggf. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers.

Ganzes Maßnahmenbünde ist notwendig

„Der Fahrpersonalmangel stellt eine dramatische und komplexe Herausforderung dar, der sich nicht mit einem einzigen Mittel, sondern vielmehr nur mit einem Maßnahmenbündel begegnen lässt“, sagte bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard. „Die Auswirkungen gefährden nicht nur die Lieferketten, sondern auch die bestehenden Angebote im Reise- und Schülerverkehr und darüber hinaus den geplanten Ausbau des ÖPNV. Der bdo sieht insbesondere die Integration der Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung als unerlässlich an. Der Berufszugang wäre durch die reduzierten Ausbildungskosten erleichtert und attraktiver, die Betriebe könnten mit ihren vorhandenen Mitteln mehr Personal ausbilden und die Berufskraftfahrer:innen wären schneller einsatzbereit.“

Dirk Engelhardt, BGL-Vorstandssprecher, ergänzte: „Wenn wir einen Versorgungskollaps wie in England vermeiden wollen, brauchen wir daher dringend ein Umdenken auf allen Ebenen. Neben der Verbesserung der Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen heißt das vor allem auch eine Entschlackung der jahrzehntelang aufgehäuften bürokratischen Hürden. Die alten Zöpfe müssen ab und der Beruf des Kraftfahrers muss wieder attraktiv werden – für junge wie alte Menschen, für Einheimische wie auch für Zuwanderer, auf die unsere Unternehmen nicht mehr verzichten können.“

Die Politik muss endlich wach werden

bdo und BGL sehen die vorgeschlagenen Maßnahmen – insbesondere die Integration der Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung – als einen geeigneten und wirksamen Lösungsansatz, um den akuten Berufskraftfahrermangel eindämmen zu können. Dazu müsse die Politik aber „endlich wach werden und dem Fahrermangel entschlossen entgegentreten“. Ansonsten könne die Versorgung durch Güter- und Personenverkehr in Deutschland „nicht mehr lange“ aufrechterhalten werden, mahnten die beiden Verbände.

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KOMMENTARE


Gerhard Grünig

30.09.2022 - 00:00 Uhr

Wenn Fahrer unter anderem kündigen, weil sie sich weitere Anfahrten zum Arbeitgeber mit dem privaten Pkw ob der horrenden Kraftstoffpreise nicht mehr leisten können, dann ist das ein Loch, das ausländische Fahrer auch nicht stopfen können. Bei derart gestiegenen Energie- und Reisekosten nach wie vor mit 30 Cent/km zu kalkulieren, ist ein Unding. Und schön, dass Verbände wie der BGL stets die "englischen Verhältnisse" zitieren. Sie vergessen aber auch die "englische Lösung"! Dort verdienen Fahrer seit der Krise bis zu 6.000 Pfund (aktuell rund 6.900 Euro). Seitdem gibt es keinen Fahrermangel mehr!


Matthias Dressel

02.10.2022 - 16:41 Uhr

Nicht nur die Ausbildung zum Busfahrer sollte qualifizierter erfolgen, sondern schlechthin die Qualifizierung während der Arbeitszeit - einschließlich der Kostenübernahme. Meinen Busschein machte ich mit "50" während meiner Arbeitslosigkeit. Mit "18" hatte ich schon meinen LKW-Schein, damals bei der GST im Rahmen der vormilitärischen Ausbildung, erworben. Seit meinem 5-ten Lebensjahr saß ich sehr oft schon auf dem LKW meines Vaters - gerade während der Schulferien, wo ich nach dem Abitur heimlich seinen Hängerzug fahren durfte - mit 18 Jahren. Später war ich ein paar Jahre nicht im Geschäft, da ich mehrere Büro-Jobs hatte, aber nach der Wende begann ich mit Unterbrechungen auf Kleintransportern erneut. Jetzt habe ich noch knappe 2 Jahre bis zur Rente und ich muss sagen, dass ich danach nicht einen Meter mehr auf dem Bus fahren werde, obwohl mein Herz daran hängt. Zum Einen sind es diese sogenannten "Sozialvorschriften" mit Schichtzeiten, die einfach unzumutbar sind und gerade jetzt wieder durch meinen Arbeitgeber dafür genutzt werden, den neuen Mindestlohn zu unterlaufen, indem man das Gehalt beibehält, aber die monatlichen Arbeitsstunden "reduziert", um Lohnkosten zu sparen. Eine Reduzierung der Schichtzeiten hätte zur Folge, dass man keine täglichen 11-12-Stunden-Schichten hätte - wäre genug Fahrpersonal vorhanden. Meine Kollegen und ich fahren im Nahverkehr für den Schwimmtransfer für Schulen und müssen, um in den Ferien durchbezahlt zu werden, während der Schultage natürlich diese freien Tage vorab erwirtschaften. Unsere ausländischen Kollegen, die keine Ahnung vom "System" haben und auch deutsche Neulinge, die fahren oft über die eigentlichen Festlegungen der Lenk- und Arbeitszeitverordnungen auch noch "Sonderfahrten" nach Schichtende oder an den Wochenenden. In meiner Praxis habe ich erlebt, dass unsere ausländischen Kollegen keine Ahnung von der Materie haben und ungeschult durch den AG einfach losgeschickt werden - Unfälle gleich mit eingeplant, die sich dann gehäuft haben. So manchem Kollegen habe ich dann unterwegs erst einmal die Fahrtrouten mit "Händen und Füßen" erklärt - genau wie den gesamten Arbeitsablauf. Immerhin kamen diese dann auch zu mir und haben von selber gefragt. Das trifft aber auch auf deutsche Kollegen zu, die neu anfangen und aus Überheblichkeit einfach drauflos fahren. Ein "Guten Morgen" hört man da auch nicht mehr. Meine Tipps und Tricks holte ich mir anfangs selber bei den "alten Hasen" und mit dem Wissen aus meiner Jugendzeit habe ich viele Probleme unterwegs, oft über das Handy, mit unserer Werkstatt selber in den Griff bekommen - Werkzeug an Bord vorausgesetzt. Eine Anerkennung vom AG habe ich bis heute nicht bekommen. Solange bestimmte AG meinen, der Busfahrer sei nur eine Kostenstelle, der braucht sich nicht zu wundern wenn die Leute kündigen. Unsere "Star-Fahrer" aus dem Charterverkehr suchten sich während der Pandemie neue Jobs. Der AG glaubte, die würden alle wiederkommen - er wurde in diesem Glauben gelassen. Warum ich noch hier fahre? Mein Arbeitsweg ist kurz und das spart zusätzlich wertvolle Zeit und vor allem Geld. Immerhin arbeite ich auch mit sehr netten Kollegen seit Jahren zusammen, die mich auch während Krankheiten mal anrufen wie es mir geht - mein AG hat dafür kein Geld.


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